
Gute "Mädchen" kommen in den Himmel, böse "Mädchen" überall hin? Auf jeden Fall.
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Zwei Hammer-Weiber auf dem Weg in ihr persönliches Waterloo - nebenbei bringen sie Kate Moss um und stellen den Fashion-Zirkus auf den Kopf. Vor allem aber zieht der Kinofilm "Absolutely Fabulous" ihn britisch-böse durch den Kakao.

Joanna Lumley als Patsy (l) und Jennifer Saunders als Eddy in einer typischen Situation ...
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Trashig, relativ geschmacklos aber teuer angezogen und auf jeden Fall immer eine Kippe zwischen den abgebrochenen Fingernägeln und einen Drink in der anderen Hand: Das sind Eddy (Jennifer Saunders) und Patsy (Joanna Lumley), zwei Endfünfzigerinnen (Mittfünfzigerinnen?? Oder doch "forever thirtynine"??), die ihr Alter nie zugeben würden, die ständig pleite sind und trotzdem immer da abhängen, wo es hip ist. Denn Eddy und Patsy strahlen auch in fortgeschrittenem Alter noch Glanz und Glamour aus und genießen das gehobene Leben, das sie gewöhnt sind: sie shoppen, trinken und feiern an Londons angesagtesten Hotspots, als gäbe es kein "morgen" - dabei ist für die beiden Ladys längst "morgen". Und als man sie beschuldigt, bei einer wahnsinnig eleganten Eröffnungsparty für einen großen Eklat verantwortlich zu sein, sehen sie sich einem Mediensturm - den man getrost als Shitstorm bezeichnen darf - ausgesetzt und werden schonungslos von Paparazzi verfolgt.
Sie fliehen mittellos auf die glamouröse Spielwiese der Superreichen an die Französische Riviera, wo sie einen Plan aushecken, um dort ihr gehobenes Leben in alle Ewigkeit weiter leben zu können! Der Plan - einen alten Liebhaber zum Heiraten zu überreden - zeigt, wie die beiden sich selbst sehen: Für sie ist die Zeit quasi stehen geblieben, als wären sie noch immer die jungen knackigen Dinger, denen jeder Gockel an der Côte d'Azur hinterherrennen würde. Das Erkennen der Wahrheit ist dann umso bitterer.

Kate Moss (r) mit Anna Wintour (die nicht mitspielt, weil sie ja schließlich ihren "eigenen" Film hat: "Der Teufel trägt Prada".)
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Dieser Film, der aus der gleichnamigen, britischen Erfolgsserie entspringt, wird den Zuschauer intellektuell nicht allzu sehr fordern, denn es geht überwiegend darum, diese beiden hysterischen, genialen Frauen dabei zu beobachten, wie sie auf Kundenfang sind, wie sie Kate Moss in der Themse versenken, wie sie es immer wieder schaffen, ihr Luxusleben mit nix auf dem Konto fortzusetzen, und wie sie auf ihren viel zu hohen Schuhen von einem Fettnäppfchen ins nächste stolpern.
Herz, Absatz, alles irgendwie gebrochen
Sie kreuzen dabei die Wege so ziemlich jeder angesagten Person Londons, sie legen sich mit Designern an, quatschen It-Girls an die Wand, vernachlässigen Familie und Freunde und sind von solcher Egozentrik, dass es die reine Freude ist, den beiden dabei zuzusehen. Das liegt vor allem an den beiden Hauptprotagonistinnen, an den vielen Cameo-Auftritten wahrer Berühmtheiten (wie Stella McCarney, Alexa Chung, Kate Moss, Sadie Frost, Poppy Delevingne, Suzy Menkes und vielen anderen), aber auch daran, dass dieser Mode-Film sich absolut nicht ernst nimmt.
Und nur so sollte Mode auch funktionieren! Und vor allem Filme darüber. Exzentrik ist wohl das Zauberwort, das auf diese Art und Weise nur Briten zu beherrschen scheinen, und diese gewisse Portion von Selbstverarschung, bei der eine Frau ganz genau weiß, dass sie schlimm in dem Rock von hinten aussieht, sich es aber so sehr in den Kopf gesetzt hat, ihn zu tragen, dass sie es dann auch konsequent tut. Diese "Mir doch egal"-Attitüde ist so grundsympathisch, dass man über den einen oder anderen dann doch zu flach geratenen Kalauer milde hinweglächeln kann. Ein Gläschen Sekt in der Hand kann übrigens nicht schaden bei diesem Kinobesuch.
Warum ist dieser Modefilm dann trotzdem besser als viele andere? Wie die missglückte Neuauflage von "Zoolander", der irgendwie hölzerne Altman-Klassiker "Prêt-à-Porter" oder das durchaus gesellschaftskritische Stück "Neon Demon" von Nicolas Winding Refn? Weil der bereits erwähnte Humor fehlte, deswegen. In den Figuren Eddy und Patsy kann man sich, wenn man denn möchte, wiedererkennen: Sind wir nicht alle immer auf der Jagd nach ein bisschen mehr Glamour in unserem Leben? Und sehen wir dabei nicht alle manchmal so aus, als hätten wir uns im Dunkeln angezogen, mit abgebrochenem Absatz und gebrochenem Herzen?
"Absolutely Fabulous" startet am 8. September in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de