Konsequenzen aus dem Kiew-Chaos Neue Regeln für den ESC
01.08.2017, 21:50 Uhr
Am Ende sah in Kiew alles gut aus, doch der Weg dorthin war steinig.
(Foto: picture alliance / Julian Strate)
Im Mai überschattet der Streit zwischen dem Gastgeber Ukraine und Russland den Eurovision Song Contest in Kiew. Damit sich dergleichen nicht wiederholt, verschärfen die Verantwortlichen die Regeln. Auch die Jurys werden härter an die Kandare genommen.
Nein, nur ums Singen ging es beim Eurovision Song Contest (ESC) nie. Doch niemals zuvor war die Veranstaltung derart politisch aufgeladen wie in diesem Jahr im ukrainischen Kiew. Der Grund: die - auch kriegerischen - Auseinandersetzungen zwischen dem Gastgeberland und Russland um die seit 2014 von Moskau besetzte Krim. Weil sie 2015 bei einem Gala-Konzert auf der Halbinsel aufgetreten war, verweigerte die Ukraine der russischen ESC-Kandidatin Julia Samoilowa die Einreise und damit die Teilnahme an dem Gesangswettbewerb. Russland hingegen beharrte darauf, nur die im Rollstuhl sitzende Samoilowa zu nominieren und entschloss sich schließlich zu einem Boykott des ESC in Kiew.
Bei der Europäischen Rundfunkunion (EBU), die den ESC veranstaltet, sorgte das Hickhack für reichlich Verärgerung. So viel Verärgerung, dass sie nun mit einer Reihe Regeländerungen dafür sorgen will, dass sich ein ähnliches Szenario nicht wiederholt. So zitiert die vom Norddeutschen Rundfunk (NDR), der wiederum in Deutschland für den ESC verantwortlich zeichnet, betriebene Webseite "eurovision.de" aus einem dem Reglement neu hinzugefügten Abschnitt: "Der ESC ist eine unpolitische Veranstaltung. Alle teilnehmenden Rundfunkanstalten einschließlich der ausrichtenden Rundfunkanstalt haben dafür Sorge zu tragen, dass innerhalb ihrer jeweiligen Delegationen und Teams alle erforderlichen Schritte unternommen werden, um sicherzustellen, dass der ESC in keinem Fall politisiert und/oder instrumentalisiert wird."
Bis zum Entzug der Veranstaltung
Die Rundfunkanstalten hätten überdies dafür Sorge zu tragen, "dass Organisationen, Institutionen, politische oder sonstige Anliegen, Unternehmen, Marken, Produkte oder Dienstleistungen während der Veranstaltung weder direkt noch indirekt beworben, herausgestellt oder erwähnt werden", heißt es weiter. Bei Nichteinhaltung dieser Regeln drohe die Disqualifikation. Auch bei der Auswahl ihrer zum ESC entsandten Künstler nimmt die EBU die Rundfunkanstalten in die Pflicht. An ihnen liege es, sicherzustellen, dass "kein ausgewählter Teilnehmer und kein Delegationsmitglied aufgrund seines/ihres Vorlebens den Behörden des Gastgeberlandes Anlass dafür gibt, aufgrund nationaler Gesetze gegen ihn/sie ein Einreiseverbot zu verhängen".
Auch mit Blick auf die zeitlichen Verzögerungen bei der Vorbereitung des ESC in Kiew zieht die EBU Konsequenzen. So werde nun schriftlich eindeutig fixiert, dass der Gastgeber Deadlines und Anweisungen der EBU einzuhalten habe, berichtet "eurovision.de". Bei Verstößen drohe der Entzug der Veranstaltung - und die Vergabe an eine andere Rundfunkanstalt.
Schließlich wenden sich die ESC-Verantwortlichen auch den nationalen Jurys zu, denen oft vorgeworfen wird, nicht unvoreingenommen bei dem Wettbewerb abzustimmen. Ihnen soll im Reglement noch einmal klar gemacht werden, dass sie ihr ganzes berufliches Können und ihre Erfahrung einsetzen und Teilnehmer nicht etwa wegen Geschlecht oder Nationalität benachteiligen sollen. Wird das tatsächlich dazu führen, dass sich bestimmte Nachbarländer künftig nicht mehr die Punkte gegenseitig zuschieben? Wir sind gespannt …
Quelle: ntv.de, vpr