Markus Zschaber, V.M.Z. Der amerikanische Traum zerplatzt
30.03.2010, 12:30 UhrVor nicht einmal drei Jahren galt das Eigenheim in den USA als Statussymbol und verifizierte nichts anderes als den „American Dream“. Während meiner jüngsten Investorenreise durch die USA versuchte ich mir, wie auch bei den letzten Malen, erneut einen intensiven Überblick über den Ausgangspunkt der Weltwirtschaftskrise - den US–Immobilienmarkt - zu verschaffen.
Die Hauptproblematik, die ich feststellte, war, dass mittlerweile fast niemand mehr von Subprime–Hypotheken in den USA spricht, sondern sich die Krise am Immobilienmarkt vermehrt in der wichtigen Mittelschicht ausweitet. Die wachsende Arbeitslosigkeit gekoppelt mit den nach wie vor schrumpfenden Verkehrswerten der Immobilien in unzähligen Ballungsgebieten der USA haben dafür gesorgt, dass ich noch nie so viele leerstehende Häuser mit den bekannten Schildern mit den Slogan „For Sale“, gesehen habe, wie während meines jüngsten Aufenthalts. Laut des US–amerikanischen Statistikamtes wurden alleine im letzten Jahr 2009 über 3,2 Mio. Zwangsversteigerungen umgesetzt, was eine absolute Rekordmarke darstellt. Wenn ich mir in meinen Detailanalysen die Prognosen für das aktuelle Jahr vor Augen halte, soll diese Marke sogar noch übertroffen werden.
Nicht wenige Analysten erwarten sogar, dass im Jahr 2010 4,5 Mio. Zwangsversteigerungen umgesetzt werden müssen. Diese Entwicklung wird auch durch die jüngste Statistik, laut der zum Ende des letzten Jahres mehr als sieben Prozent aller Immobilieneigentümer in den USA über 60 Tage in Zahlungsrückstand liegen, untermauert. Ich habe vor Ort mit vielen Ökonomen und auch Unternehmern gesprochen und fast überall bekam ich die gleichen warnenden Worte zu hören: „Die Mittelschicht schrumpft“. Nach meinen persönlichen Eindrücken kann ich diesen negativen Trend nur bestätigen. Als Ökonom erachte ich diese Entwicklung als sehr kritisch, denn die Bereinigung am US–Immobilienmarkt, welche aufgrund der starken Übertreibungskräfte aus der Vergangenheit sicherlich notwendig war, entwickelt sich zu einem sozialpolitischen Problem. Das Überangebot an leer stehenden Häusern wird dafür Sorge tragen, dass sich der Bausektor nur sehr schleppend erholen wird, was wiederum bedeutet, dass sich die hieraus eigentlich entstehenden realwirtschaftlichen Potenziale nicht entfalten werden. Der nach wie vor bestehende Druck durch den sich ausweitenden Arbeitsmarkt wird die Gesamtsituation nicht gerade verbessern.
Fakt ist, dass auch die Hilfsprogramme des US–Präsidenten, wenn überhaupt, nur sehr zögerlich Wirkung zeigen. Das 75 Mrd. US–Dollar Programm, das geschaffen wurde, um die Bevölkerungsschicht zu entlasten, welche die bestehenden Kreditraten nicht mehr tilgen kann, liefert bis dato nur eingeschränkt positive Signale. Nach den jüngsten Angaben des US–Finanzministeriums wurden gerade einmal etwas mehr als 100.000 Hypotheken umgewandelt. Die Frage, die es diesbezüglich zu stellen gilt, ist, warum wird die eigentlich vorhandene hohe Nachfrage nach Kreditumwandlungen nicht gedeckt. Nach meiner Auffassung rückt die Betrachtung der Wirtschaftlichkeit immer stärker in den Fokus der abwickelnden Geschäftsbanken. In den USA sind die Finanzierungsmodelle anders als in Deutschland viel variabler in Bezug auf die Zinskosten. Das bedeutet, dass viele Banken einfach Abstand von einer Umwandlung nehmen, da sie wissen, dass die Tiefstände der Zinsen zwar bei einer Umwandlung kurzfristig für Entlastung sorgen werden, mittelfristig aber, bei ansteigenden Zinsen, das Grundproblem nur herausgezögert wird. Für mich steht fest, dass diese staatlichen Subventionen aufgrund der Komplexität der Krise nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein werden. Gegen das „Symptom“ der Krise kann zwar dadurch im Ansatz vorgegangen werden, die „Krankheit“ wird durch diese Maßnahmen aber nicht besiegt werden können. Daran werden auch die jüngst durch den US–Präsidenten angekündigten Erhöhungen dieser Subventionsprogramme nichts ändern. Der wichtigste Aspekt, der eine Verbesserung mit sich bringen wird, ist ein sich einengender Arbeitsmarkt. Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Verfassung der USA wird dies aber voraussichtlich erst im kommenden Jahr passieren, so dass ich dem US–Immobilienmarkt weiterhin sehr kritisch gegenüberstehe.
Ihr Markus Zschaber
Markus C. Zschaber ist leitender Fondsmanager der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft (www.zschaber.de) in Köln. Nach seinem BWL-Studium ließ er sich in den USA bei der Chase Manhattan Bank zum Fondsmanager ausbilden und kehrte danach wieder zurück in seine Wahlstadt Köln. Bereits mehrfach ausgezeichnet für sein Portfoliomanagement, zuletzt als "Bester Fondsverwalter 2008"durch den "Handelsblatt-Elite-Report", kennen ihn die n-tv-Zuschauer seit 1997 als Experte unter anderem in der Telebörse, dem Investment-Check, Börse@n-tv oder dem Geldanlagecheck. Zwei seiner Fachbücher konnten Leser bereits in den Bestseller-Listen finden, zuletzt das Buch "Der Börse voraus" als Gemeinschaftsproduktion mit dem Nachrichtensender n-tv.
Quelle: ntv.de