Wirtschaft

Rechtzeitig zur Reisewelle Spritpreise ziehen an

Angebot und Nachfrage: Zu Pfingsten holen besonders viele Bundesbürger den Wagen aus der Garage.

Angebot und Nachfrage: Zu Pfingsten holen besonders viele Bundesbürger den Wagen aus der Garage.

(Foto: picture alliance / dpa)

Trotz aller Bemühungen von Verkehrsminister Peter Ramsauer müssen sich Autofahrer an deutschen Tankstellen zu Pfingsten wieder auf steigende Benzinpreise einstellen. Für den ADAC fällt der Anstieg schwächer aus als befürchtet.

Staatliche Eingriffe in die Preisgestaltung: Ausweg oder "Schnapsidee"?

Staatliche Eingriffe in die Preisgestaltung: Ausweg oder "Schnapsidee"?

(Foto: picture alliance / dpa)

Vor dem langen Pfingstwochenende sind die Spritpreise in Deutschland weiter gestiegen, allerdings nicht so stark wie erwartet. Im bundesweiten Durchschnitt kostete der Liter Super E10 am Mittag vorläufigen Berechnungen des ADAC zufolge rund 1,54 Euro und damit knapp 2 Cent mehr als zur Wochenmitte. Damit liege die Entwicklung aber im normalen Rahmen, teilte ein Sprecher des Automobilklubs mit. Der Freitag sei traditionell der teuerste Tag der Woche an deutschen Tankstellen.

"Es gibt einen Anstieg, aber es nicht noch einmal eine Schippe drauf gelegt worden", sagte der Sprecher. Allerdings könne es auch im Laufe des Freitags noch mal eine Preisrunde geben, auch am Samstag, dem Hauptreisetag, könnte der Preis noch klettern. Insgesamt war der Spritpreis nach Rekordhöhen seit fünf Wochen im Sinkflug.

Nach dem längerem Preisrückgang hatte der ADAC zu Pfingsten wieder mit steigenden Preisen gerechnet. Der Benzinpreis hatte zuletzt die fünfte Woche in Folge nachgegeben. Auch Diesel wurde binnen Wochenfrist billiger und kostete rund 1,40 Euro, also 0,6 Cent weniger.

Erst Ende Mai hatten die anhaltenden hohen Tankstellen-Preise die Gemüter bis in die Spitzen der Bundespolitik erregt. Angeführt von Bundesverkehrsminister (CSU) hatten eine Reihe von Politikern Vorschläge unterbreitet, um den Benzinmarkt stärker in den Griff zu bekommen. Dabei spielen drei Modelle aus dem Ausland eine Rolle, die jedoch für den Autofahrer eher höhere Preise nach sich ziehen würden oder auf den deutschen Markt nicht gut übertragbar sind. Wettbewerbsökonomen bewerteten alle drei Konzepte als überflüssig.

Das Modell Luxemburg

In dem kleinen Nachbarstaat sind Benzinpreise im gesamten Land weitgehend einheitlich und ändern sich wesentlich seltener als in Deutschland. Das beruht nicht allein auf der Größe, sondern auf einer Vereinbarung zwischen der Mineralölwirtschaft und der luxemburgischen Regierung. Diese legt den Rotterdamer Großhandelspreis für Ölprodukte zugrunde und schreibt eine begrenzte Marge für die Tankstellen fest, aus der diese ihre Kosten und den Gewinn bestreiten müssen. An diese Marge halten sich die Unternehmen, so dass einheitliche Preise herauskommen.

Der Vorteil für die Autofahrer liegt auf der Hand: Die Preise sind ziemlich stabil. Für die Unternehmen sind die Margen so großzügig bemessen, dass sie ohne Wettbewerb gute Gewinne einfahren können. Der Preis für einen Liter Superbenzin war in Luxemburg Ende Mai vor Steuern um einen halben Cent höher als in Deutschland. Da der Gewinn einer Tankstelle aus dem Benzinverkauf ohnehin nur etwa einen Cent pro Liter beträgt, hieß das: 50 Prozent mehr Gewinn für die Tankstelle.

Das Modell Österreich

Das österreichische Beispiel, wo nur mittags einmal die Preise erhöht werden dürfen, wird in Deutschland wohl nicht ernsthaft verfolgt. "Eine nachhaltige Wirkung auf das Preisniveau ist fraglich, weil die Preiszyklen dadurch lediglich verlangsamt werden", stellte das Bundeskartellamt in seiner Studie fest. Der ADAC hielt gar nichts davon: "Wir sind grundsätzlich mit dem Wettbewerb einverstanden und halten nicht so viel davon, dass es staatliche Regelungen geben soll", sagte Sprecher Andreas Hölzel. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) solle jedoch Vorschläge vorlegen, wie der Wettbewerb auf dem Benzinmarkt verbessert werden könne. Allerdings seien Beispiele aus dem Ausland oft nicht übertragbar auf deutsche Verhältnisse.

Das Modell Australien

Ähnliches gilt für den Fall West-Australiens, einer riesigen, dünn besiedelten Region mit 2,3 Millionen Einwohnern. Dort müssen Tankstellen ihren Preis für den nächsten Tag dem Handelsministerium melden. Die Verbraucher können ihn telefonisch oder im Internet abfragen. Eine Einführung dieser Regelung in ganz Australien scheiterte laut "FAZ" unter anderem an den Kosten in zweistelliger Millionenhöhe. Eine Preiskontrolle gibt es auch in Australien nicht. Um ein ähnliches System in Deutschland einzuführen, müsste eine Überwachungsbehörde geschaffen werden.

Für Wettbewerbsökonomen sind die Eingriffe vollkommen überflüssig. "Die Vorwürfe des Kartellamtes sind ziemlicher Unfug. Auf die Preise der Konkurrenz zu achten, ist ganz normales wettbewerbliches Verhalten", sagte Wernhard Möschel, ein ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission. Staatlicher Eingriffe in die Preissetzung halten Experten generell für problematisch: Entweder werden die Preise zu hoch angesetzt; das führt zu Extra-Gewinnen bei den Anbietern und schadet den Kunden. Oder der Staat gibt zu niedrige Preise vor, das verknappt das Angebot, führt zu Versorgungsmängeln und kleinere Anbieter scheiden aus dem Markt aus. Das Ergebnis in beiden Fällen sei weniger Wettbewerb, heißt es.

Sollte der Staat eingreifen?

Die Branche ist ohnehin gegen staatliche Maßnahmen. "Sollte das Gesetz werden, würden wir bis vor das Bundesverfassungsgericht gehen", sagte Alex Graf Bülow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Freier Tankstellen (bft). Er nannte Ramsauers Vorstoß für eine stärkere Regulierung des Tankstellenmarktes "eine Schnapsidee". Damit werde auch der Rest des Wettbewerbs auf dem Markt enden. "Wenn die freien Tankstellen den Verkaufspreis nicht mehr so festsetzen können, wie das für sie notwendig ist, dann sind sie in ihrer Existenz bedroht."

"Wir haben Verständnis für den Ärger der Kunden über schwankende Preise. Aber Wettbewerb und schwankende Preise sind untrennbar miteinander verbunden", sagt Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV). Die Politik müsse sich entscheiden zwischen stabilen Preisen oder niedrigen Preisen.

Quelle: ntv.de, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen