Unentschlossen, ledig, sucht "Tinderella" sammelt Männer per App
10.04.2016, 08:50 Uhr
Autorin Nina Ponath verliebte sich per Tinder.
(Foto: Judith Haentjes )
Nur Pumper und Selfie-Girls - so muss es einem vorkommen, falls man Paarungspläne per Dating-App verfolgt. Nina Ponath hat das getan und zwischen all den Irren und Verzweifelten doch die Liebe gefunden. Darüber hat sie ein Buch geschrieben.
"Dating ist irgendwie nicht mehr so das Wahre", findet Nina Ponath. Ob das förmliche Abtasten jemals irgendeinen gesteigerten Spaßfaktor hatte, sei mal dahin gestellt. Man muss sich halt kennenlernen. Und weil das auch Ponath einsieht genauso wie die fragwürdige Tauglichkeit von "Willst du mit mir gehen?"-Zettelchen außerhalb von Grundschulklassenzimmern, hat sie es mit Tinder versucht.
Tinder ist eine Dating-App, genau genommen so etwas wie das Cool Kid unter den Kuppelprogrammen. Ponath hat es ausprobiert, die Liebe gefunden und ein Buch darüber geschrieben. Wer sich selbst noch nicht ausreichend mit müden "Na, wie geht's"- oder verstörenden "Na, ficken?"-Gesprächen versorgt hat oder eine liebe Person kennt, die gleich den gesamten Freundeskreis mit pikanten Tinder-Details bereichert, der schnappe sich "Tinderella".
"Viele Frösche musst du küssen"
So wie der einstige Jugendwort-Anwärter heißt Ponaths Buch. Das ist kein literarisches Highlight und eher was für die träge Zeit nach einigen Stunden in der prallen Sonne, stellenweise aber tatsächlich ein kleines Vergnügen.
"Viele Frösche musst du küssen", heißt es bereits im Buchtitel. An dieser Stelle sei angemerkt, dass sich Ponath in ihrer Einleitung bemüht, zu betonen, dass es sich hier keinesfalls um ein autobiografisches Werk handelt. Geschenkt. Ihre Dating-Queen heißt ebenfalls Nina und erfreut sich optisch einiger Überschneidungen mit der Autorin. Ninas Herzbube heißt Jannik, doch das wissen die beiden zu Beginn des Romans noch nicht. Deswegen werden ihre amourösen Aktionen parallel zueinander erzählt - der Herr bekommt Kursivschrift.
So viel sei schon mal verraten: Weder Nina noch Jannik liegen in der Dating-Lotterie so richtig weit vorne. Sie trifft Herrn Eitel, der nur Paleo isst, oder einen Dauerstudenten mit Aknenarben, er eine esoterische Klette und eine Küchenpsychologin, die Männer nach den Kategorien "Kette", "Aquarium" und "Käfig" sortiert. Das mittelfristige Fazit von "Tinderella": Alles Spinner außer ich.
Wie "Resteficken in der Disco"
"It's like real life, only better", verspricht Tinder selbst und versäumt dabei zu erwähnen, dass die Partnersuche sich im echten Leben bereits derart entwürdigend gestalten kann, dass "better" nicht ausreichen könnte. "Da kann man doch auch einfach so bis zum Resteficken in der Disco bleiben, ehrlich wahr", überlegt sich Roman-Nina. Und irgendwie hat sie da recht.
So selten, wie man in den Morgenstunden an der Bar über Mr. oder Mrs. Sexy stolpert, tut man das auch beim Online-Dating. Das ist aber nicht der Stoff, aus dem die Liebesgeschichten sind. Weil Autorin Ponath im echten Leben der Zufall geküsst hat, muss ein schicksalhaftes Happy End her. Wer den Klappentext von "Tinderella" wenigstens überflogen hat, muss ahnen, was kommt: Jannik, einer von vielen Tinder-Matches, ist schließlich der eine. Mit ihm verliert die Geschichte ihren schnoddrigen Charme.
In den besseren Momenten ist "Tinderella" wie ein Gespräch mit der besten Freundin: oft etwas hohl, aber meistens angenehm wohlig. Man prostet sich so zu in Anbetracht der eigenen, bedauernswerten Existenz. Das kann auch etwas Befreiendes haben. Indem Ponath jedoch die Absurdität von Sex-Vermittlung für Liebessuchende mit der "Ausnahmen bestätigen die Regel"-Formel romantischer Kinokomödien auflöst, entlarvt sie die Banalität von "Tinderella". Wehe all denen, die sich nach der Lektüre auf der Suche nach Prince oder Princess Charming die Finger wund zu tindern.
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Quelle: ntv.de