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Carola Ferstl Millionäre tanzen ums Goldene Kalb

Ihr Geld ist nicht weg, liebe Leserinnen und Leser, es hat nur ein anderer. Ich hoffe, Sie haben trotz aller Schreckensmeldungen noch nicht den Humor verloren. Aber in dieser Situation ist der uralte Börsenwitz aktueller denn je. Denn wenn Sie auf die Verluste in Ihrem Depot schauen und glauben, die Kursgewinne der Vorjahre hätten sich in Lust aufgelöst, dann irren Sie sich gewaltig.

Auch in der Krise gibt es Gewinner

Trotz Ihrer persönlichen Tristesse im Depot gibt es eine Reihe von Menschen, die auch während der hurrikanartigen Krise Geld gescheffelt haben. Ein ganzes Heer von Fachleuten für Mergers & Acquisitions (Firmenübernahmen), für Steuerfragen, für dies und das wird auch in diesen schwierigen Zeiten zu Höchstpreisen beschäftigt. Wenn keiner weiter weiß, wenn es schnell gehen muss, weil die Zeit drängt, dann kommt die Finanzfeuerwehr und wird es schon richten. Und auch die Anleger, die gelernt haben, wie man "short" geht, wie man also auf fallende Kurse wettet, machen ihren Schnitt.

Eine weitere Nachricht der vergangenen Tage lässt für Gedankenspiele Platz: Die beiden geschassten Chefs der Immobilienfinanzierer Freddy Mac und Fanny Mae bekommen ihre millionenschweren Abfindungen nicht ausgezahlt. Wenn das eine Nachricht wert ist, muss es doch im Umkehrschluss heißen, dass viele andere gefeuerte Chefs auf ihr warmes Millionen-Pölsterchen natürlich nicht verzichten und mit einem goldenen Handschlag nach Hause gehen.

Bei all dem kann man nur mit Galgenhumor sagen: Wie tröstlich, auf dieser Welt geht kein Cent verloren. Irgendwo und bei irgendwem taucht er wieder auf.

Das Geld hockt in der New Bond Street

In Zeiten der Globalisierung lässt sich der Weg des Geldes sogar genau nachzeichnen. Wie bei Google Maps sogar passgenau mit Straße und Adresse: Denn am Montagabend waren alle, die was auf sich halten in London bei Sotheby´s oder zumindest von irgendwoher per Telefon zugeschaltet.

Denn die ehrwürdigen Räume boten einmal mehr einen Fluchthafen für alle, die ihr Geld nicht mehr in Aktien und Optionen investieren wollen, sondern in solide Anlagen, nämlich in moderne Kunst. Wenn Sie jetzt schmunzeln, so ist das erlaubt. Bei den Ergebnissen, die die Damien-Hirst-Versteigerung allerdings zustande gebracht hat, vergeht Ihnen das Schmunzeln ganz schnell. Denn dann wird klar, dass hier die nächste Spekulationsblase auf eine Nadel wartet, um heftig zu platzen. Soweit ist es aber noch nicht. Noch tragen alle, die Geld haben, dieses auf den Altar der Kunst. Der "Zauber"-Künstler Hirst hatte eigens für den Anlass 233 Werke fabriziert (ich berichtete bereits darüber), und sie gingen weg wie heiße Semmeln.

Beobachter berichten von besonders vielen jungen hübschen Mädchen, die für die Werke des Pop-Star Künstlers geboten haben. Das waren wahrscheinlich die Töchter der Millionäre und Milliardäre, von denen den statistisch gesehen immer mehr gibt, die aber wohl ihr Geld nicht mehr persönlich zeigen wollen, weil das auch mehr und mehr Neid heraufbeschwört, je stärker die Finanzkrise "Otto Normalanlegers" Depot atomisiert.

Genau 201 Million $ kamen in der zweitägigen Auktion zusammen. Für den Künstler bleiben nach Abzug der Kommission und einer mildtätigen Spende von rund 6 Millionen $ immer noch 170 Millionen $ übrig. Damit ist dem sowieso schon reichsten Künstler der Erde ein Platz in den Geschichtsbüchern sicher. Ich will hier nicht weiter über das Erdbeben im Kunstmarkt sprechen, das die Versteigerung ausgelöst hat (lesen Sie mehr bei www.carolaferstl.de ), aber eines ist sicher. Wenn Sie wissen wollen, wohin all das Geld fließt, das von den Notenbanken in die Märkte gepumpt wird, schauen Sie einfach in einen der Glaskästen von Damien Hirst. Es war die Attraktion der Auktion und wurde vom Mega-Sammler Francois Pinault gekauft: das Goldene Kalb. Nichts symbolisiert besser die Anbetung des Geldes und Goldes und den bloßen Schein als dieses biblische Tier.

Tipps für alle, die keine Spekulationsblasen mögen

Kommen wir aber wieder zurück zur aktuellen Börsensituation. Ich halte es für keine gute Idee, in Panik jetzt das ganze Geld aus Ihren Investments abzuziehen. Aber überlegen Sie sich, welche Risiken sich leicht vermeiden lassen. Zum Beispiel in Bezug auf die Sicherheit Ihrer Spareinlagen: Wählen Sie keine Bank allein wegen ihrer hohen Tagesgeldzinsen. Sondern prüfen Sie vorher nach, ob das Guthaben auf Ihren Konten dort auch in vollem Umfang abgesichert ist. Im Zweifel Finger weg von Banken, die sich nur auf die gesetzliche Sicherung bis höchstens 20.000 Euro und 90 Prozent beschränken! Die Sicherungsgrenzen muss Ihnen jede Bank bei Eröffnung eines neuen Kontos verraten.

Seien Sie zudem vorsichtig bei Zertifikaten, denn das Emittentenrisiko tragen Sie: Jedes Zertifikat ist nur so gut wie die Bank, die es emittiert. Wenn sie pleite geht, ist Ihr Zertifikat nichts mehr wert, da mag sich der Basiswert noch so gut entwickelt haben. Und ansonsten empfehle ich Ihnen, das zu tun, was Börsen-Altmeister André Kostolany schon lange empfohlen hat: "Kaufen Sie sich sichere Aktien, an die Sie glauben, und nehmen Sie ein paar Schlaftabletten für die nächsten 10 Jahre - und dann schlaaafen Sie!"

Herzlichst
Ihre Carola Ferstl

Quelle: ntv.de

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