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Tag 3 im Gil-Ofarim-Prozess Zeuge: "Ich bin alles, aber kein Antisemit"

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Bislang erhalten seine Aussagen vor Gericht wenig Unterstützung: Gil Ofarim.

Bislang erhalten seine Aussagen vor Gericht wenig Unterstützung: Gil Ofarim.

(Foto: IMAGO/Christian Grube)

Vor dem Leipziger Landgericht wird der Prozess gegen Gil Ofarim mit diversen Zeugenaussagen fortgesetzt. Abermals bekommt der Sänger, der behauptet, in einem Hotel antisemitisch beleidigt worden zu sein, keine Rückendeckung für seine Version. Ein Zeuge ist sogar regelrecht empört.

Am Dienstag ist vor dem Leipziger Landgericht der dritte Tag im Prozess gegen Gil Ofarim zu Ende gegangen. Dem Sänger wird unter anderem Verleumdung und falsche Verdächtigung vorgeworfen. Der 41-Jährige hatte im Oktober 2021 in einem viral gegangenen Video behauptet, in einem Leipziger Hotel von einem Angestellten antisemitisch beleidigt worden zu sein. Die Staatsanwaltschaft fand für seine Darstellung der Ereignisse jedoch keine Belege - und klagte den Sänger an.

Bereits beim Prozessauftakt vergangene Woche waren vor Gericht verschiedene Zeugen zu Wort gekommen. Während Ofarim selbst zunächst keine Aussage machen wollte, schilderten Angestellte und Hotelgäste ihre Wahrnehmung des Vorfalls vor rund zwei Jahren. Schon die ersten Zeugen widersprachen im Wesentlichen der Darstellung Ofarims. An eine Kette mit Davidstern, wie sie der Musiker an dem Abend im Hotel um den Hals getragen haben will, wollte sich nur einer der Befragten erinnern. Den Satz "Pack deinen Stern ein", mit dem Ofarim nach eigener Aussage von einem Hotelmitarbeiter antisemitisch angefeindet worden sein soll, hatte indes niemand vernommen.

Die Zeugenbefragungen am dritten Prozesstag ergaben nach Berichten von RTL und "Focus" ein ähnliches Bild. Der Medienandrang sei dabei nach wie vor groß gewesen, meldet RTL. Ofarim habe - mit seiner Davidstern-Kette - gegen 9 Uhr den Verhandlungssaal betreten. Dabei habe er ruhiger gewirkt als vergangene Woche. Kurz darauf sei die Sitzung eröffnet worden - mit einer Überraschung.

Unbekannter Zeuge meldet sich

So erklärte die Staatsanwaltschaft, sie habe am Vorabend einen Anruf von einem bis dato unbekannten Zeugen erhalten. Dieser habe erklärt, auch er sei an dem fraglichen Abend in dem Leipziger Hotel gewesen und habe dabei "keine Beleidigung" Ofarims durch Hotelangestellte mitbekommen. Damit schloss er sich einer Reihe weiterer Zeugen an, die bislang vor dem Leipziger Landgericht ähnlich aussagten.

"Focus" zufolge wurde am dritten Prozesstag ein halbes Dutzend Hotelgäste befragt, die im Oktober 2021 zusammen mit Ofarim an der Hotelrezeption in der Schlange gestanden hatten. Der einhellige Tenor: Den Satz "Pack deinen Stern ein" will keiner der Zeugen vernommen haben. Auch an die Kette mit dem Davidstern um Ofarims Hals hat keiner der Befragten eine Erinnerung. Stattdessen wurde dem Musiker in mehreren Aussagen ein aufbrausendes Verhalten attestiert, nachdem es beim Einchecken in dem Hotel zu Verzögerungen und zur Bevorzugung einiger Stammgäste gekommen war.

Ein Zeuge erklärte, er habe Ausdrücke wie "Scheiß Hotel!" oder "Scheiß Service!" aus Ofarims Mund vernommen. Er ergänzte: "Herr Ofarim war auf 180! Der Hotelmanager war ganz ruhig." Der, wie "Focus" schreibt, 58-jährige Flugbetriebsingenieur sorgte zudem für Aufsehen, indem er sich vehement zur Wehr setzte, als Ofarims Anwälte ihn in die Mangel zu nehmen versuchten. "Wenn ich etwas mitbekommen hätte in Richtung eines antisemitischen Vorfalls, wäre ich sofort eingeschritten. Das geht gar nicht", wird der Mann zitiert. Für ihn gebe es "nichts Schlimmeres als den Holocaust".

Verteidigung zielt auf die Glaubwürdigkeit

Ofarims Verteidigung bemüht sich in dem Verfahren nicht zuletzt darum, die Glaubwürdigkeit von Zeugen in Zweifel zu ziehen, die sich zuvor bereits im Rahmen einer internen Untersuchung des Hotels zu den Geschehnissen im Oktober 2021 geäußert hatten. Dem Angestellten, von dem der Musiker antisemitisch beleidigt worden sein will, wirft sie Widersprüche in seinen Aussagen vor. So habe dieser früher angegeben, Gil Ofarim vor dessen Ankunft in dem Hotel gegoogelt zu haben, später jedoch erklärt, nicht gewusst zu haben, mit wem er es zu tun hatte. Dem Flugbetriebsingenieur hielt sie vor, er habe während der internen Hotel-Untersuchung gefragt, ob Ofarims Aussagen nicht eine Art "Volksverhetzung" seien. "Nach meinem Gefühl ist das das Gleiche, als wenn ich sagen würde, 'Alle Juden müssen vergast werden'", soll er zudem laut Protokoll geäußert haben. Darauf von Ofarims Anwälten vor Gericht angesprochen, reagierte der Mann laut "Focus" erbost: "Ich bin alles, aber kein Antisemit."

Der Prozess gegen Gil Ofarim wird am Mittwoch fortgesetzt. Er soll bis 7. Dezember abgeschlossen sein. Im Falle einer Verurteilung reicht der Spielraum von einer Geldstrafe bis hin zu fünf Jahren Haft. Solange der Sänger nicht rechtskräftig verurteilt ist, gilt für ihn die Unschuldsvermutung.

Quelle: ntv.de, vpr

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