Importe

Raimund Brichta Fauler Zauber

Die EU-Kommission nimmt ungedeckte Leerverkäufe streng ins Visier. Da fühlt sich Telebörse-Moderator Raimund Brichta unwillkürlich an "Räuber Hotzenplotz" erinnert. Denn schon der Kasperl wusste: "Die ganze Verboterei nützt nichts!"

Raimund Brichta

Raimund Brichta

Eintritt streng verboten! Eintritt strengstens verboten! Eintritt allerstrengstens verboten! Mit diesen Warnschildern will der große und böse Zauberer Petrosilius Zwackelmann verhindern, dass ihm jemand auf die Schliche kommt und seine Gefangene, eine verzauberte Fee, entdeckt. Der forsche Kasperl lässt sich von den Warnungen allerdings überhaupt nicht beeindrucken. "Schlipperdibix!" sagt er, "die ganze Verboterei nützt doch nichts. Ich muss da hinein." Und er geht hinein, um die Fee zu befreien.

Genauso wie dem Helden im Räuber Hotzenplotz scheint es den Akteuren an den Finanzmärkten zu gehen, die gerade dabei sind, einem Zaubertrick auf die Schliche zu kommen, den auch der große Petrosilius beherrscht: aus Dreck Geld zu machen. In den Regierungen fast aller Länder dieser Welt sitzen nämlich Zwackelmänner, die Geld produzieren, indem sie Schulden machen. Und weil das so einfach geht, machen sie immer mehr davon, so dass der Berg an Dreck, pardon, an Schulden, immer größer wird. Allerdings funktioniert der Zauber nur, solange es Kreditgeber gibt, die der jeweiligen Regierung vertrauen und ihr immer neue Kredite geben. Was ist aber, wenn diese Leute herausfinden, dass das Spiel nicht ewig dauern kann?

Auch der große Petrosilius weiß, dass nur ein Dummkopf ihm auf Dauer nicht auf die Schliche kommen kann. Umso erfreuter ist er, als der Räuber Hotzenplotz ihm den vermeintlich blöden Gehilfen Seppel anbietet. Dummerweise entpuppt sich dieser später jedoch als schlauer Kasperl im Seppelhut. Genauso entpuppen sich schon seit Längerem immer mehr Finanzmarktakteure als smarte Gesellen, die das Kasperltheater um die staatliche Schuldenmacherei längst durchschauen und deshalb auf einen bösen Ausgang spekulieren.

Aber damit ist das Theatererst richtig losgegangen, denn die Schlauen waren auch noch ausgesprochen ausgekocht. Sie griffen – schlipperdibix – tief in die Trickkiste. So wie das Kasperl im Übrigen auch tut, der den Hotzenplotz ja gerne hereinlegt. Zum Beispiel, indem er ihm weismacht, er habe eine gefährliche Knallpilzsuppe gegessen. Die Knallpilze, die heutzutage die smarten Finanzjongleure zubereiten, heißen nackte Leerverkäufe oder ungedeckte Kreditausfallversicherungen. Das sind Geschäfte, deren Ähnlichkeit zu den Knallpilzen, die es gar nicht gibt, frappierend ist: Im ersten Fall wird eine Staatsanleihe verkauft, die man gar nicht hat, und im zweiten Fall wird eine Ausfallversicherung für eine Staatsanleihe gekauft, die man ebenfalls nicht hat. In beiden Fällen winken satte Gewinne, wenn die Angst vor einer Pleite des betreffenden Staates zunimmt.  

„Das sind unfaire Tricks“, wettern deshalb schon seit einiger Zeit viele Zwackelmänner aus der Politik, die sich hereingelegt fühlen. Nun wollen sie solche Geschäfte - zumindest zeitweise - europaweit streng verbieten lasssen! Die Tauglichkeit dieser Verbote wird indessen dieselbe sein wie die der Warnschilder in Zwackelmanns Zauberschloss. Denn wie sagt Kasperl so schön: "Die ganze Verboterei nützt nichts!" Wer auf eine Staatspleite wetten will, findet an den Finanzmärkten auch weiterhin genügend Möglichkeiten, dies zu tun. Wollte man es wirklich verhindern, müsste man schon die Finanzmärkte selbst verbieten, strengstens versteht sich! Oder noch besser: Man verbietet gleich allerstrengstens den Staatsbankrott, meint

Ihr Raimund Brichta.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen