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Gefrorenes Betongold Streit um Immobilienfonds

In der einst so beschaulichen Welt der offenen Immobilienfonds herrscht Aufruhr. Die Finanzaufsicht Bafin streitet mit der Branche um Geld, das die Anbieter vorübergehend eingefrorener Fonds an einzelne Kleinanleger auszahlen wollen. Die Fondsgesellschaften pochen auf ausführliche Rechtsgutachten. Ihrer Auffassung nach dürfen diejenigen Immobilienfonds, die nach hohen Mittelabflüssen den Rückkauf von Anteilen ausgesetzt haben, den Inhabern bestimmter Sparverträge weiterhin monatlich Geld auszahlen.

Die Aufseher sehen das anders. "Die Bedienung der Auszahlungspläne aus dem Sondervermögen der Fonds steht im Widerspruch mit dem Prinzip der Anlegergleichbehandlung nach dem Investmentgesetz", erklärte BaFin-Sprecherin Anja Engelland gegenüber n-tv.de die Haltung der Behörde. "Das ist zunächst einmal die Rechtsauffassung der BaFin, die den betroffenen Gesellschaften mitgeteilt wurde." Man gehe davon aus, dass sich die Gesellschaft daran halten.

Doch die Branche ist empört. Denn die unverbindliche Anweisung der Aufsicht bringe "mehrere zehntausend deutsche Rentner in finanzielle Schwierigkeiten", wie zum Beispiel die "Financial Times Deutschland" die befürchteten Folgen zusammenfasst. Andreas Fink vom Fondsverband BVI hält diese Zahl für etwas zu hoch angesetzt. Die Gesamtzahl der einzelnen Auszahlungspläne schätzt er auf rund 30.000. Davon entfalle ein Großteil auf Immobilienfonds von Union Investment und Deka, bei denen sich Anleger ihr Geld nach wie vor börsentäglich auszahlen lassen können. Betroffen sind demnach nur etwa 5.000 bis 8.000 Anleger.

Die kann ein Zahlungsstopp unter Umständen allerdings böse überraschen. Branchenkreisen zufolge werden im Rahmen der Auszahlungspläne in der Regel monatlich Summen zwischen 300 und 500 Euro überwiesen. Im Fall eines einzelnes Fonds belaufe sich der Aufwand für Auszahlungspläne im Monat beispielsweise nur auf rund eine Millionen Euro. Bei einem Fondsvolumen von - in diesem Fall - mehreren Milliarden fiele das für die übrigen Anleger kaum ins Gewicht, heißt es aus der Branche.

Zudem flössen ja auch selbst den vorübergehend eingefrorenen Fonds noch Mittel zu - zum Beispiel aus laufenden Sparplänen. In dem erwähnten Beispiel kämen so rund 15 Millionen pro Monat zusammen, Mittel, die die umstrittenen Zahlungspflichten mehr als aufwiegen.

"Die Bedienung von Auszahlplänen beeinträchtigt nicht die Fähigkeit des Fonds zur Wiedereröffnung", meint auch BVI-Sprecher Fink. "Die entsprechenden Beträge müssen von den Fondsgesellschaften ohnehin gesondert vorgehalten und den Auszahlplaninhabern unmittelbar nach Wiedereröffnung ausgezahlt werden." Für Anleger mit einer schmalen Rente, Unterhaltungsverpflichtungen oder hohen Pflegekosten kann es dagegen schnell eng werden. Sie sind auf das Geld angewiesen.

Des Pudels Kern

Die Fondsbranche stößt sich offenbar vor allem an der Vorgehensweise der Finanzaufsicht. Die Auszahlung an die betroffenen Kleinanleger sei nicht untersagt worden, stellt ein Marktteilnehmer fest. Es liege von der zuständigen Behörde keine verbindliche Anweisung vor. Die Aufseher hätten lediglich dem Verband ihre "Rechtsauffassung" mitgeteilt, dieser habe die betroffenen Gesellschaften angeschrieben und telefonisch informiert. Den Grund für diesen "Schlingerkurs" vermuten Beobachter in politischen Sphären: Im Bundesfinanzministerium habe jemand einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz entdeckt, heißt es.

Dabei hatten sich die Fondsgesellschaften vorab juristische Rückendeckung gesichert. "Nach eingehender rechtlicher und technischer Prüfung" entschied sich zum Beispiel die Fondsgesellschaft Degi am 7. November, "Auszahlpläne für die von der Aussetzung der Anteilrücknahme betroffenen Fonds Degi Europa und Degi International weiter zu bedienen".

Eine Ungleichbehandlung mag man auch bei anderen Anbietern nicht erkennen. Überhaupt handle es sich nicht um gewaltige Summen, lautet der Branchentenor. Viel schlimmer ins Gewicht falle der dadurch möglicherweise entstehende Imageschaden. Ausgelöst durch das Vorgehen der BaFin könnten auch andere Anlegergruppen ihr Vertrauen in das einst als verlässlich gepriesene Betongold verlieren.

Die Milliardenbranche fürchtet um ihren Ruf

Nach wie vor gelten offene Immobilienfonds im Vergleich zu anderen Anlageklassen wie zum Beispiel Aktien oder Zertifikate als einigermaßen wertstabile Geldanlagen. Nach dem Willen der Fondsmanager soll das auch so bleiben. Leicht haben sie es nach den Fonds-Schließungen der vergangenen Wochen allerdings nicht. Wenn nun neben den Anlegern mit Auszahlungsplänen auch die Kunden mit Sparplänen oder - noch übler - die Investoren mit großvolumigen Einmalanlagen ihr Geld abziehen, könnten weitere Fonds in Schwierigkeiten geraten. Das wäre sicher auch nicht im Sinne des Finanzministers.

"Wir halten die Position der BaFin für unglücklich", fasst BVI-Sprecher Fink zusammen. "Nach wie vor sind wir der Auffassung, dass die Bedienung von Auszahlplänen rechtlich vertretbar und in der gegenwärtigen Situation die richtige Lösung wäre."

Die Fronten scheinen verhärtet. Die Aufsicht droht mit juristischen Mitteln: "Wenn die Gesellschaften von dieser Entscheidung abweichen, müssten wir das im Wege des Verwaltungsrechts durchsetzen." Doch zwischen den Zeilen scheint auch bei der BaFin Gesprächsbereitschaft durch. "Uns geht es darum, dass das Sondervermögen für alle Anleger gesichert ist", heißt es aus Bonn, dem Sitz der Aussichtsbehörde. "Insofern ist das noch kein Verwaltungsakt."

Kompromiss am Horizont

Und übrigens sei es mit der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde durchaus vereinbar, wenn die umstrittenen Auszahlungspläne nicht aus dem Sondervermögen des Fonds, sondern aus dem Vermögen der Fondsgesellschaften bedient werden würden.

Das wiederum halten Fondsmanager für wenig sinnvoll. Eine offizielle Stellungnahme zum Vorgehen der Aufseher lehnten sie ab. Auf Anfrage von n-tv.de heißt es zum Beispiel bei der Degi nur, man wolle sich "aus Rücksicht auf weitere Gespräche mit der BaFin" nicht dazu äußern.

Quelle: ntv.de, mit Material von dpa und rts

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