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Mit 2,6 Tonnen flott ums Eck AMG EQS 53 - der elektrische Achtzylinder

Man muss in einem Mercedes-AMG EQS 53 nicht rasen, man kann auch ganz gepflegt und in völliger Stille cruisen.

Man muss in einem Mercedes-AMG EQS 53 nicht rasen, man kann auch ganz gepflegt und in völliger Stille cruisen.

(Foto: Daniel Maurer)

Die Zeiten ändern sich. Einst war der Achtzylinder aus Affalterbach für Mercedes-Fans der größte sportliche Wurf. Heute gibt es die potenten Verbrenner immer noch, aber an ihre Seite stellen sich Stromer wie der EQS 53, der dem fossilen Sportler in nichts nachsteht.

Einst waren es Achtzylinder, die für die absolute Sportlichkeit standen. Heute, in einer anbrechenden neuen Zeit, sind es aber immer noch die Leistungsparameter, die dynamische Fahrer in den Bann schlagen sollen. Bester Beweis ist der Porsche Taycan, dessen Verkaufszahlen weltweit gesehen die einstige Ikone 911 vom Thron gestoßen haben. Insofern verwundert es auch nicht, dass andere Premiumhersteller wie BMW mit einem iX M60 in Kürze einen 600 PS starken Elektriker auf den Markt bringen. Und auch Mercedes ist, was die Performance seiner Luxuslimousine EQS betrifft, nicht faul gewesen. Kaum war der Edelstromer am Start, ging der Auftrag nach Affalterbach, hier mal Hand anzulegen. Und herausgekommen ist ein Mercedes-AMG EQS 53.

Es bedarf nicht zwingend des Plus-Pakets für den Mercedes-AMG EQS 53. Denn 658 PS und 950 Newtonmeter reichen für alle Belange.

Es bedarf nicht zwingend des Plus-Pakets für den Mercedes-AMG EQS 53. Denn 658 PS und 950 Newtonmeter reichen für alle Belange.

(Foto: Daniel Maurer)

Allein die Leistungsdaten auf dem Papier sind beachtlich: Da ist mit dem AMG Dynamic Plus Paket
die Rede von 761 PS und einem maximalen Drehmoment von 1020 Newtonmetern. Selbst ohne das Plus sind es noch 658 PS und 950 Newtonmeter. Allein das Drehmoment lässt die Befürchtung aufkeimen, dass beim spontanen Tritt auf das Gaspedal die Antriebsstränge aus ihren Verankerungen gerissen werden müssten. Das passiert natürlich nicht, aber der Schub, der hier anliegt, wenn durchgeladen wird, ist beachtlich. Dank fehlender Schaltvorgänge lässt der 2,6 Tonnen schwere Stromer in nur 3,8 beziehungsweise 3,4 Sekunden die 100 km/h-Marke hinter sich und katapultiert die gesamte Fuhre ohne jede Schaltverzögerung bis auf Tempo 220 respektive 250.

Wem die Stunde geschlagen hat

Das ist fast schon schwindelerregend. Und weil der Elektro-Bolide mit Luxusattitüde in Kalifornien Probe gefahren werden durfte, schießt einem angesichts dieses Katapultstarts nicht nur das Blut in den Kopf, sondern auch der Gedanke, ob man nicht gleich beim nächsten Viertelmeilen-Rennen antreten sollte, um den ganzen böllernden und trötenden V8-Schergen zu zeigen, was die Stunde geschlagen hat. Wenn die Gedanken dann wieder klarer werden, verabschiedet man sich aber von diesem nicht unrealistischen Siegeswunsch und gibt sich einem anderen Vergnügen hin, das man dem schwergewichtigen Oberklasse-Boliden nicht mal im Ansatz zutrauen würde: der fröhlichen Kurvenhatz in den San Bernardino Mountains.

Wer sagt, ein 2,6 Tonnen schweres E-Auto könne keinen Spaß machen, der ist den AMG EQS 53 noch nicht gefahren.

Wer sagt, ein 2,6 Tonnen schweres E-Auto könne keinen Spaß machen, der ist den AMG EQS 53 noch nicht gefahren.

(Foto: Daniel Maurer)

Der Gebirgszug erhebt sich auf mehr als 3000 Meter und bietet ein Kurvengewirr, wie man es sich nicht schöner ausmalen könnte. Allerdings will man schon vor der ersten Kehre den Fuß hart auf die Bremse setzen, denn neben den knapp drei Tonnen Gewicht müssen hier auch 5,22 Meter in der Länge ums Eck gebracht werden. Aber anstatt vom Gewicht der 107,8 kWh leistenden Batterie aus der Bahn gezogen zu werden, zieht der AMG, gesteuert durch eine wunderbar präzise Lenkung und unterstützt von der serienmäßigen Hinterachslenkung und dem Fahrwerk mit adaptiver Verstelldämpfung, einen unglaublich präzisen Strich. Lässt den Fahrer immer übermütiger ums Eck fliegen, um erst auf über 2000 Metern Höhe durch die ersten vereisten Flächen aus dem Tritt gebracht zu werden.

Für den Moment alles richtig

Tief durchatmend fällt auf dem Gipfel auf, dass sich diese elektrische S-Klasse leichtfüßig wie eine E-Klasse mit Verbrenner bewegen lässt. Natürlich spielt hier auch der vollvariable Antrieb eine entscheidende Rolle. Das System verteilt die Kraft je nach Fahrsituation und Bedarf stufenlos zwischen Vorder- und Hinterachse. Und tatsächlich sorgt das elektro-spezifische System für eine schnellere Reaktion, als man sie von einem mechanischen Allradantrieb kennt. Das Drehmoment wird 160-mal pro Sekunde gecheckt und bei Bedarf angepasst. Zudem richtet sich die Momentenverteilung nach dem gewählten Fahrprogramm. Wie man es von den sportlichen Verbrennern kennt, gibt es auch beim elektrischen Edel-AMG Programme wie Comfort, Sport oder Sport Plus. Und wie bei den fossilen Pendants machen auch hier die Sportprogramme den meisten Spaß, denn hier wird die Kraft, wie man es von Fahrzeugen aus Affalterbach gewohnt ist, für eine höhere Querdynamik hecklastig verteilt.

Das Hyperscreen-Cockpit, das sich über das gesamte Dashboard zieht, ist im Mercedes-AMG EQS 53 Serie.

Das Hyperscreen-Cockpit, das sich über das gesamte Dashboard zieht, ist im Mercedes-AMG EQS 53 Serie.

(Foto: Daniel Maurer)

Und weil ein AMG auch zünftig klingen muss, hat man sich in der Sportwagenschmiede daran gemacht, einen Sound für die neue Generation der V8-losen Sportwagen zu entwickeln. Und tatsächlich ist den Schwaben etwas gelungen, was der Autor nicht für möglich gehalten hätte: eine Klangkulisse, die nicht etwa einen künstlichen V8-Klang erzeugt oder den Warp-Antrieb der Enterprise nachahmt, sondern irgendetwas dazwischen. Im Sport und Sport Plus macht er die Pedalbewegungen hörbar, so dass nicht nur dem Fahrer, sondern auch den Mitreisenden ein Feedback über das gegeben wird, was die beiden völlig neu entwickelten E-Motoren an Vorder- und Hinterachse gerade leisten. Natürlich kann man den Sound komplett deaktivieren und tonlos durch die Kurven fegen. Schöner ist es aber mit. Zumal er in keiner Sekunde anfängt zu nerven.

Laden im Eiltempo

Ja, denkt der Sportfahrer jetzt, aber was ist denn, wenn der Akku leer ist? Dann stehe ich in den Bergen und weit und breit ist keine Ladesäule. Der Einwand ist berechtigt und nicht von der Hand zu weisen. Doch wer im AMG EQS 53 mit vollem Akku auf die Reise geht, dem verspricht das Datenblatt nach WLTP eine Reichweite von bis zu 585 Kilometern. Zügig und mit Spaß gefahren wird es natürlich weniger, aber tatsächlich war selbst bei sehr sportlicher Fahrweise in den Bergen und zügigem Lauf auf den Highways der Verbrauch mit knapp 26 kWh über 100 Kilometer mehr als akzeptabel. Der Hersteller spricht hier von 24,3 bis 21,1 kWh. Der nahezu vorbildlichen Verbrauch während der ersten Ausfahrt ist aber sicher auch der Rekuperationsleistung von bis zu 300 kW geschuldet, die der AMG beim Rollen und Bremsen aufbaut.

An der richtigen Ladestation sammelt der Mercedes-AMG EQS 53 in 19 Minuten Energie für weitere 300 Kilometer.

An der richtigen Ladestation sammelt der Mercedes-AMG EQS 53 in 19 Minuten Energie für weitere 300 Kilometer.

(Foto: Daniel Maurer)

Ist der Akku dann doch mal leer, ist es entscheidend, die richtige Ladestation zu finden. Am besten eine, die mit bis zu 200 kW den Strom in die Hochvoltbatterie pumpt. Hier hätte man nach gerade mal 19 Minuten wieder genug Energie für weitere 300 Kilometer. Bei der Suche nach einer solchen Powerstation hilft natürlich das Navi. Auf Wunsch plant es nicht nur die schnellste Route und die entsprechenden Ladestopps, sondern reagiert auch auf Staus und eine veränderte Fahrweise, also darauf, wenn den Fahrer unter Strom der Hafer sticht. Muss aber nicht sein, denn der AMG wird anders als der EQS immer mit dem Hyperscreen ausgeliefert, also diesem sich über das gesamte Dashboard ziehenden Display, das sich in drei Größen bis zu einem eigenen Monitor für den Beifahrer erstreckt. Auf dem hat der dann auch sämtliche Einstellmöglichkeiten, die das Zentraldisplay bietet. Insofern ist er auch Herr über die Musik, die Massagefunktion der Sitze, die Beduftung oder das Navigationssystem. Er kann sogar Filme gucken.

Da verschwindet was

Insofern bleibt der Affalterbacher Luxussportler also auch in diesen Belangen eine elektrische S-Klasse. Gleiches gilt für den Platz, der den Passagieren in der zweiten Reihe und dem Gepäck geboten wird. Immerhin verschwinden hier 670 bis 1770 Liter. Beim Kauf eines EQS 53 verschwindet aber noch etwas anderes: Geld, viel Geld. Wer nämlich in diesen stromernden Luxus-Sportwagen einsteigen möchte, der muss mindestens 152.546 Euro bereithalten.

Quelle: ntv.de

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