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Der Achtzylinder ist der KernCorvette E-Ray, BMW XM Label und Mercedes SL 63 S E im Vergleich

21.12.2025, 16:15 Uhr Patrick-portraetfotoVon Patrick Broich
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Mit der Corvette E-Ray, dem BMW XM Label sowie dem Mercedes SL 63 S E-Performance (v.l.) bewerben sich drei völlig unterschiedliche V8-Hybrid-Konzepte um die Gunst der Kunden mit genauso verschiedenen Bedürfnissen. (Foto: Chevrolet/BMW/Mercedes/Combo Patrick Broich)

Wie definiert man eigentlich Sportwagen? Mit dem BMW XM Label, der Corvette E-Ray und dem Mercedes SL 63 SE Performance behandelt ntv.de drei Sportwagen-Hybrid-Konzepte, in deren Mittelpunkt der V8 steht, die aber sonst ziemlich unterschiedlich sind.

Man könnte wetten, ein Kandidat hier im Trio irritiert viele Leser - warum bitte gilt ein 5,11 Meter langer Brocken von SUV überhaupt als Sportwagen? Ganz einfach, weil der XM eine Entwicklung der BMW M GmbH ist, die sich zum 50-jährigen Bestehen der Marke einfach mal ein praktisches Auto gegönnt hat. Und wer würde schon bestreiten, dass M nicht ausschließlich Sportwagen baut?

Schnell wird jedenfalls klar, dass hier nicht bloß unterschiedliche Hybrid-Konzepte antreten. Die mit lediglich kleiner Batterie ausgestattete Corvette ist sicherlich mehr reinrassig drahtig als der offene Tourer aus Stuttgart, wobei der US-Ami schon einen komfortablen Touch hat - ungestützt betrachtet jedenfalls. Steigt man in den SL um, merkt man plötzlich, wie es ist, mit einem waschechten GT unterwegs zu sein.

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Der SL verströmt etwas Nobles mit seinem klassischen Stoffdach. (Foto: Patrick Broich)

Dabei ist interessant, einmal auf die Gewichte zu schauen. Der XM sei hier außen vor gelassen mit seinen surrealen 2,8 Tonnen. Allerdings ist der SL auch nicht gerade ein Leichtgewicht - 2195 Kilogramm weist das Datenblatt aus, wobei man das beim Fahren eher weniger merkt. Klar, die zum Vierliter-Doppelturbo-V8 (612 PS Verbrennerleistung) gelieferte elektrische Antriebseinheit mit 204 PS nimmt eben ihren Raum ein, auch von der Masse her. Nun ist der Anspruch an den SL aber auch gar nicht, dass er quer durch die Kurve driften, sondern seine Passagiere möglichst luftig, aber mit einem Funken Komfort schnell transportieren soll.

Der Hybrid SL lebt Komfort und Vortrieb

Schnell? Das ist gar kein Ausdruck, denn er schiebt brachial mit der Systemleistung von 816 PS. Auf dem Papier steht der Fabelwert von 2,9 Sekunden bis zum Erreichen der 100-km/h-Marke. Doch vergiss die Zahl, es ist die Art und Weise, wie der Allradler seine Kraft entfaltet - die Rede ist von 1420 Newtonmetern, die direkt in die Magengrube durchschlagen.

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Hinten am formschönen Stoßfänger hat Mercedes tatsächlich einen Ladeport installiert, um den Akku extern mit Strom zu füttern. (Foto: Patrick Broich)

Dabei lohnt es sich, einen Blick auf das Hybridsystem zu werfen. Ja, der SL hat einen Ladeport - allerdings ist dieser fast schon amüsant angesichts von fünf kWh Nettokapazität der Batterie. Quasi Alibi, denn die Batterie wird entweder per Rekuperation (100 kW) oder - ganz profan - über den Benziner geladen. Am Ende des Tages spielt es keine Rolle, dieser SL ist auch mit Elektromotor kein Vernunfts-, sondern ein Emotionsprojekt. Eine Art Super-GT mit schicker Stoffkapuze, das unerbittlich schiebt und die 300-km/h-Schallmauer durchbricht. Dabei bollert und sprotzelt der Achtzylinder je nach Modus mal dezent, mal lautstark.

Und wenn man das Dach öffnet? Dann verstärkt der kleine Sturm innen den Performance-Eindruck. Von einer Sekunde auf die andere kann der SL aber auch moderat über den Boulevard cruisen mit einem lauen Wind an Bord, ohne dabei brutal auf seine menschliche Fracht einzuwirken. Und die Corvette? Klingt weniger V8-typisch als der SL, fährt die Passagiere dennoch klangstark spazieren. Schön ist, dass man den 162 PS starken Elektroanteil im Alltag bloß indirekt merkt.

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Display und viel feines Leder machen den SL-Innenraum modern und wohnlich. (Foto: Patrick Broich)

Das E-Aggregat wuchtet seine 165 Newtonmeter auf die Vorderachse und wird dadurch ebenfalls zum Allradler, während der 6,2 Liter große Smallblock ganz klassisch über einen Achtgang-Doppelkuppler mit der Hinterachse verbandelt ist. Nimmt man die Verbrennerleistung von 482 Pferdchen plus Elektropower zusammen, kommen 644 PS heraus - auch nicht gerade wenig Holz.

Und anlog zum SL, der etwas geschmeidiger operiert mit seiner neunstufigen Automatik (statt Wandler gibt es allerdings eine Lamellenkupplung zum Anfahren), nennt Chevrolet ebenfalls 2,9 Sekunden für den Standard-Sprint. Das könnte klappen, weil der Ami mit 1,9 Tonnen rund 300 Kilogramm weniger auf die Waage bringt. Dafür fährt er ein wenig roher als der Benz, aber trotzdem nicht ungehobelt.

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Auch mit elektrischer Schützenhilfe ist die Corvette ein veritables V8-Biest, bei dem die Auspuff-Endrohre nicht bloß Show sind. (Foto: Patrick Broich)

Die Corvette kann Querdynamik, aber auch cruisen

Auch er ist mehr Cruiser als Tracktool - auf dem Rennkurs leistet die Z06 ganz klar bessere Dienste. Aber man sitzt schön tief und fühlt sich gut angebunden an die Höllenmaschine, das ist schon mal fein. Und auch wenn diese Corvette oben heraus nicht den langen Atem des SL hat (317 km/h), ist sie doch ein heftiges Biest mit faustdicken Qualitäten, die G-Kräfte wirken zu lassen. Und zwar längsdynamisch ebenso wie quer.

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Mechanische Anzeigen sind selbst bei General Motors inzwischen out. (Foto: Patrick Broich)

Ganz witzig ist außerdem der Stealth-Modus. Wenn man den Eindruck hat, der Achtzylinder produziert vielleicht doch ein bisschen zu viel Lärm, um das nächtliche Wohngebiet zu befahren, geht es auch elektrisch. Zumindest, solange der Stromvorrat (1,9 kWh) reicht. Der Akku lässt sich übrigens als einziger hier im Trio nicht extern laden, sondern wird durch Rekuperation oder den Verbrenner befüllt.

Und der BMX XM Label? Das ist der Sportwagen hier im Trio, der definitiv ausreißt. Dass er konzeptionell anders ist, muss man gar nicht erst kompliziert herausarbeiten, sondern das erschließt sich auf den ersten Blick. Und es ist ja auch nicht bloß irgendein SUV, sondern ein optisches Statement, angesiedelt irgendwo zwischen Hipsterlook und rollendem Kontoauszug. Eigentlich sieht der XM völlig absurd aus, und das macht ihn wiederum cool. Vor allem aber braucht er Farbe. Genau das hat sich BMW bei der Konfiguration des Testwagens allerdings verkniffen. Schade.

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Mit 5,11 Metern Außenlänge ist der XM schon ein großes Auto. (Foto: Patrick Broich)

Der XM kann als einziger im Bunde weit elektrisch fahren

Und unter dem Blech? Das Topmodell "Label" hatte den Antriebsstrang des M5 seinerzeit vorweggenommen mit 748 PS Systemleistung - bestehend aus 585 PS Verbrenner- und 197 PS E-Power. Allerdings ist diese Antriebseinheit die einzige hier im Bunde mit der Möglichkeit, wirklich ökologisch zu fahren.

Man nehme Strom von der hauseigenen Photovoltaikanlage und befördere diesen in die knapp 26 kWh messende Batterie des XM - um dann rund 70 Kilometer rein elektrisch zurücklegen zu können. Zugegeben, das werden in der Praxis die wenigsten XM-Label-Besitzer tun, aber unmöglich ist es nicht. Und man könnte auf diese Weise richtig viele elektrische Kilometer sammeln.

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Als Hommage an das erste BMW-M-Auto M1 trägt der XM das BMW-Logo auf der Heckscheibe. (Foto: Patrick Broich)

Aber vielleicht tun sie es ja auch doch, denn ehrlich gesagt fährt das sehnsuchtsvoll bollernde, mit 4,4-Liter-Otto versehene Ausnahme-SUV fast ein bisschen zu wild, um im Alltag angenehm zu funktionieren. Der Koloss ist ultradirekt an die Straße gekoppelt mit seiner sportiven Lenkung, wirkt bissig, ja, fast schon zu bissig auf Gaspedalbefehle - da muss der Mensch mit Feinfühligkeit ausgleichen, aber das ist auf Dauer eben auch anstrengend. Zwar stürmt er unter voller Last ein Quäntchen langsamer auf Speed (3,5 Sekunden bis 100 km/h), aber er stürmt immer noch. Und mit 290 km/h Topspeed herrscht fast Gleichstand mit der Corvette (291 km/h).

Allerdings hat der XM ja noch ein augenscheinlich logisches Ass im Ärmel: seine Transporter-Qualität. Bei stehenden Fondsitzlehnen kann man einfach 527 Liter Gepäck-Äquivalent in das hintere Abteil stopfen für die Urlaubsfahrt mit Familie. Damit dürfte der Alltagssieger klar feststehen, wenn es denn überhaupt Sieger gibt in diesem Vergleich. Gibt es aber nicht, denn diese Sportwagenkonzepte sind so verschieden wie die Charaktere ihrer Kunden, die sie kaufen.

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Viel Display und Carbon plus straffe Sportsitze sind die Aufhänger des XM-Innenraums. (Foto: Patrick Broich)

Wenn du das Cabrio fühlst, muss es eben der SL sein. Und den Appetit auf amerikanische Autos kann bloß die Corvette stillen in einer nie dagewesenen Qualität in der Geschichte dieses Traditionsmodells, denn inzwischen kann GM auch Fahrwerk und Verarbeitung. Wenngleich das Hybridkonzept eher ein ökologisches Feigenblatt ist. Immerhin tut der Konzern etwas, um die Geldbeutel der Besitzer (und die Umwelt) zu schonen, denn der Benziner läuft unter geringer Last als Vierzylinder, schaltet also eine Zylinderbank komplett ab, wenn nicht benötigt.

Und der BMW? Dürfte aktuell das am meisten polarisierende Gefährt im Konzern sein. Die Corvette ist übrigens die einzige Offerte hier im Trio für unter 200.000 Euro, während BMW und Mercedes das Konto mit deutlich über 200.000 Euro belasten. Auch Hybrid-Traumautos haben eben ihren Traumpreis.

Quelle: ntv.de

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