Altherrenwitz als Kult Warum Stefan Raabs Comeback unnötig ist


Entertainer Stefan Raab hat sich eigentlich vor Jahren aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückgezogen.
(Foto: Matthias Balk/dpa)
Seit einem ersten Instagram-Video am Karfreitag spekuliert halb Deutschland über ein Comeback von Stefan Raab. Inzwischen steht fest, dass er noch einmal gegen Regina Halmich in den Ring steigen wird. Hat der Show-Gigant diese kurzfristige Rückkehr ins Rampenlicht denn wirklich nötig?
Der Ostermontag fiel in diesem Jahr auf den 1. April, der neben allen warmen Feiertagsgefühlen ein paar mehr oder weniger gelungene Aprilscherze hervorbrachte. Während jeder bei Andi Scheuers Rücktrittverkündung darauf hoffte, es möge sich nicht bloß um einen Witz handeln, fieberten viele der am Karfreitag angedeuteten medialen Wiederauferstehung Stefan Raabs entgegen. Ersteres entpuppte sich als Wahrheit, letzteres leider auch. Leider? Ja, leider. Denn so wenig wie Andi Scheuer als Verkehrsminister für Deutschland getan hat, so wenig braucht es Stefan Raab 2024 wieder auf einer Showbühne. Schließlich hat sich die Welt weitergedreht.
Schon als er noch selbst sein Gesicht für "TV total" in die Kamera hielt, verlor Stefan Raab immer mehr den Anschluss. Seine an Arroganz grenzenden Dada-Moderationen, für die er sich weder auf seine Gäste noch deren Anliegen vorbereitete, waren wenig amüsant. Viele seiner Gags auf dem Niveau eines pubertierenden Incels, der seine Mitschüler mit Schwulenfeindlichkeit, Ableismus, Bodyshaming und Misogynie in die Therapie mobbt, wurden viel zu oft unreflektiert zum Kult erhoben. Mit Satire hatte das alles wenig zu tun. Längst zeigen Raabs einstige Sender-Kollegen Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt, dass man Fernsehen für die Generationen Y und Z machen kann, ohne dreckige Witze auf Kosten Schwächerer zu reißen.
Tot gerittene Show-Konzepte
Natürlich ist es Stefan Raab als Gründer der bis heute mitmischenden Produktionsfirma Brainpool nicht abzusprechen, dass er seinerzeit das Fernsehen revolutionierte. Ob "Wok WM", "Schlag den Star", "Stock Car Crash Challenge" oder "TV total" - in Sachen Show-Konzepte macht ihm so schnell niemand etwas vor. Dazu seine Verdienste rund um den Eurovision Song Contest (ESC). Immerhin war es seine Sendung "Unser Star für Oslo", die Lena Meyer-Landrut 2010 nach Norwegen schickte, wo sie den ersten Platz belegte. Etwas, das beim Blick auf die vergangenen ESC-Jahre geradezu unmöglich scheint.
Doch der Anspruch der Zuschauer ans Bewegtbild hat sich verändert. Die "Wok WM" 2023 war vor allem langatmig, das aber immerhin bei zufriedenstellender Quote. Die einmal wöchentlich ausgestrahlte "TV total"-Neuauflage mit Sebastian Pufpaff läuft dagegen eher unter dem Radar, dieses Raab-Pferd ist längst tot geritten.
Kurz nach seinem Abschied von Brainpool im Oktober 2023 gab der heute 57-jährige Raab zum Jahresstart die Gründung von Raab Entertainment bekannt. Die neue Firma "produziert Bewegtbild-Inhalte für alle Sender, Plattformen und Kunden, wir sind kreativ und hands-on. Wir entwickeln Konzepte und Ideen, die einzigartig sind", hieß es da. Inzwischen weiß man, dass während der anstehenden Fußball-Europameisterschaft das Format "Das RTL EM-Studio" unter der Raab-Entertainment-Flagge laufen wird. "Alle Spiele, Tore, Emotionen" täglich live moderiert von Jan Köppen und Raabs ehemaligem Showpraktikanten und langjähriger Allzweckwaffe Elton.
Langeweile oder Kalkül?
Als Mann im Hintergrund, der Strippen zieht und Medienschaffenden einen sicheren Arbeitsplatz bei hoffentlich fairer Bezahlung bietet, hat Stefan Raab also absolut seine Berechtigung. Warum aber ausgerechnet der Entertainer, der stets für seinen konsequenten Rückzug aus dem Rampenlicht gelobt wurde, nun wieder in eben dieses treten will, bleibt ein Mysterium.
Ist es Langeweile, die ihn am 14. September zum dritten Mal mit Regina Halmich in den Ring schickt? Gekränkte Eitelkeit, die 17 Jahre nach der letzten Niederlage noch immer an ihm nagt? Oder lässt sich Raab einfach gern von einer Profiboxerin vermöbeln? Beim letzten Kampf war er noch Anfang 40, jetzt geht Raab stramm auf die 60 zu. "The Final Fight" in Düsseldorf könnte also ähnlich ablaufen wie die zwei vorangegangenen Begegnungen mit Halmich, womit dem Zuschauer zumindest ein deutlich kürzerer Abend als die viereinhalbstündige "Wok WM" vergönnt wäre. Ob ein Sender und welcher dann das Ganze überträgt, ist derzeit übrigens noch offen.
Quelle: ntv.de