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Dyane statt Ente? Fahrt mit einem spaßigen Minimal-Citroën

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Ist das etwa eine Ente? Nein, eine Dyane! Erkennbar an der glatteren Außenhaut und in den Kotflügeln integrierten Scheinwerfern.

Ist das etwa eine Ente? Nein, eine Dyane! Erkennbar an der glatteren Außenhaut und in den Kotflügeln integrierten Scheinwerfern.

(Foto: Patrick Broich)

Ob die Dyane von Citroën nun den legendären 2CV - besser bekannt als Ente - beerben sollte oder nicht: Die Verwechslungsgefahr mit dem Kultauto ist definitiv gegeben. Und Enten-Charakter besitzt die Dyane sowieso. ntv.de hat es ausprobiert.

Okay, das war jetzt ein bisschen gemein - zu unterstellen, die Dyane sei kein Kultauto. Die Fans dieses Modells (ein paar versprengte dürfte es geben) werden das nicht gerne hören - aber das Kultlevel der Ente, sorry dafür, hat die Dyane nie erreicht. Kein Wunder, dass der 2CV früher (1948) kam und viel später (1990) ging als die Dyane (1967 bis 1983). Und dementsprechend auch kein Wunder, dass 1,4 Millionen gebaute Dyane rund fünf Millionen 2CV gegenüberstehen.

Auch von hinten sieht die Dyane dem 2CV zum Verwechseln ähnlich.

Auch von hinten sieht die Dyane dem 2CV zum Verwechseln ähnlich.

(Foto: Patrick Broich)

Doch was ist die konstruktiv neue Dyane eigentlich? Nachfolger des 2CV? Vielleicht ist das Interpretationssache. Geht man davon aus, dass Citroën die Lücke zwischen 2CV und Ami 6 schließen wollte, muss man zumindest verwundert feststellen, dass die Dyane nicht nennenswert kleiner ist als der Ami. Und nicht nennenswert größer wiederum als die Ente.

Aber was sagen schon schnöde Zahlen, jetzt wird Dyane gefahren, die aus meiner Sicht eine Bereicherung für das damalige Citroën-Modellprogramm war. Ich finde die Dyane übrigens cooler als die Ente, gerade weil sie nicht so kultig ist (fährt eben nicht jeder), aber dennoch Enten-Charakter hat. Wie dem auch sei. Der Einbecker PS.Speicher war so nett und hat das Fotomodell gestellt, das unterwegs viel Aufmerksamkeit bei Passanten erregt.

Wenngleich die Dyane noch immer vergleichsweise spartanisch anmutet, ist sie im Vergleich zu frühen Enten geradezu luxuriös.

Wenngleich die Dyane noch immer vergleichsweise spartanisch anmutet, ist sie im Vergleich zu frühen Enten geradezu luxuriös.

(Foto: Patrick Broich)

Ja, man sieht dem Gefährt schon an, dass damit etwas nicht stimmt. Nein, nicht falsch verstehen - an dieser orangefarbenen Dyane stimmt alles. Aber falls man sie für eine Ente halten sollte (was leicht passieren kann), stimmt irgendwie etwas nicht. Der Aufbau der Dyane ist deutlich glatter und gefälliger, die Scheinwerfer sind integraler Bestandteil der Kotflügel. Bei der Ente hingegen werden sie mit einer speziellen Konstruktion aufgesetzt und daher versprüht der 2CV den Charme eines Vorkriegsautos, was selbst für späte Exemplare gilt.

Die Dyane wirkt wie eine moderne Ente

Bei der Dyane ist es andersherum. Sie wirkt wie eine moderne Ente. Auch innen macht die kleine Französin einen fortschrittlichen Eindruck. Was für Besitzer moderner Autos banal klingt, war in den 1960er Jahren keine Selbstverständlichkeit: Die Dyane besitzt so etwas wie ein rudimentäres Kombiinstrument. Die Enten später zwar auch, aber da war die Dyane längst wieder Geschichte.

Große Klappe und viel dahinter: Für Gepäck, das einem längeren Ausflug gerecht werden soll, reicht es zumindest.

Große Klappe und viel dahinter: Für Gepäck, das einem längeren Ausflug gerecht werden soll, reicht es zumindest.

(Foto: Patrick Broich)

Und sonst? Der verbesserte Kompakt-Citroën ist viel nützlicher als sein historisches Vorbild, trägt eine riesige Heckklappe, hinter der sich jede Menge Kofferraum verbirgt. Die Sitze sind dennoch eher einfach gehalten, aber nichtsdestotrotz hinreichend bequem. Und das alles gab es zum Marktstart 1968 für rund 4500 D-Mark. Ersetzen konnte die Dyane die Ente nie - offenbar wollten die Menschen lieber das Original alias 2CV.

So langsam steigt die Spannung, wie eine Dyane überhaupt fährt. Denn ein Minimal-Auto ist die betagte Französin immer noch trotz Modernisierung im Vergleich zur Ente. Besser motorisiert als der 2CV ist sie allerdings nicht zwingend. Das hier besprochene Grundmodell Dyane 4 aus dem Jahr 1974 leistet 24 PS aus 0,4 Litern Hubraum. Späte Topmodelle erzielen 32 PS aus 0,6 Litern, während die Ente ab Werk nie mehr als 29 PS leistete, das aber auch nur gegen Modellende.

Viel Leistung gibt der kleine Zweizylinder-Boxer nicht ab. Allerdings hat er auch nicht sonderlich viel zu schleppen.

Viel Leistung gibt der kleine Zweizylinder-Boxer nicht ab. Allerdings hat er auch nicht sonderlich viel zu schleppen.

(Foto: Patrick Broich)

Erstaunlich ist, wie bullig der luftgekühlte Boxer das 3,91 Meter lange Gefährt voranschiebt. Dabei klingt das Drehmoment (28 Newtonmeter bei 4000 Umdrehungen) lächerlich wenig, aber viel Gewicht (rund 600 Kilogramm) muss das Maschinchen eben auch nicht schleppen. So staunt man immer wieder, wie flink man mit so wenig Leistung unterwegs sein kann. Anderseits ist das recht geschmeidig nach "Revolver"-Prinzip schaltbare Citroën-Vierganggetriebe kurz übersetzt. Das Geschwindigkeitslevel ist demnach niedrig.

Der kleine Citroën ist unglaublich komfortabel

Das große Faltdach muss als Klimaanlagenersatz herhalten. Mehr Luxus war damals nicht drin im preisgünstigen Segment.

Das große Faltdach muss als Klimaanlagenersatz herhalten. Mehr Luxus war damals nicht drin im preisgünstigen Segment.

(Foto: Patrick Broich)

Selbst 100 km/h wirken in der Dyane bereits ganz schön rasant. Die Minimal-Französin erzieht qua Fahrverhalten zur Gemütlichkeit, ohne allerdings über Gebühr langsam zu wirken. Frappierend ist jedoch der Federungskomfort. Sind die Straßen auch noch schlecht - der betagte Citroën wiegt seine Passage derart sanft, wie man es bei modernen Autos nur noch selten oder überhaupt nicht mehr findet. Jetzt stellt sich unweigerlich die Frage, wie ein so weich abgestimmtes Auto um Kurven fährt.

Zugegeben, ganz ohne Hintergedanken leite ich nicht zu dieser Frage. Enten-Fahrer wissen, was jetzt kommt. Wenn man mitreisende Gäste erschrecken möchte, fährt man einfach mal mit Schwung durch die Kehre - der Aufbau neigt sich dann so weit, dass es Uneingeweihten Angst einflößt. Doch keine Sorge, die Ente gerät zwar in arge Schräglage, aber kippt nicht um. Ähnlich kann man es auch mit der Dyane treiben, doch so wild geht es bei dieser Fahrt nicht zu. Und: Der Boxer-Zweizylinder klingt genauso hochfrequent schnatternd wie eben bei der Ente - ziemlich vertraut also.

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Nach einer kleinen Runde geht es zurück ins Depot. Zeit, um die Eindrücke sacken zu lassen, die dieses wahrlich exotische Auto erzeugt hat. Exotisch, weil erstens viel weniger Dyane gebaut wurden als 2CV und zweitens deutlich weniger überlebt haben dürften als vom Kultauto Ente. Aber Achtung! Während es früher immer hieß, die Dyane sei im Gegensatz zur Ente für einen schmalen Taler zu bekommen, sieht die Realität in den einschlägigen Internet-Börsen heute anders aus. Ein gutes Exemplar rangiert an der Grenze zur Fünfstelligkeit und ist damit längst kein Schnäppchen mehr.

Aber bei guter Pflege sollte die Dyane ihren Wert halten. Insofern wäre das ausgegebene Geld ja eine Investition - Reue wäre also fehl am Platz. Und Spaß macht das Gefährt ja obendrein auch noch. Die Ente gibt es übrigens für ähnliche Kurse. Schön, wenn man die Qual der Wahl hat.

Quelle: ntv.de

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