Preisauftrieb in der Eurozone Inflation alarmiert Notenbanker
14.10.2011, 11:50 Uhr
Steigende Preise zügeln die Konsumbereitschaft: Das Rauchen ist dabei das geringste Problem.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
In der Eurozone steigen die Verbraucherpreise so stark wie seit fast drei Jahren nicht mehr: Einen Tag nach den beunruhigenden Inflationsdaten aus Deutschland bestätigt Eurostat den seit Monaten anhaltenden Trend: Zur Befriedigung ihrer alltäglichen Bedürfnisse müssen die Bürger immer mehr Euro in die Hand nehmen.
Die Verbraucherpreise haben im September innerhalb der europäischen Währungsgemeinschaft deutlich zugelegt: Nach Angaben des europäischen Statistikamtes Eurostat stiegen sie um 3,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die wichtigsten Preistreiber auf europäischer Ebene waren demnach die gestiegenen Kosten für Mobilität, Wohnen sowie Alkohol und Zigaretten.
Laut Eurostat stiegen die Kosten für Verkehr um 5,9 Prozent, die Ausgaben für Miete und Heizen verteuerten sich um 5,0 Prozent. Die Preise für alkoholische Getränke und Tabakprodukte stiegen etwas weniger stark um 3,7 Prozent.
Die endgültigen Berechnungen für September bestätigen eine erste Schätzung: Eine höhere Inflationsrate gab es zuletzt im Oktober 2008 mit 3,2 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat kletterten die Preise um 0,8 Prozent.
Die Jahresteuerung liegt damit den zehnten Monat in Folge weit über dem von der EZB angepeilten Stabilitätsziel von knapp unter 2 Prozent. Die Preissteigerung in den Euro-Ländern spiegelt die Entwicklung in Deutschland wider: Die deutschen Verbraucherpreise lagen dem Statistischen Bundesamt zufolge im September um 2,9 Prozent über dem Vorjahreswert - berechnet anhand eines gemeinsamen europäischen Warenkorbes, der sich in der Zusammensetzung und der Methodik von seinem deutschen Pendant unterscheidet. Auf Grundlage des deutschen Warenkorbs ergibt sich, wie am Vortag berichtet, für Deutschland eine Teuerung von 2,6 Prozent - der höchste Stand seit drei Jahren.
Die Währungshüter sind am Zug
Die Europäische Zentralbank (EZB), die ihren Leitzins trotz der Rezessionssorgen in der Eurozone Anfang des Monats erneut unangetastet niedrig bei 1,5 Prozent hielt, rechnet erst in einigen Monaten mit einer deutlichen Entspannung an der Preisfront. Beobachtern zufolge wäre damit der Weg frei für eine Zinssenkung in naher Zukunft.
EZB-Ratsmitglied Erkki Liikanen warnte jedoch, dass die Eurozone konjunkturell in schwieriges Fahrwasser geraten dürfte: "Eine nachhaltige Schwächung der wirtschaftlichen Aktivität ist nicht auszuschließen", sagte der finnische Notenbankchef.
Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute hatten in ihrem davor gewarnt, dass die Folgen der Schuldenkrise im Winter massiv auf die Konjunktur durchschlagen dürften. Für das vierte Quartal sagen sie ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts in der Eurozone voraus, Anfang kommenden Jahres soll die Wirtschaftsleistung dann stagnieren.
Angesichts der düsteren Aussichten hat die EZB bereits laut über eine Zinssenkung nachgedacht. Experten schließen nicht aus, dass die Zentralbank bereits in den kommenden Monaten die geldpolitischen Zügel lockern wird. "Die Inflationsentwicklung in der Eurozone hat ihren Höhepunkt erreicht. Für die EZB erwarten wir im vierten Quartal 2011 eine Zinssenkung auf 1,0 Prozent", kommentieren die Experten der Privatbank Sal. Oppenheim die Lage.
Peking kann durchatmen
Mit Erleichterung wurden dagegen die neuesten Inflationsdaten aus China in Fachkreisen aufgenommen: Die Preissteigerung in dem rapide wachsenden Schwellenland hat sich demnach leicht verlangsamt. Die Inflationsrate erreichte im September wie von Experten erwartet 6,1 Prozent.
Die Entwicklung verschafft der Führung in Peking Beobachtern zufolge etwas Luft bei der Zügelung der Geldmenge. "Die Geldpolitik wird damit zunächst einmal unverändert bleiben", sagte Nomura-Volkswirt Chi Sun in Hongkong. "Es ist davon auszugehen, dass die Inflation in den kommenden Monaten schrittweise nachlässt."
Die Preise für Nahrungsmittel legten allerdings im Jahresvergleich unvermindert um 13,4 Prozent zu. Hier sehen Experten dringlichen Handlungsbedarf: Die Bevölkerung reagiert auf steigende Nahrungsmittelpreise zunehmend empört, die Unzufriedenheit wächst. In den anderen Produktbereichen erreichte die Preissteigerung lediglich 2,9 Prozent.
Auch die Erzeugerpreise kletterten in China nicht mehr so stark wie zuletzt: Sie verteuerten sich zum September des Vorjahres um 6,5 Prozent nach 7,3 Prozent im August. Experten hatten hier 6,8 Prozent erwartet.
Quelle: ntv.de, AFP/DJ/rts