Kino

Das Trash-Fest "The Fantastic Four" Als die Superhelden im Giftschrank landeten

1992 produziert Bernd Eichinger zusammen mit B-Film-Ikone Roger Corman eine Verfilmung des Comics "The Fantastic Four". Der Superhelden-Film wird abgedreht, beworben - kommt aber nie in die Kinos. Was ist passiert?

Die "Fantastic Four" kommen wieder in die Kinos. Jene Superhelden, die 1961 den Ruhm des Marvel-Verlages begründeten und lange dessen Aushängeschild waren. Es ist eine Neuauflage, denn bereits 2005 und 2007 waren die Fantastischen Vier auf der großen Leinwand zu sehen: mit Jessica Alba und dem heutigen "Captain America" Chris Evans.

Was jedoch nur wenige wissen: Auch diese beiden Streifen waren nicht die ersten Verfilmungen des Comics. Bereits in den 1990er-Jahren wurde mit "The Fantastic Four" eine Adaption abgedreht. Es gab Werbung, einen Trailer, sogar einen Starttermin - doch der Film kam nie in die Kinos. Bis heute wird spekuliert, warum der Film über Nacht im Giftschrank landete.

Frühzeitig die Rechte gesichert

Die ganze Wahrheit wird vielleicht nie herauskommen, denn eine der Hauptfiguren ist bereits tot: Produzent Bernd Eichinger starb 2011. Dieser hatte Mitte der 80er-Jahre von Marvel die Filmrechte an den "Fantastic Four" erworben. Er bewies ein gutes Gespür zu einer Zeit, als Comicverfilmungen noch rar waren und selbst Michael Keaton noch nicht das Batman-Kostüm übergestreift hatte. Lange blieben Eichingers Pläne jedoch liegen, weil er die anvisierten 30 bis 40 Millionen Dollar nicht auftreiben konnte.

Der Vertrag mit Marvel hatte jedoch einen Haken: Würden bis Ende 1992 die Dreharbeiten nicht beginnen, fielen die Rechte zurück an den Verlag. So kontaktierte Eichinger im Herbst 1992 den Filmemacher Roger Corman, der berühmt war für seine billigen, schnell gedrehten B-Filme. Corman sollte für etwa 1,4 Millionen Dollar einen "Fantastic Four"-Film produzieren. So starteten am 28. Dezember die Dreharbeiten unter der Regie von Oley Sassone - drei Tage, bevor die Rechte erloschen wären. Nach wenig mehr als 20 Tagen war der Dreh vorbei.

"Wir nahmen den Film als ernsthafte Herausforderung wahr", erzählte Corman rückblickend in einem Interview. Es sei der Versuch gewesen, etwas Neues zu schaffen. Freilich mit Kompromissen, denn das Budget war viel geringer als geplant. So versprühen Kostüme, Bauten und futuristische Maschinenattrappen ein seliges B-Film-Gefühl. Hinzu kommen - wie man im Trailer sieht - trashige Spezialeffekte aus einer Zeit, als Actionfilme noch nicht durchdigitalisiert waren.

Die Hauptrollen wurden von eher unbekannte Darstellern übernommen. Doch die waren mit Begeisterung bei der Sache, engagierten sich sogar privat für die Promotion des Films, der schließlich im Januar 1994 anlaufen sollte. Kurz vor Weihnachten 1993 wurde jedoch bekannt, dass der Film doch nicht ins Kino kommen würde. Schauspieler und Crew fühlten sich wie vor den Kopf gestoßen.

Von Anfang an geplant?

Über die Gründe wird bis heute spekuliert. 2005 etwa, als endlich doch noch ein "Fantastic Four"-Film in die Kinos kam, sagte Marvel-Ikone Stan Lee dem Magazin der "Los Angeles Times": "Diesen Film sollte von Anfang an niemand zu Gesicht bekommen." Demnach wollte Eichinger einen möglichst billigen Film drehen, nur um die Rechte an dem Stoff nicht zu verlieren. Zudem warf Lee dem Produzenten vor, Schauspieler und Crew getäuscht zu haben, weil er sie nicht darüber informierte.

Die Argumentation von Lee wird seither oft kolportiert und gilt vielen als akzeptable Erklärung. Eichinger allerdings hat ihm widersprochen. "Wir hatten nie vor, einen B-Film aus dem Stoff zu machen", sagte der Deutsche dem "LA Times Magazin". "Aber als der Film fertiggestellt war, wollten wir ihn auch herausbringen." Dafür spricht, dass ein Trailer für den Film produziert wurde, der auch auf Comicmessen gezeigt wurde und für Begeisterung bei den Fans sorgte.

Laut Eichinger hatte der Rückzug andere Gründe. Er erwähnte einen Anruf des damaligen Marvel-Chefs Avi Arad. Dieser habe den Film und die Anstrengungen der Beteiligten gelobt, Eichinger jedoch einen Deal angeboten: Für mehrere Millionen Dollar kaufte er dem Produzenten den Film ab und ließ alle Kopien zerstören. Laut Eichinger wollte Arad verhindern, dass ein Billigfilm den Ruf des Franchises ramponiert. Kein Wunder: Es war Arad, der wenig später Marvel zu einem Filmstudio für gigantische und erfolgreiche Actionfilme umbaute.

Doku will das Geheimnis lüften

Welche Version um das Rätsel von "The Fantastic Four" nun stimmt, ist unklar. Fest steht aber, dass der Film seit seinem Nicht-Erscheinen regelmäßig Thema bei Comicfans und auf Comicmessen ist, wo mitunter Raubkopien gehandelt werden, die dann bei Youtube auftauchen. Bei Fans von B-Filmen und Superhelden erlangte er so einen gewissen Kultstatus, auch weil er keinesfalls so schlecht ist, wie man befürchten könnte. Mit dem Dokumentarfilm "Doomed" haben sich kürzlich sogar einige Fans daran gemacht, das Geheimnis um den versenkten Film zu lüften.

Doch auch wenn der Streifen nie erschien: Eichinger behielt die Rechte an dem Stoff. Es dauerte mehr als zehn Jahre, bis er 2005 einen neuen Streifen mit den vier Superhelden und ihrem Erzfeind Dr. Doom realisierte: "Fantastic Four" lief 2005 an und zog die Fortsetzung "Fantastic Four: Rise of the Silver Surfer" nach sich. Wenn nun eine weitere Version des Stoffs in die Kinos kommt, ist dies nicht nur ein Neustart mit neuer Besetzung. "The Fantastic Four" trägt auch den Titel jenes Streifens, der noch immer im Giftschrank liegt.

Quelle: ntv.de

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