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Er war der Goldene Reiter Joachim Witt - von "Hosianna!" bis "Kreuzigt ihn!"

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Weiß auch mit 75 noch zu polarisieren: Joachim Witt.

Weiß auch mit 75 noch zu polarisieren: Joachim Witt.

(Foto: picture alliance / PublicAd)

"Hey, hey, hey, er war der Goldene Reiter" - Joachim Witts Neue-Deutsche-Welle-Hit kann noch heute fast jedes Kind mitsingen. Danach allerdings durchwandert der Musiker viele Höhen und Tiefen. "Kämpfen zu müssen, muss nicht schlecht sein", konstatiert er nun, da er 75 wird.

Er gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Neuen Deutschen Welle (NDW), wurde mit "Goldener Reiter" bekannt und hat sich nach einer langen Pause Ende der 90er zurück ins Musikgeschäft katapultiert: Joachim Witt feiert am Donnerstag seinen 75. Geburtstag - und im Rückblick findet der Musiker, dass vor allem die nicht so erfolgreichen Zeiten ihn geprägt und geformt hätten. "Kämpfen zu müssen, muss nicht schlecht sein. Es schärft unter Umständen den Blick für das Wesentliche. Umso schöner ist es, wenn man seinen Weg wieder gefunden hat", erklärt er.

Und Witts Weg hatte viele Kurven, Berge und Täler: Die Neue Deutsche Welle entstand gegen Ende der 70er-Jahre als eine Art deutsche Antwort auf Punk und New Wave. Die Musik wurde minimalistisch gehalten, die Beats waren treibend-stampfend, dazu schnarrten verzerrte Synthie-Klänge aus den Boxen und die Texte zeichneten sich durch eine gewisse Rohheit und Brutalität aus – eine ungeschönte Gesellschaftskritik war das Herzstück dieses Genres. Viele Bands und Künstler surften auf dieser Welle, so auch Joachim Witt, der das Genre maßgeblich prägte.

"Goldener Reiter" von seinem 1980er-Debütalbum "Silberblick" schlug allerdings erst Monate später ein, als der Song als Single auf den Markt kam. Dann aber wurde er ein Hit, landete auf Platz zwei der Charts. Dabei ist die darin erzählte Geschichte düster, handelt sie doch von einem Menschen auf dem Weg in die psychiatrische Klinik wegen Schizophrenie.

Von NDW zu NDH

Joachim Witt auf RTL+ Musik
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Ein Jahr später feierte der Hamburger Musiker mit "Tri tra trullala (Herbergsvater)" Erfolge - einem Song, der sich mit seinem monotonen, rollend-groovigen Rhythmus und den fast psychedelisch klingenden Gitarrensounds hervorhob und mit dem sich ständig wiederholenden Text ("Ey, lasst das sein, Kinder!") nervige Autoritäten wie die eines Herbergsvaters persifliert. Joachim Witt bemerkte hierzu einst: "Der Song soll penetrant wirken, denn es ist ein Spottlied auf sogenannte Autoritäten. Und die sind penetrant."

Doch so schnell sich die Neue Deutsche Welle aufgebaut hatte, so schnell verebbte sie auch. Rückblickend war das für Joachim Witt eine logische Konsequenz: "Es heißt doch so schön: Viele Köche verderben den Brei", sagt der Musiker. Jahrelang verschwand Joachim Witt von der Bildfläche, kehrte erst 1998 mit dem Synthie-Pop-Song "Die Flut", einem Co-Projekt mit Peter Heppner von der Band Wolfsheim, in die Charts zurück.

Wenig später findet Witt für sich wieder einen neuen Weg - mit noch gröberen Sounds und Texten, minimalistischen Melodien und stampfenden Beats wird er Teil der Neuen Deutsche Härte (NDH), zu der auch Bands wie Rammstein gehören. Wieso es zu dieser Weiterentwicklung kam, erklärt der Musiker so: "Die Zeit brauchte für mich eine andere Energie. Ich habe sie damals gelebt und mich wieder in meiner Haut wohlgefühlt."

"Der Fels ist noch nicht unterspült"

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Das Online-Musikmagazin "laut.de" findet, dass Witt mit seinem Schaffen nach wie vor polarisiere wie kaum ein anderer hiesiger Musiker. "Doch in seiner Rolle als Künstler zwischen den Polen 'Hosianna!' und 'Kreuzigt ihn!' fühlt sich der Hamburger nicht unwohl. Der Disput hindert ihn nicht daran, die stilistisch höchst vielfältig aufgestellte Marke Witt ein ums andere Mal neu zu erfinden", schreiben die Musikexperten über den Hamburger.

Und so kehrte Joachim Witt ins Musikgeschäft zurück. Erst im September 2023 erschien sein aktuelles Album "Fels in der Brandung", das es wieder in die Top Ten schaffte. Der Titel passt durchaus zu seinem Leben. "Ich habe mich bislang gut gehalten und mich erfolgreich gegen die Unwegsamkeiten des Lebens wehren können", sagt der Hamburger. "Ich werde jetzt 75 Jahre alt und der Fels ist noch nicht unterspült." Für ihn selbst war übrigens seine Mutter immer der Fels in der Brandung.

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Zu seinem Geburtstag gibt es nun sein aktuelles Album als Special-Edition mit fünf neuen Songs und Features von Alex Wesselsky (Eisbrecher), Chris Harms (Lord of the Lost) und Nino de Angelo. Der Song "Elektrosexuell" mit Chris Harms kommt dabei mit elektronischer Wucht daher, ist ziemlich hart und klingt spacig.

Auch mit 75 Jahren soll für Joachim Witt noch lange nicht Schluss sein. Sein Wunsch für die kommenden Jahre: "Ich möchte mich weiter ausprobieren, genreübergreifend, und die Freude am Leben behalten."

Quelle: ntv.de, Janina Heinemann, dpa

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