Münchner Messermord-"Tatort" Das Schweigen der bayerischen Lämmer
29.04.2017, 16:39 Uhr
Wurde angeschossen: Kommissar Batic (Miroslav Nemec).
(Foto: BR/X Filme/Hagen Keller)
Kommissar Batic liegt als Hauptverdächtiger eines Mordes angeschossen auf der Intensivstation, während Kollege Leitmayr vor einem Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen muss. Sind die Münchner Ermittler am Ende?
Eifersucht, Habgier, Rache: Das Motiv ist es, das einen Mord für Außenstehende nachvollziehbar macht, auch wenn es noch so niederträchtig sein mag. Aber die Vorstellung, auf offener Straße niedergestochen zu werden, einfach nur so, weil man die falsche Zahl im Kopf eines Wahnsinnigen gezogen hat, das jagt einem Schauer über den Rücken. Und wenn dann der Täter am Sonntag um 21.45 Uhr immer noch frei herumläuft, hat sich das mit dem beschwingten Start in die neue Woche direkt erledigt. Die Zuschauer jedenfalls ließen ihrer Verstörtheit nach einem der besten "Tatorte" des vergangenen Jahres in den sozialen Netzwerken freien Lauf - und bekommen nun, ein halbes Jahr später, endlich die lange erwartete Auflösung präsentiert.

Sind dem Messermörder auf den Fersen: Leitmayr (Udo Wachtveitl, l.) und Batic (Miroslav Nemec).
(Foto: BR/ Hagen Keller)
Das heißt allerdings nicht, dass der neue Fall aus München leichte Kost wäre, ganz im Gegenteil: "Der Tod ist unser ganzes Leben" präsentiert sich genauso düster wie es der Titel vermuten lässt. Die Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) können den Messermörder nach einer weiteren Attacke zwar endlich dingfest machen, haben davon allerdings nicht besonders viel: Bei der Überführung des Gefangenen sterben drei Menschen - und der Hauptverdächtige ist Batic selbst, der angeschossen auf der Intensivstation liegt, während sein ebenfalls stark angeschlagener Kollege in einem internen Untersuchungsausschuss Rede und Antwort stehen muss.
Ist Batic ein Mörder?
Je tiefer Leitmayr in das Geschehene eintaucht, desto schonungsloser deckt der Film die Wunden auf, die ein Vierteljahrhundert Polizeiarbeit hinterlassen haben: Die beiden Ermittler stellen sich die Frage nach dem Sinn des Ganzen und bekommen es als Antwort lediglich mit einem völlig entmenschlichten Mörder zu tun. Da kann man dann schon auch mal am Leben im Allgemeinen und der Menschheit im Speziellen zweifeln. Oder, wie Leitmayr, an seinem langjährigen Kollegen und Freund: Hat Batic etwa tatsächlich seine eigene Vorstellung von Gerechtigkeit geübt?
Atmosphärisch weiß "Der Tod ist unser ganzes Leben" zu überzeugen: 90 Minuten lang herrschen Tristesse und Hoffnungslosigkeit, die vielen Rückblenden verbreiten eine fiebertraumhafte Atmosphäre. Die beiden Ermittler taumeln angemessen angeschlagen und alt durch die Szenerie, mit Silberrücken haben Batic und Leitmayr diesmal so gar nichts mehr zu tun. Großartig auch Gerhard Liebmann als bayerische Version von Hannibal Lecter, der mit pseudophilosophischen Sprüchen Mordrelativierung betreibt: "Wenn alles Zufall ist, gibt ohnehin nichts Sinn."
Leider schafft es der Film nicht, den anfangs geschlagenen Spannungsbogen bis zum großen Finale zu spannen: Zwischendurch ertappt man sich als Zuschauer immer wieder dabei, wie man über die anstehenden Aufgaben der kommenden Woche nachdenkt. Schade: Für einen emotional so dicht angelegten Krimi bedeutet Kartoffelsuppen-Kontemplation natürlich den Todesstoß.
Quelle: ntv.de