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Neue AktenfundeGerhard Richters Verwandtschaft war ins NS-System verstrickt

05.12.2025, 23:26 Uhr
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Mit dem Gemälde "Onkel Rudi" thematisiert Gerhard Richter schon 1965 die NS-Zeit. (Foto: picture alliance / dpa)

Für Gerhard Richter waren seine Eltern während der Nazi-Herrschaft unpolitisch. Neue Akteneinsichten belegen, dass der Vater bereits 1933 der NSDAP beitrat und bei der SA war. Das verstört den weltberühmten Maler.

Die Familie der Malerlegende Gerhard Richter war deutlich tiefer in das NS-Regime verstrickt als bekannt. Das zeigen bisher unerforschte Akten, die der "Spiegel" einsehen konnte. Richter pflegte in der Vergangenheit stets das Bild einer unpolitischen Familie, trotz des NSDAP-Beitritts seines Vaters, des Lehrers Horst Richter. Es habe sich, so lautete die lange Zeit verbreitete Erzählung, um eine Art Pflichtmitgliedschaft gehandelt. Die Akten zeigen indes, dass Richters Vater bereits im Mai 1933 in die Partei eintrat - und bald auch zum SA-Mann wurde.

Auch die Biografie von Onkel Alfred Schönfelder passt nicht zur Behauptung einer mit dem Nationalsozialismus fremdelnden Familie. Schönfelder, der im sächsischen Justizsystem Karriere machen wollte, war Mitglied in diversen Nazi-Organisationen, ließ sich laut seiner Personalakte sogar als Spitzel für den Sicherheitsdienst (SD) anwerben, dem lange Reinhard Heydrich, einer der Hauptorganisatoren des Holocaust, vorstand.

"Hat mich erschrocken"

Zu einem der bekanntesten Gemälde Richters gehört das Porträt seiner Tante Marianne Schönfelder, die ein Opfer der NS-Euthanasie geworden war. Basierend auf ihrer Geschichte und der des Malers schuf der Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck den oscarnominierten Kinofilm "Werk ohne Autor". Nun wird klar, wie viel zerrissener die Geschichte von Richters Familie war: Alfred Schönfelder kam als Referendar, Hilfsrichter und Amtsrichter mit dem Erbgesundheitswahn der Nazis in Berührung, der seiner jüngeren Schwester Marianne Schönfelder das Leben kostete.

Richter sagte gegenüber dem Magazin: "Es hat mich schon erschrocken zu lesen, dass mein Vater und mein Onkel Alfred, den ich so gut wie gar nicht kannte, Mitglieder in diesen Nazi-Vereinen waren." Zugleich sei er bis heute davon überzeugt, dass seine Eltern "unpolitisch" gewesen seien.

Zugleich hat Richter die Vergangenheit seiner weiteren Verwandtschaft und ihre Verbindungen zum menschenverachtenden Regime bereits früh thematisiert. Als er Mitte der Sechzigerjahre nach einem alten Familienfoto seinen strahlenden Onkel Rudolf Schönfelder in Wehrmachtsuniform malte, war das Werk "Onkel Rudi" auch als eine Provokation fürs Publikum angelegt.

Quelle: ntv.de, mau

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