Boni-Begrenzung in der Schweiz Berlin will genauer hinschauen
04.03.2013, 15:01 Uhr
Nach dem Schweizer Bürgervotum gegen überzogene Manager-Gehälter wird auch in Deutschland der Ruf nach schärferen Gesetzen lauter.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das Ja der Schweizer zur Regulierung der Millionengehälter von Managern entfacht auch die Debatte in Deutschland neu. Während führende Politiker applaudieren und die Regierung sich das Vorhaben genau ansehen will, reagieren zwei Wirtschaftswissenschaftler eher skeptisch.
Die Bundesregierung will das Ergebnis der Volksabstimmung in der Schweiz über die Gehälter von Managern genau prüfen. Es handele sich um einen "interessanten Vorstoß", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Es lohnt sich sicherlich, diesen Schweizer Ansatz genauer unter die Lupe zu nehmen."
Seibert verwies zugleich auf die Ankündigung der EU-Kommission, bis zum Jahresende einen ähnlichen Gesetzesvorschlag zu machen, wonach Aktionäre von Unternehmen über die Vergütung der Firmenspitze abstimmen müssen und die Bezahlung der Manager transparenter gemacht werden soll.
"Diese Initiative der EU erscheint uns unterstützungswürdig", sagte Seibert. Die Bundesregierung wolle den Vorschlag nun abwarten. In einer international vernetzten Wirtschaft sei es richtig, diese Vorstöße nicht national alleine zu betreiben, sondern in größeren europäischen Zusammenhängen.
"Die Leute machen das nicht mehr mit"

Verdienen deutsche Manager zu viel?
Am Sonntag hatten sich mehr als zwei Drittel der Schweizer für die "Volksinitiative gegen die Abzockerei" ausgesprochen. Sie will erreichen, dass künftig die Aktionäre von Unternehmen über die Gehälter an der Spitze entscheiden. Ein "Goldener Handschlag" beim Weggang aus einem Konzern und Begrüßungsmillionen vor dem Beginn eines Arbeitsverhältnisses sollen verboten werden."
Zwar könne die Entwicklung in der Schweiz nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen werden, sagte Poß. Aber es gehe um den Grundsatz: "Die Menschen akzeptieren dieses perverse Boni-System nicht nur bei Banken, sondern auch in der Realwirtschaft nicht mehr." Poß sprach bei n-tv von einem "Kulturwandel", denn: "Die Leute, egal, was die wählen oder welche politischen Präferenzen die haben – die machen das einfach nicht mehr mit." Das Thema sei jetzt durch die Schweizer Volksabstimmung auf den Tisch gekommen - "wir müssen mit den Mitteln des demokratischen und sozialen Rechtsstaates gegen diese Exzesse bei Managervergütungen und Bankerboni angehen", so Poß bei n-tv weiter.
Lindner kritisiert Millionen-Provisionen
Auch der CDU-Wirtschaftsexperte Michael Fuchs äußerte sich positiv über die Schweizer Initiative. "Gehaltsentscheidungen der Unternehmen werden so von den Eigentümern, nicht vom Staat getroffen", sagte Fuchs. "Die Aktionäre wissen genau, was sie sich leisten können."
Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, forderte die schwarz-gelbe Koalition in Berlin auf, dieses Signal ernst zu nehmen. "Wir brauchen auch in Deutschland stärkere Regeln gegen Gehaltsexzesse", sagte er.
Der nordrhein-westfälische FDP-Vorsitzende Christian Lindner kritisierte die von der Deutschen Bank gezahlten Millionen-Provisionen für Banker. "Grenzen für die Freiheit zieht nicht nur das Gesetz, sondern auch das Verantwortungsgefühl. Man sollte für in Freiheit getroffene Entscheidungen Gründe angeben können, die vor Moral, Vernunft und Gemeinwohl Bestand haben", sagte Lindner.
Ökonomen sind nicht begeistert
Der Wirtschaftsexperte Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln begrüßte die öffentliche Debatte. "Aber statt mehr Gesetzen brauchen wir mehr Aufsichtsräte und Vorstände, die selbst Verantwortung übernehmen", sagte Hüther.
Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, hält Eingriffe von außen bei den Managergehältern für falsch. "Aus meiner Sicht müssen sich sowohl der Gesetzgeber wie auch die Öffentlichkeit aus der Lohnfindung in einzelnen privaten Betrieben völlig raushalten", sagte der Ökonom, der selbst Schweizer ist.
Die Schweizer Initiative sieht für Verstöße gegen die Neuregelungen Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren sowie hohe Geldstrafen vor. Es dürfte aber noch mehr als ein Jahr dauern, bis die Regelungen in Kraft treten. Die Regierung muss zunächst einen entsprechenden Gesetzentwurf formulieren und dem Parlament zur Abstimmung vorlegen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass es den Gegnern der Initiative im Parlament gelingt, die Regeln noch abzuschwächen und mit Ausnahmen zu versehen.
Quelle: ntv.de, AFP