Die Busch-Trommel Brandbeschleuniger
09.11.2010, 07:00 UhrMit ihrer überaus großzügigen Geldpolitik haben die USA den Startschuss für einen globalen Wettlauf der Devisenabwertung gegeben. Ausgerechnet jetzt will die Bundesregierung die Lage noch verschärfen, meint Börsenkommentator Friedhelm Busch.
Dass Notenbankchef Ben Bernanke mit seiner Ankündigung, bis Mitte nächsten Jahres für 600 Mrd. Dollar Staatsanleihen aufkaufen zu wollen, eine egoistische Geldpolitik gegen den Rest der Welt umsetzt, das ist für die internationalen Finanzmärkte eine ausgemachte Sache. Zwar ist es rätselhaft, wie diese Geldflut der amerikanischen Wirtschaft in den kommenden Monaten auf die Beine helfen kann, angesichts der hoch verschuldeten US-Bürger, die nach der Immobilienkatastrophe vernünftigerweise nicht mehr bereit sind, sich durch neue Kredite noch tiefer ins Unglück zu stürzen und vor lauter Angst um ihren Arbeitsplatz ihren Konsum einschränken. Die US-Industrie macht es genauso. Statt verstärkt in Forschung und Entwicklung zu investieren und konkurrenzfähige Produkte auf dem Weltmarkt anzubieten, spart sie an allem, hält sie ihr Pulver trocken für günstige Übernahmen oder für Aktienrückkäufe zur Kurspflege. Wenn auch der Nutzen dieser Geldschwemme für die reale US-Wirtschaft mehr als ungewiss ist, die Folgen für die weltweiten Finanzmärkte sind mit den Händen zu greifen. Auf der Suche nach lohnenden Renditen tauschen die Finanzinvestoren ihre günstigen Dollarkredite in hochverzinsliche Staatsanleihen der Schwellenländer, stürzen sie sich auf Rohstoffe, investieren in Anbauflächen für Getreide zur Energieerzeugung und in Aktien. Da die internationalen Aktienmärkte immer noch weit entfernt sind von früheren Übertreibungen, werden sie wohl noch auf Monate von dieser Liquidität profitieren können, neue Höchststände sind also durchaus möglich.
Dennoch: Mit der Fortsetzung seiner überaus großzügigen Geldpolitik hat der amerikanische Notenbankchef die Büchse der Pandora weit geöffnet und verheerende Probleme in die Welt geschickt: Ein anhaltender Dollarverfall, daraus folgend ein internationaler Abwertungswettlauf, Beschränkungen im internationalen Kapitalverkehr und nicht zuletzt wachsende Inflationsgefahren; all das wird in den kommenden Monaten die verantwortlichen Politiker umtreiben und den freien Welthandel erheblich behindern. Keine schönen Aussichten für das internationale Exportgeschäft. Ob das die Börsen gar nicht interessiert, solange nur die Liquidität die Kurse treibt, sollten sich all die Börsenoptimisten schon fragen.
Und genau in dieser Situation macht sich die Bundesrepublik unter der Führung der Bundeskanzlerin und ihres Finanzministers stark für eine Reform der europäischen Insolvenzordnung, die zu einem Kollaps der Eurozone führen könnte. Zwar kommt alles so, wie wir von Anfang an befürchtet haben: Der Rettungsschirm der Euromitglieder für zahlungsunfähige Mitgliedsstaaten soll nun doch nicht schon 2013 wieder zusammengeklappt werden, er bleibt wohl auf Jahre geöffnet. Um aber die entsetzten Bürger ruhig zu stellen, betont Minister Schäuble, dass dieser Rettungsschirm natürlich nicht gedacht sei, internationalen Finanzinvestoren die Taschen zu füllen. Wer glaubt, er könne hoch verzinsliche Staatsanleihen von angeschlagenen Ländern ohne Risiko kaufen, weil ja im Falle einer Zahlungsunfähigkeit die europäischen Steuerzahler einspringen, der müsse sich künftig eines Besseren belehren lassen. Kommt es zu Zahlungsschwierigkeiten, sollen zuerst die Gläubiger zur Kasse gebeten werden und auf Teile ihrer Forderungen verzichten. Klingt doch gut, oder?
Mit ihrem Vorschlag hat die Bundesregierung einen hoch explosiven Brandsatz in die Finanzmärkte geschleudert. Auch wenn diese Regelung nur für neue Anleihen, also nicht für Altschulden gelten soll, haben viele Investoren, kaum war das Wort von der Gläubigerhaftung in der Welt, sofort ihre griechischen, irischen und portugiesischen Positionen abgestoßen, sind die Zinsaufschläge dieser Papiere wieder auf alte Höhen gestiegen. Das ist nur konsequent, denn schließlich kommt auf die Finanzinvestoren künftig ein höheres Verlustrisiko zu, das höhere Renditen verlangt. Was das für den mühsam erkämpften Spar- und Reformeifer der Griechen oder Iren bedeutet, kann man sich leicht vorstellen. Die aktuellen Euroverluste sind nur ein schwacher Vorgeschmack auf kommende Turbulenzen.
Quelle: ntv.de