Markus Zschaber, V.M.Z. Ein erster Zinsschritt zur Normalität
08.04.2011, 16:55 UhrIn der Finanzkrise haben die Notenbanken die Leitzinsen auf historische Tiefstände reduziert und die Märkte mit billigem Geld geflutet. Nun lassen robuste Aufschwungstendenzen und die anziehende Inflation die EZB handeln. Europas Währungshüter wagen mit dem Zinsschritt den ersten Schritt zur Normalität.
In Folge der sich zuspitzenden Finanzmarktkrise im Herbst 2008 und der dramatisch einbrechenden Konjunktur leiteten die Notenbanken der etablierten Industrienationen einen stark expansiven geldpolitischen Kurs einund stellten somit überlebensnotwendige Liquidität für den bedrohten Finanzsektor bereit. Ebenso auch die, für die heimische Preisstabilität und die Unterstützung der allgem einen Wirtschaftspolitik zuständige Europäische Zentralbank.
An der stützenden Intervention und der fiskalpolitischen Grundausrichtung seitens der Notenbanken hat sich in den vergangenen Monaten des moderaten aber robusten Aufschwungs nichts Grundlegendes geändert. Zwar wurde teilweise unter Zuhilfenahme geldpolitische Instrumentarien ein "weicher" Exit eingeleitet, doch der repräsentative Leitzins wurde letztendlich nicht angehoben.
In den letzten Statements der europäischen Währungshüter zur aktuellen Wirtschaftslage, allen voran des Präsidenten Jean-Claude Trichet, konnte man erkennen, dass neben den weiterhin dynamischen Erholungstendenzen in Kerneuropa, anziehende Inflationstendenzen und ein anwachsendes Geldmengenwachstum die Grundlage für eine moderate Zinserhöhung darstellen, wodurch eine bevorstehende Zinswende wahrsch einlich wurde.
Dieser Zinsschritt wurde folgerichtig um 25 Basispunkte durchgeführt und traf somit genau die Erwartungen der Marktteilnehmer. Aufgrund dieser Tatsache blieben große Marktbewegungen aus. Zwar ist die Entwicklung des risikolosen Zinses für den Anleih einvestor neben der Restlaufzeit und der Emittentenbonität ein kursbestimmender Faktor, da diese Zinswende jedoch absehbar war und zudem eher moderat ausfällt, wird es kaum zu extremen Kursrückgängen kommen. Auch der Devisenmarkt hat die nun vollzogene Zinserhöhung in den vergangenen Wochen bereits vorweggenommen, verdeutlicht durch die starke Euro/Dollar – Entwicklung zugunsten unserer Gem einschaftswährungtrotz wieder aufkeimender Verschuldungsproblematiken der Peripherie. Am Aktienmarkt bewerten Unternehmer, Analysten und Anleger unisono die jetzt eingeleitete Zinswende der EZB als positives Signal, welches die Konstanz und Robustheit eines selbsttragenden Konjunkturaufschwungs verdeutlicht und eine angemesseneNormalisierung der Märkte darstellt.
Diese Zinswende bezeichne ich als Ökonom in doppelter Bedeutung mit "erster Zinsschritt", da dieser Erhöhung zum einen im weiterenJahresverlauf noch weitere moderate Zinsanhebungen folgen werden und zum anderen die EZB als erste Notenbank der industrialisierten Wirtschaftszentren diesen Ausstieg aus der expansiven Fiskalpolitik wagt. Denn richtet man den Blick über den Atlantik auf die US-Notenbank Fed, überwiegt dort noch einedeutliche Zurückhaltung in punkto Zinswende. Zu erkennen ist hier, dass die US-Wirtschaft noch nicht die selbsttragenden Konjunkturkräfte besitzt wie die kerneuropäischen Länder und zudem die nachhaltigen Besserungstendenzen am Arbeitsmarkt noch zu unkonstant sind. Darüber hinaus sieht der amerikanische Notenbank-Chef Ben Bernanke die Inflationsentwicklungen derzeit noch als kurzfristige Entwicklungen, getragen von gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen, und als nicht nachhaltig vakant. Mit einer Abkehr von der derzeitig historischen Niedrigzinspolitik wird in der größten Volkswirtschaft erst im kommenden Jahr gerechnet.
Als nachhaltig orientierter Anleger und aktiver Vermögensverwalter gilt es jetzt den Blick nicht nur begrenzt auf die gegenwärtige, sondern intensiv auf die zukünftige, fiskalpolitische Ausrichtung der EZB zu richten, diese zu analysieren, Einschätzungen der Notenbanker zu bewerten und s ein Portfolio hiernach zu überprüfen.
Festzuhalten bleibt für mich, dass die Zinswende notwendig war und die Erhöhung des Leitzinses als ein deutliches Signal zur Inflationsbekämpfung darstellt und zudem die fundamentale Stärke des wirtschaftlichen Zyklus untermauert. Durch diesen ersten und sicherlich nicht letzten Zinsschritt innerhalb dieses Jahres, wird die Konjunktur nicht abgebremst, da der Refinanzierungssatz weiterhin expansiv ist und somit zukunftsorientierte Investitionen für Unternehmen finanzierbar und hierdurch realisierbar bleiben. Die Anhebung des Leitzinses ist somit die konsequente Folge der robusten Konjunktur und der erste Schritt auf dem Wege zur ökonomischen Normalität.
Ihr Dr. Markus Zschaber
Dr. Markus C. Zschaber ist leitender Fondsmanager der V.M.Z Vermögensverwaltungsgesellschaft (www.zschaber.de) in Köln. Bereits mehrfach ausgezeichnet für s ein Portfoliomanagement, zuletzt mit dem Prädikat "magna cum laude" durch den "Handelsblatt-Elite-Report 2011", kennen ihn die n-tv-Zuschauer seit 1997 als Experte unter anderem in der Telebörse, dem Investment-Check, Börse@n-tv oder dem Geldanlagecheck. Drei s einer Fachbücher konnten Leser bereits in den Bestseller-Listen finden u.a. "Der Börse voraus" als Gem einschaftsproduktion mit dem Nachrichtensender n-tv. S ein aktuelles Buch "Der Aufschwung kommt" war bereits vier Wochen nach Ersch einen ein Bestseller.
Quelle: ntv.de