Praxistest

Edel, schick und preiswert Genesis GV70 - Jagd auf deutsche Premium-SUV

Optisch scheint der Genesis GV70 durchaus Anleihen genommen haben. In Summe ist es aber eine eigenständige und charismatische Erscheinung.

Optisch scheint der Genesis GV70 durchaus Anleihen genommen haben. In Summe ist es aber eine eigenständige und charismatische Erscheinung.

(Foto: Holger Preiss)

Noch hatte kein Hersteller mit seinen Premiumfahrzeugen den Hauch einer Chance gegen die deutschen Schwergewichte. Doch tatsächlich ist mit der Marke Genesis ein Player in den Ring gestiegen, der in allen Punkten ein ernst zu nehmender Gegner ist, wie der ntv.de-Praxistest des GV70 2.2D beweist.

An den deutschen Premiumherstellern haben sich schon einige Wettbewerber über die Jahrzehnte die Zähne ausgebissen. Jüngstes Beispiel ist wohl Infinity, die Edelmarke, die Nissan einst ins Rennen schickte, um BMW, Mercedes und Audi Kante zu zeigen. Dennoch scheint ein solcher Misserfolg andere Hersteller nicht abzuschrecken, den Platzhirschen hierzulande ein Stück vom großen Premiumkuchen abzujagen.

Die ultraschmalen Quad-Lamps sind das Markenzeichen am Heck des Genesis GV70.

Die ultraschmalen Quad-Lamps sind das Markenzeichen am Heck des Genesis GV70.

(Foto: Holger Preiss)

Zur fröhlichen Hatz ist jetzt Hyundais Edelmarke Genesis angetreten. Und da die Koreaner bekannt dafür sind, dass sie keine halben Sachen machen, geht die übrigens in den USA sehr erfolgreiche Marke auch gleich mit sechs Fahrzeugen an den Start, um die Bedürfnisse der Kundschaft von Limousine über Shooting Brake bis hin zum SUV zu befriedigen. Natürlich ist davon auszugehen, dass letztgenannte Kategorie die wohl begehrteste ist. Was aber nicht nur an dem schnöden Umstand liegt, dass es sich um einen im Trend liegenden Hochbeiner handelt, sondern auch daran, weil diese Fahrzeuge einfach mal bildschön aussehen, wie der zum Test gerufene GV70 eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Dem Volk aufs Maul geschaut

Und hier geht es nicht um das schlicht subjektiv gefärbte Bild des Autors, sondern um die Stimmen der Menschen, die den Wagen während der Probefahrten in Augenschein genommen haben, sich am Anfang neugierig und am Ende begeistert zeigten. Die Außenhaut ist übrigens das Werk von Luc Donckerwolke, seines Zeichens seit 2016 Chefdesigner bei Genesis. In der Vita des Belgiers stehen übrigens Autos wie der inzwischen legendäre A2, der erste Škoda Octavia oder ein Lamborghini Murciélago. Alles Autos, die natürlich optisch so gar nichts mit dem Genesis GV70 zu tun haben.

Die Silhouette des Genesis GV70 zeigt sowohl ein robustes als auch sportliches SUV.

Die Silhouette des Genesis GV70 zeigt sowohl ein robustes als auch sportliches SUV.

(Foto: Holger Preiss)

Wer das 4,71 Meter lange SUV betrachtet, fühlt sich in der Silhouette eher an einen Porsche Macan erinnert, in der Front an einen Aston Martin und das Heck mit seinen ultradünnen Quad-Lamps scheint wieder ein bisschen Zuffenhauser Format zu haben. Aber bei aller gemutmaßten Ähnlichkeit ist der GV70 ein sehr eigenständiges Auto, das wie schon erwähnt durchaus die Blicke auf sich zieht. Was wohl nicht zuletzt auch der gelungenen Mischung aus Eleganz und Sportlichkeit geschuldet ist. Die setzt sich dann auch im Innenraum fort und packt noch eine ordentliche Schippe an Komfort obendrauf. Das geht bei den beheizbaren und zu belüftenden Sitzen los, die wohl mit Abstand die längste Oberschenkelauflage haben, die man momentan in diesem Segment findet, und hört mit dem ausgezeichneten Seitenhalt und einem ebensolchen Langstreckenkomfort auf.

Fein und druckvoll

Und wenn wir schon auf die Langstrecke gehen, dann soll auch gleich der Treibsatz des Test-GV70 Erwähnung finden. Es handelt sich um den 2,2-Liter-Diesel mit 210 PS. Das ist nicht viel? Stimmt! Aber wenn die Herde in Galopp versetzt wird, dann drücken 441 Newtonmeter auf alle vier Antriebsräder, die von einer sehr geschmeidig arbeitenden Acht-Gang-Automatik verteilt werden. So angetrieben geht der Edel-Koreaner wie ein von der Leine gelassener Pitbull nach vorn. In Zahlen wirkt das bei einer Sprintzeit von 7,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h gar nicht so spektakulär, das Gefühl beim Ampelstart ist es aber schon. Auch bei der Höchstgeschwindigkeit muss der GV70 sich der deutschen Konkurrenz geschlagen geben. Tempo 215 steht im Datenblatt, mit gutem Willen und schwerem Fuß werden daraus auch 220 km/h, aber das war es dann auch.

Der Arbeitsplatz des Fahrers im Genesis GV70 erfreut durch eine sinnvolle Gestaltung von Touchflächen und mechanischen Knöpfen und Schaltern, die allesamt sehr exakt arbeiten.

Der Arbeitsplatz des Fahrers im Genesis GV70 erfreut durch eine sinnvolle Gestaltung von Touchflächen und mechanischen Knöpfen und Schaltern, die allesamt sehr exakt arbeiten.

(Foto: Holger Preiss)

Ist aber irgendwie nicht schlimm, denn das Tempo ist ausreichend und treibt den Fahrer jetzt nicht zu einem verzweifelten Trab in der rechten Spur der freien Autobahnteile. Zumal sich der GV70 auch bei hohem Tempo extrem gut gedämmt zeigt und die Ohren der Insassen von jeglicher Art Lärm bewahrt. Es sei denn, der Fahrer möchte den Motorsound explizit in den Innenraum transferieren. Dann kann er das per Knopfdruck oder besser per Drück-Dreh-Steller in der Mittelkonsole machen. Dabei fällt hier wie bei allen Touchflächen, Drehknöpfe oder Tasten auf, dass sie unglaublich präzise und fein rasten und reagieren.

Immer ge- und versichert

Übertragen und gesteuert werden am Ende alle Funktionen über ein brillantes 14,5-Zoll-Display, das sich elegant auf dem Dashboard erhebt. Wer das Navi benutzt, bekommt Verkehrsinformationen in Echtzeit und ist dank der erweiterten Augmented-Reality-Ansicht, deren Bild über die Frontkamera übertragen wird, auch gegen Abbiegefehler gefeit. Vor Fehlern schützen und für entspanntes Fahren sorgen auch die bereits in Serie enthaltenen Helferlein in Form des Autobahnassistenten, der auch bei Spurwechselmanövern hellwach ist, der Frontkollisionswarner, ein Totwinkel-, der Spurfolge- oder der Geschwindigkeitsregelassistent, der das Tempo an die örtlichen Begrenzungen anpasst. Echt nervig ist allerdings die Warnung, dass der Fahrer doch bitte die "Augen auf die Straße richten soll". Nichts anderes macht er, aber der lässig auf dem Lenkrad liegende Arm verdeckt die Kontrollkameras, die oberhalb des Zentraldisplays immer auf Habachtstellung sind.

Platz gibt es für die Reisenden in einem sehr gut verarbeiteten Ambiente reichlich.

Platz gibt es für die Reisenden in einem sehr gut verarbeiteten Ambiente reichlich.

So ge- und versichert gelingt es im GV70 einmal mehr, sich über das ausgewogene Fahrverhalten zu freuen, das mithilfe der adaptiven und elektronisch gesteuerten Dämpfer auch dafür sorgt, dass es wirklich egal ist, ob man über böses Kopfsteinpflaster fährt, Querfugen unter die Räder nimmt oder abseits der Straßen über den Acker pflügt. Ja, das koreanische Edel-SUV hat auch die Befähigung, mal so richtig ins Grobe zu gehen. Nicht nur, dass hier permanent über alle vier Räder angetrieben wird, es gibt neben den Fahrmodi Eco, Comfort und Sport - wobei jedes genau für das steht, was es benennt - auch einen Geländemodus. Hier werden Allradantrieb, Traktionskontrolle, Motor, Getriebe und das elektronische Sperrdifferential so feinfühlig geregelt, dass rutschige Oberflächen oder nicht mehr alltägliche Offroad-Situationen recht unaufgeregt gemeistert werden können.

Race-Car oder Gleiter

Doch da man ehrlicherweise während der Alltagsfahrten kaum im Gelände unterwegs ist, sondern eher auf schnödem Asphalt, erfolgt der Wechsel zwischen den Modi Sport, Sport Plus und Comfort sehr viel häufiger. Und am Ende wird weder der dynamisch orientierte Fahrer enttäuscht noch der langstreckenorientierte Cruiser. Denn auch hier lassen sich per Kippschalter in der Mittelkonsole Lenkung, Stoßdämpfer und die Parameter des Antriebsstrangs wie Drosselklappen- und Kupplungsrückmeldung einstellen und machen aus dem GV70 entweder ein passables Race-Car oder einen entspannten Gleiter. Was im Klartext für die Sportfraktion heißt: Wer es darauf anlegt, der kann mit dem Nobel-SUV auch mal richtig durch die Kurven fliegen. Die Lenkung macht sich straff, gibt gute Rückmeldungen, das Fahrwerk strafft sich ordentlich und die Traktionskontrolle hält das Ganze fest in der Spur. Selbst das ESP bleibt vornehm in Deckung, in Sport Plus macht es gar noch einen Schritt zurück, ohne aber den Piloten je im Stich zu lassen.

Hoch laden lässt sich im Kofferraum des Genesis GV70 nicht. Der Platz ist mit 542 bis 1678 Liter ausreichend.

Hoch laden lässt sich im Kofferraum des Genesis GV70 nicht. Der Platz ist mit 542 bis 1678 Liter ausreichend.

(Foto: Holger Preiss)

Natürlich wird, derjenige, der mit schwerem Fuß freudvoll um die Kurven fliegt oder die Endgeschwindigkeit auf den freien Strecken der Autobahn auslebt, auch einen entsprechenden Verbrauch präsentiert bekommen. Da hilft auch der sonst recht sparsame Diesel nicht. Denn entgegen der Erfahrung anderer Kollegen konnte der GV70 2.2D im Test auch mit schlanken 7,5 Litern bewegt werden, was für ein Fahrzeug mit einem Leergewicht von zwei Tonnen durchaus in Ordnung geht. Im Schnitt standen am Ende bei viel Langstrecke 9,0 Liter auf der Uhr. Auch das ist kein verwerflicher Wert und muss natürlich im Verhältnis zum Fahrzeug und der Fahrstrecke betrachtet werden.

DatenblattGenesis GV70 2.2 D AWD AT8
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,71 m/ 1,91 m/ 1,63 m
Radstand2,87 m
Leergewicht (DIN)2010 kg
Anhängelast2500 kg
Sitzplätze5
EmissionsklasseEU 6d
Motor/HubraumR4-Turbodiesel mit 2151 ccm Hubraum
GetriebeAchtgang-Doppelkupplungsgetriebe
Leistung210 PS (154 kW) bei 3800 U/min
KraftstoffartDiesel
Kofferraum542 / 1678 Liter
Höchstgeschwindigkeit215 km/h
max. Drehmoment440 Nm bei 1750 - 2750 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h7,9 s
Normverbrauch (kombiniert) WLTP7,1 - 7,4 l
Testverbrauch8,4 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
175-186 g/km
Grundpreis45.920 Euro
Preis des Testwagens58.720 Euro

Fazit: Der Genesis GV70 ist optisch nicht nur ein Hingucker, er zeigt sich auch in allen anderen Punkten als echtes Premium-SUV. Das fängt bei den verwendeten Materialien im Innenraum an, geht über die exzellente Verarbeitung weiter und endet nicht zuletzt in einem Fahrverhalten, das sich ohne Weiteres mit der deutschen Premium-Konkurrenz messen kann. Der gegenüber hat der Koreaner dann aber noch einen entscheidenden Vorteil: den Preis. Der hier getestete GV70 2.2D kostet nämlich vollausgestattet 58.720 Euro. Wer etwas Gleichwertiges aus München, Ingolstadt oder Stuttgart haben möchte, muss wesentlich tiefer in die Tasche greifen.

Quelle: ntv.de

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