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"Anatomie eines Falles" gewinnt Goldene Palme von Cannes geht an Justine Triet

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Widmet der französischen Rentenreform einen Teil ihrer Siegesrede: Die Regisseurin Justin Triet in Cannes.

Widmet der französischen Rentenreform einen Teil ihrer Siegesrede: Die Regisseurin Justin Triet in Cannes.

(Foto: picture alliance/dpa/Invision/AP)

Justine Triet ist erst die dritte Frau, die den Hauptpreis der Filmfestspiele Cannes gewinnt. In dem Film der französischen Regisseurin spielt Sandra Hüller eine Autorin, die sich nach dem Tod ihres Mannes vor Gericht verantworten muss. Auch ein Film von Wim Wenders wird ausgezeichnet.

Die französische Filmemacherin Justine Triet hat als dritte Frau überhaupt für ihren Film "Anatomie eines Falls" die Goldene Palme des Filmfestivals in Cannes gewonnen. Darin spielt die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller eine Frau, die des Mordes an ihrem Ehemann verdächtigt wird. Der Film des britischen Filmemachers Jonathan Glazer, in dem Hüller ebenfalls die Hauptrolle spielt, wurde mit dem Großen Preis ausgezeichnet. Triet prangerte in ihrer Dankesrede den "Ausverkauf der Kultur" und die "Unterdrückung" der Rentenproteste durch die französische Regierung an. Nachdem sie den Schauspielern und dem restlichen Filmteam gedankt hatte, erwähnte sie die "historischen, extrem mächtigen, einstimmigen Anfechtungen" der Rentenreform, die "auf schockierende Weise verleugnet und unterdrückt" würden, und kritisierte "dieses Schema einer herrschenden Macht, die immer unverkrampfter wird".

US-Schauspielerin Jane Fonda, die den Preis überreichte, wies darauf hin, dass dieses Jahr so viele Filmemacherinnen wie nie zuvor im Wettbewerb gewesen seien, nämlich sieben von 21. Sie fügte spöttisch hinzu: "Irgendwann hören wir hoffentlich auf, zu zählen."

Triet sagte, dass sie ihren Film eigens auf Hüller zugeschnitten habe. "Sandra hat eine sehr direkte Art, sie sagt immer, was sie denkt", sagte die 44-jährige Filmemacherin. Wenn der Schauspielerin ein Dialog zu künstlich vorkomme, dann lehne sie ihn einfach ab. Mit Hüller hatte Triet bereits in dem Film "Sybil" zusammengearbeitet. Es ist der vierte Film der Französin, die sich auf Porträts starker Frauen spezialisiert hat.

Wenders brilliert mit feinsinnigem Toilettenreiniger

Glazers Film "The Zone of Interest" war zuvor als Kandidat für die Goldene Palme gehandelt worden - aber möglicherweise war der Jury das Thema zu heikel. Hüller spielt darin die Ehefrau des Lagerkommandanten von Auschwitz Rudolf Höß, die sich am Rand des Vernichtungslagers ihrer häuslichen Idylle erfreut. Der Film erregte Aufsehen durch seine Art, in der Person der Nazigattin auf perfide Weise die Banalität des Bösen zu zeigen. Der Preis für die beste weibliche Darstellerin - den manche Kritiker Hüller gegönnt hätten - erhielt die türkische Schauspielerin Merve Dizdar, die in dem Film "About Dry Grasses" von Nuri Bilge Ceylan mitspielt.

Der deutsche Filmemacher Wim Wenders, der vergebens auf eine zweite Goldene Palme nach "Paris, Texas" aus dem Jahr 1984 gehofft hatte, konnte sich im Glanz seines Hauptdarstellers Koji Yakusho sonnen. Dieser bekam für seine Rolle im Film "Perfect Days" den Preis als bester männlicher Darsteller. Yajusho spielt darin einen feinsinnigen Toilettenreiniger, der seine Alltagsroutine und seine Rock-Kassetten liebt. Wenders hatte sich in Tokio von besonders ästhetischen Toilettenhäuschen inspirieren lassen.

Kaurismäki bekommt Preis der Jury

Der finnische Filmemacher Aki Kaurismäki, der ebenfalls zu den Favoriten zählte, bekam für seinen melancholischen Film "Fallen Leaves" den Preis der Jury. Er erzählt die Geschichte zweier einsamer Mittdreißiger, die zueinander finden. Der für seinen schrägen Humor bekannte Finne ließ eine Dankesbotschaft verlesen, die mit den Worten endete "Twist and shout".

Der japanische Filmemacher Hirokazu Kore-eda bekam den Preis für das beste Drehbuch für seinen Film "Monster". Der Film, der mit einem Mobbing-Drama an einer Schule beginnt, war zuvor bereits mit der "Queer Palm" ausgezeichnet worden.

Cannes war in diesem Jahr von zahlreichen Hollywood-Stars geprägt, vielen hochbetagten Recken, aber auch ungewohnt vielen jungen Regisseurinnen. Drei von ihnen räumten die Preise in den Nebenreihen "Un certain regard" und für den besten Dokumentarfilm ab. Die 28 Jahre alte Britin Molly Manning Walker bekam die Goldene Kamera für ihren Film "How to Have Sex" über exzessiven Alkoholkonsum junger Briten an der Mittelmeerküste.

Ehrenpalme für Harrison Ford

Einmal mehr hatte Cannes den Spagat zwischen Autorenkino und Blockbustern geübt, etwa mit der jüngsten Folge der Indiana Jones Saga, die außer Wettbewerb gezeigt wurde. Dem 80-jährigen US-Schauspieler Harrison Ford wurde nach der Premiere eine Ehrenpalme verliehen, ebenso wie seinem 78-jährigen Kollegen Michael Douglas. Der 86 Jahre alte Ken Loach, dem viele eine Chance auf eine dritte Goldene Palme einräumten, ging mit seinem Film "The Old Oak" am Ende leer aus.

Insgesamt konkurrierten 21 Filme bei den 76. Festspielen an der Côte d'Azur um den Hauptpreis. Den Vorsitz der Jury hatte der schwedische Regisseur Ruben Östlund, der selber bereits zwei Mal die Goldene Palme gewonnen hat. Es war zudem die erste Ausgabe des Festivals unter der Präsidentschaft der deutschen Iris Knobloch, die als ehemalige Managerin des Warner-Konzerns gute Kontakte nach Hollywood hat.

Quelle: ntv.de, mau/AFP

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