Aufräumen bei Arcandor Eick unter Zeitdruck
01.03.2009, 10:30 UhrAufräumen bei Arcandor: Wenn der neue Chef des Handels- und Tourismuskonzerns, Karl-Gerhard Eick, an diesem Montag seinen neuen Job antritt, steht er vom ersten Tag an unter Zeitdruck. Bereits am 18. März hat der ehemalige Telekom-Finanzchef seinen ersten öffentlichen Auftritt bei der Arcandor-Hauptversammlung in Düsseldorf. Die Erwartungen an den neuen Arcandor-Chef sind hoch geschraubt: Der neue Mann soll bei dem angeschlagenen Essener Konzern die Weichen neu stellen.
"Die Erblast, die Eick bei Arcandor übernehmen muss, ist enorm hoch. Nun muss er schnell handeln", forderte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Baustellen in dem seit Jahren ums Überleben kämpfenden Konzern seien auch unter dem Eick-Vorgänger Thomas Middelhoff "nicht weniger geworden". Bereits im Juni stünden wieder größere Finanzierungsgespräche mit den Banken an. Erst im vergangenen Jahr hatten stockende Gespräche über eine Refinanzierung des Konzerns das Unternehmen erneut in eine Krise gestürzt. "Die Übergabe des Unternehmens erfolgt nicht besenrein", hatte Middelhoff bei seiner letzten Pressekonferenz als Arcandor-Chef vor rund zwei Wochen eingeräumt. Es sei ihm jedoch gelungen, den bei seinem Amtsantritt vom Zusammenbruch bedrohten Konzern zu retten.
Keine "Denktabus"
"Die Finanzierung ist ein ganz heißes Eisen", sagte Analyst Christian Hamann von der Hamburger Sparkasse. "Es hängt vieles davon ab, wie sich die Finanz- und Kreditmärkte weiter entwickeln werden." Bevor die nächsten Finanzierungsgespräche anstünden, gelte es, Reputation, Glaubwürdigkeit und Vertrauen bei den Banken und an den Kapitalmärkten zurückzugewinnen, hatte der Arcandor- Aufsichtsratschef und Vertreter des Großaktionärs Sal.-Oppenheim, Friedrich Carl Janssen, bereits im vergangenen Dezember gefordert. "Denktabus" dürfe es bei der Sanierung nicht geben.
Im Warenhausgeschäft des Konzerns steht immer noch die Suche nach einem Partner für die schwächelnden Karstadt-Häuser auf dem Programm. Alle Spekulationen über mögliche Allianzen etwa mit der Metro-Tochter Kaufhof sind bislang im Sande verlaufen. Restrukturierungsbedarf besteht bei der Versandhandelstochter Primondo und auch die Tourismustochter Thomas Cook bekommt derzeit eine deutliche Zurückhaltung der Urlauber in der Wirtschaftskrise zu spüren.
Doch viele Schrauben, an denen Eick noch drehen kann, gibt es aus Expertensicht nicht mehr. Der Immobilienbesitz wurde bereits verkauft, ebenso wie viele Randgeschäfte. Die Beschäftigten bei Karstadt und Primondo, die schon einmal mit Gehaltseinschnitten dem 2004 vor dem Kollaps stehenden Konzern zur Seite stehen mussten, wurden erst vor wenigen Monaten mit Gehaltskürzungen erneut zur Kasse gebeten. "Heute muss man sich fragen, ob man das Warenhaus-Geschäft nicht von vornherein viel stärker hätte zurückfahren müssen", sagte Jürgen Erdmann, Sprecher für die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Selbst das Wort "Zerschlagung" macht wieder die Runde.
Prognose zurückgenommen
Eine schwere Last hatte der scheidende Konzernchef Thomas Middelhoff seinem Nachfolger jedoch erspart. Zwei Wochen vor dem Chefwechsel hatte Middelhoff seine Prognose für das laufende Jahr zurückgezogen. Noch im Herbst vergangenen Jahres hatte er für das Geschäftsjahr 2008/09 (30. September) ein operatives Ergebnis von mehr als 1,1 Mrd. Euro angekündigt. Eine neue Prognose blieb der sonst für ehrgeizige Ankündigungen bekannte Manager diesmal schuldig.
In punkto Aktienkurs ist den Arcandor-Anteilseignern in der Vergangenheit einiges abverlangt worden. Unvergessen in der Erinnerung vieler Aktionäre ist die Ankündigung von Middelhoff, dass die Arcandor-Aktie ein Kurspotenzial von 40 Euro habe. In der vergangenen Woche bewegte sich der Kurs bei etwa 1,30 Euro. "Damit kann man unmöglich zufrieden sein", sagte Erdmann.
Quelle: ntv.de