Logisch? Nein, danke! Börsianer hören auf den Bauch
16.10.2008, 14:49 UhrBörsenmakler können einer Studie zufolge kaum logisch denken. Vielmehr lassen sie sich bei ihren Entscheidungen von Erfahrungen leiten. Dies fanden Psychologen um Prof. Markus Knauff von der Universität Gießen heraus.
Börsenmaklern fällt es demnach schwer, sich bei ihren Entscheidungen von bestehenden Denkmustern zu lösen, auch wenn sie unlogisch sind. Für die Studie waren 20 Börsenmakler befragt worden, von denen einige seit mehr als zehn Jahren für große Unternehmen an der Frankfurter Börse tätig sind.
Besonders machten sich die Defizite beim logischen Denken bemerkbar, wenn die Börsenmakler Entscheidungen allein "logisch" treffen sollten, auch wenn diese Entscheidung nicht mit ihrer Erfahrung übereinstimmte. In diesen Fällen zogen die Versuchsteilnehmer sehr viele falsche Schlüsse, und es dauerte viel länger, bis sie eine Entscheidung getroffen hatten. Sie waren dann sogar schlechter als eine Vergleichsgruppe von Versuchspersonen, die über keinerlei Erfahrung an der Börse verfügten.
In der aktuellen Berichterstattung über die Ursachen der Finanzmarktkrise und die Möglichkeiten ihrer Bewältigung kommen vor allem Wirtschaftexperten und Politiker zu Wort. Psychologische Faktoren, die das Handeln der Akteure beeinflussen, werden dabei kaum berücksichtigt. "Geldgier" allein reicht als Erklärung für das Versagen von Managern und Wirtschaftslenkern nicht aus. Es sind auch die individuellen Denkschemata, die es schwer machen, alle Konsequenzen von Finanzentscheidungen und deren Wechselwirkungen vorherzusehen.
Menschen sind keine Maschinen
Zu Verteidigung des Berufstandes lässt sich eine andere Studie heranziehen, die belegt, dass "rein rationale" Entscheidungen grundsätzlich kaum möglich sind. Die Wissenschaftler untersuchten, was in den Gehirnen von Versuchspersonen passiert, wenn sie Aufgaben lösen müssen, in denen es zu einem Konflikt kommt - zwischen dem, was die Person für moralisch richtig hält und dem, was die "rational" richtige Entscheidung wäre.
An dieser Untersuchung nahmen 30 Studierende verschiedener Fachrichtungen teil. Bei den Denkaufgaben mussten sie sich entscheiden, ob sie sich so verhalten, wie sie es für "moralisch richtig" hielten, oder ob sie sich "rein logisch" entschieden - selbst wenn sie diese Entscheidung als moralisch verwerflich empfanden. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es immer auch zu Aktivität in Regionen des Gehirns kommt, die mit starken Gefühlen und emotionalen Bewertungen in Verbindung stehen.
Quelle: ntv.de