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Nach Antisemitismus-Vorwurf Jetzt steht Gil Ofarim vor Gericht

Hat er gelogen? Gil Ofarim vor dem Leipziger Landgericht.

Hat er gelogen? Gil Ofarim vor dem Leipziger Landgericht.

(Foto: picture alliance/dpa)

Mit seinem Vorwurf, er sei in einem Leipziger Hotel antisemitisch beleidigt worden, hatte Gil Ofarim für viel Aufsehen gesorgt. Nicht weniger Beachtung findet nun der Prozess, in dem er unter anderem wegen Verleumdung angeklagt ist. Auch und gerade angesichts der aktuellen politischen Umstände.

Unter dem großen Interesse von Zuschauern und Medien hat in Leipzig der Prozess gegen den jüdischen Musiker Gil Ofarim begonnen. Der 41-Jährige sitzt unter anderem wegen falscher Verdächtigungen und Verleumdung auf der Anklagebank im Landgericht.

Vor dem Gericht herrschte reger Andrang.

Vor dem Gericht herrschte reger Andrang.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die ersten Journalisten versammelten sich bereits in den frühen Morgenstunden gegen 5.15 Uhr vor dem Landgericht. Eine Stunde vor Prozessbeginn waren sämtliche 85 Sitzplätze im Schwurgerichtssaal besetzt. Vor der Tür hatten noch zahlreiche weitere Menschen darauf gehofft, der um 9 Uhr beginnenden Verhandlung beiwohnen zu können.

Ofarim habe beim Betreten des Gerichtssaals einen angespannten Eindruck gemacht, berichtet RTL. Dabei habe er um seinen Hals die Kette mit Davidstern getragen, die in dem Prozess noch eine Rolle spielen dürfte.

Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht

Vor gut zwei Jahren hatte Ofarim schwere Antisemitismus-Vorwürfe gegen den Mitarbeiter eines Leipziger Hotels erhoben. Die Staatsanwaltschaft glaubte ihm aber auf Grundlage ihrer Ermittlungen nicht und klagte ihn wegen Verleumdung an. Für die Verteidigung dagegen ist klar: Sollte an dem Abend im Oktober 2021 auch nur ein diskriminierendes Wort gefallen sein, müsse der Münchner Künstler freigesprochen werden.

Ofarim, der als Gast für eine Produktion des Mitteldeutschen Rundfunks in Leipzig war, hatte in einem viral gegangenen Video geschildert, wie ihn beim Einchecken ein Mitarbeiter des Hotels aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen. Zuvor hatte sich der Musiker über die Bevorzugung von Gästen beschwert, die hinter ihm in der Warteschlange gestanden hätten.

"Das entspricht nicht der Wahrheit", sagte Staatsanwalt Andreas Ricken nun beim Verlesen der Anklage. Ofarim habe den Mitarbeiter zu Unrecht als Antisemiten dargestellt. Beim Einchecken sei der Davidstern unter dem Hemd des Musikers gar nicht zu erkennen gewesen, so die Version der Anklagebehörde. Erst bei der Videoaufnahme habe Ofarim den Stern sichtbar gemacht.

"Aussage gegen Aussage"

Ofarim selbst will sich nach Angaben der Verteidigung vorerst nicht zu den Vorwürfen äußern. Bei dem Fall handle es sich um einen "klassischen Fall von Aussage gegen Aussage", sagte sein Rechtsanwalt Alexander Stevens nach Verlesung der Anklage. Möglich sei, dass es sich bei dem Fall um ein Missverständnis oder schlechten Humor handle - oder eben doch um eine "antisemitische Anspielung". Für die Gesellschaft sei es wichtig, dass das Gericht die Wahrheit ermittle.

Außerdem betonte der Rechtsanwalt, es gehe "nicht um den Stern, sondern um die Diskriminierungserfahrung". Mobbing und Diskriminierung seien - besonders für Opfer - schwer nachzuweisen. Die öffentliche Meinung sei in dem Fall von mehreren Lügen bestimmt. So sei es beispielsweise falsch, dass das Hotel nach dem Vorfall ergebnisoffen und fair ermittelt habe.

Auch halte die Verteidigung es für "völlig unplausibel", dass sich der Vorfall so abgespielt habe, wie es der Hotelmitarbeiter geschildert habe. Das Ermittlungsverfahren gegen den Mitarbeiter war nach umfangreichen Untersuchungen von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden.

Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen

Der Prozess findet auch vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen statt. Nach dem Massaker der Hamas an israelischen Zivilisten, dem darauffolgenden militärischen Vorgehen Israels gegen die Terrorgruppe und den jüngsten antisemitischem Ausfällen und Übergriffen auch hierzulande stehe Ofarim sogar unter Polizeischutz, berichtet etwa die "Bild"-Zeitung.

Zudem sollen Polizisten in Zivil im Einsatz seien. Vor dem Gerichtssaal finden strenge Einlasskontrollen statt. Gegenstände, die als Waffen benutzt oder missbraucht werden könnten, sind verboten - bis hin zu Glasflaschen. Religiöse oder politische Symbole dürfen nicht zur Schau gestellt werden.

Ofarim bleibt bei seiner Darstellung

Wenige Tage vor dem Prozessauftakt hielt der Sänger weiterhin an seiner Darstellung der Ereignisse fest. "Ich weiß, was mir passiert ist. Es ging mir nicht um den Mitarbeiter, sondern um Antisemitismus", sagte der 41-Jährige am Wochenende der "Welt am Sonntag". Er sei froh, dass jetzt viel herauskommen werde, was bisher nicht gesagt oder geschrieben worden sei. Er habe Vertrauen in die Justiz.

"Ich habe nicht im Ansatz damit gerechnet, was dieses Video auslösen würde. Und ich würde es wieder tun", sagte Ofarim in dem Zeitungsinterview. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt die Unschuldsvermutung. Das Landgericht Leipzig hat bis zum 7. Dezember zehn Verhandlungstage angesetzt.

Quelle: ntv.de, vpr/dpa

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