Münchner Sicherheitskonferenz US-Politiker droht Krieg an
06.02.2010, 17:48 UhrDie Erwartungen waren groß, die Ernüchterung ist es auch: Obwohl der iranische Außenminister Mottaki beteuert, der Iran wolle im Atomstreit einlenken, wittert der Westen in der neuen Offerte nur eine Finte. Dem amerikanischen Senator Joe Lieberman platzt der Kragen, er droht mit einem Militärschlag.

Berlin wertet die Mottaki- Botschaft als Finte.
(Foto: REUTERS)
Irans Außenminister Manuchehr Mottaki hat auf der Münchner Sicherheitskonferenz mit einem neuen Verhandlungsvorschlag kein Vertrauen zurückgewinnen können. Der oberste Atom-Aufseher Yukiya Amano sagte nach einem Treffen mit Mottaki: "Es ging nicht um neue Vorschläge, es ging um einen Meinungsaustausch." Der Iran steht im Verdacht, die Atombombe bauen zu wollen.
Während sich Politiker der USA und Deutschlands sich zuvor zwar kritisch, aber immer noch kompromissbereit gezeigt hatten, riss dem amerikanischen Senator Joe Lieberman der Geduldsfaden. "Wir müssen uns entscheiden: Entweder für harte Wirtschaftssanktionen, damit die Diplomatie funktioniert, oder wir stehen vor militärischem Eingreifen", sagte Lieberman. Auslöser für Liebermans Attacke war der Auftritt des iranischen Außenministers in der Nacht. Manuchehr Mottaki nutzte die Bühne für sich. Im Programm der Konferenz war er erst gar nicht vorgesehen. Bis zuletzt hatte der Iran seine Teilnahme offen gelassen. Doch für den überraschend angereisten Gast aus Teheran wurde dann eigens eine "Nachteulen-Sitzung" anberaumt.
Drei Minuten auf Persisch
Hochrangige Politiker aus aller Welt kamen in gespannten Erwartung, ob Mottaki von seinem Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad mit der Botschaft des Einlenkens im Konflikt um das iranische Atomprogramm nach München geschickt worden war. Drei Minuten wurden Mottaki gegeben. Danach sollte er Fragen beantworten. Aber dann packte der fließend Englisch sprechende Mottaki einen Stapel Papier aus und begann, eine vorbereitete Rede in Persisch vom Blatt abzulesen.
Lieberman spricht von Lüge
Mottakis Auftritt brachte wohl für Lieberman das Fass zum Überlaufen. "Seine Äußerungen hier waren lachhaft und sie waren zweifellos intellektuell unredlich", sagte der US-Politiker. "Ich weiß nicht, wie man mit einer Regierung verhandeln soll, die einen Minister hierher schickt, der uns alle einfach anlügt."
Der Vorsitzende des Senatsausschusses für Heimatschutz machte klar, dass die militärische Führung der USA Pläne habe, wenn eine politische Lösung scheitere. "Niemand will, dass das passiert. Dieser Dialog kann nur fortgesetzt werden, wenn man die Zähne zeigt." Liebermann hatte auch den Krieg gegen den Irak befürwortet.
Berlin: Taktische Spielchen
Mottakis vages Auftreten war ohnehin Wasser auf die Mühlen der Skeptiker, bei denen die die Führung des Gottesstaates nahezu jedes Vertrauen verloren hat. Als taktische Spielchen taten Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Vorschläge ab.
Westerwelle sagte: "Unsere Hand bleibt ausgestreckt, aber bisher greift sie ins Leere." Guttenberg sprach von "Schauspiel" und "rhetorischen Finessen" nach den Auftritten Mottakis. Er sieht den UN-Sicherheitsrat am Zug, um gegebenenfalls die Sanktionen gegen den Iran zu verschärfen.
China und Russland plädieren für Verhandlungen und Geduld. Neue Strafmaßnahmen sind für Peking und Moskau derzeit offensichtlich keine Option. Das Thema Iran beherrschte auch das Treffen von mehr 300 Spitzenpolitikern, ranghohen Militärs, Wissenschaftlern und Managern.
Friedlicher Protest
Auf den Straßen Münchens schützten mehr als 3700 Polizisten die Veranstaltung. Zu einer Protestkundgebung gegen die Konferenz kamen nach Angaben der Polizei 2000 Menschen. Die Veranstalter sprachen von etwa 4000 Teilnehmern. Es blieb friedlich.
Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hatte sich Anfang der Woche grundsätzlich dazu bereiterklärt, schwach angereichertes Uran im Ausland weiter anreichern zu lassen und das Verfahren damit unter internationale Kontrolle zu stellen. Lange hatte der Iran diesen Weg abgelehnt.
Iran bleibt beim Ungefähren
Mottaki, der kurzfristig nach München gereist war, zeigte sich sehr zufrieden mit dem 35-minütigen Gespräch mit Amano, dem neuen Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO). "Wir haben auch über den Vorschlag gesprochen, der auf dem Tisch liegt", sagte er. "Der Austausch von nuklearem Brennstoff ist von uns akzeptiert."
Für Amano blieb jedoch unklar, unter welchen Umständen der Iran tatsächlich zur Anreicherung von Uran im Ausland bereit ist. Die IAEA schlägt vor, das Uran beispielsweise in Russland oder Frankreich aufzubereiten.
Der Iran will für einen Kompromiss aber eine Reihe von Fragen klären. Unter anderem will der Iran bei der Abgabe von Uran ins Ausland dafür sofort angereicherte Brennstäbe zurückbekommen. Die Brennstäbe sollen in einem Forschungsreaktor in Teheran eingesetzt werden, wo nach Angaben des Irans medizinische Produkte beispielsweise für die Krebsbehandlung gewonnen werden.
Quelle: ntv.de, dsi/dpa/rts