Komödie "Good Fortune" Degradierter Schutzengel kämpft gegen das System


Manchmal hilft ein Perspektivwechsel, um zu erkennen, worauf es wirklich ankommt im Leben. Gabriel (Keanu Reeves, l.) möchte Arj (Aziz Ansari) diesen Wechsel ermöglichen.
(Foto: Leonine Studios)
In Aziz Ansaris "Good Fortune" treffen zwei Männer aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten - zumindest, was ihren Kontostand angeht. Zwischen den beiden Lebenswelten vermitteln will Keanu Reeves als naiver Engel, der damit ganz klar seine Kompetenzen überschreitet.
Nicht nur in Deutschland geht die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander. Gerade in den USA kann man diesen von machtgeilen Politikern und Tech-Milliardären initiierten "Trend" schon lange beobachten. Dem widmet sich nun eine Komödie von und mit Aziz Ansari, in der in Los Angeles zwei Menschen sehr unterschiedlicher Gehaltsklassen erst aufeinander und dann auf Überirdisches treffen. Der Originaltitel des Films lautet "Good Fortune", doch der muss in Deutschland - natürlich - durch ein knackiges "Ein ganz spezieller Schutzengel" unbedingt noch ergänzt werden.
Auf der einen, weniger sonnigen Seite der Millionenmetropole steht Arj (Aziz Ansari), der eigentlich nach L.A. gekommen ist, um erfolgreicher Dokumentarfilmer zu werden. Stattdessen hat er seine Wohnung verloren, schläft jetzt im Auto und hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Sehr knapp über Wasser, denn er bekommt seine Aufträge über eine App, bei der Leute mit Geld Leute ohne Geld buchen, damit sie sich für wenig Geld irgendwo für sie anstellen oder sonst welche niederen Arbeiten übernehmen.
Bezahlt wird nach Zufriedenheit und einem inhumanen Bewertungssystem. Für das Aufräumen einer seiner Garagen nutzt auch Tech-Investor Jeff (Seth Rogen) diese Option, und so fährt Arj wenig später in seiner klapprigen Schrottkarre vor Jeffs Luxusbungalow in den Hollywood Hills vor.
Keanu Reeves ohne Flügel und Kompetenzen
Dass Arj überhaupt noch lebend irgendwo ankommt, ist Schutzengel Gabriel (Keanu Reeves) zu verdanken. Dessen Job ist es, durch die Nutzung von Handys am Steuer verursachte Unfälle zu verhindern, indem er den Texte Tippenden kurz vor dem Crash noch rechtzeitig auf die Schulter tippt. Ein wichtiger, aber nicht der spannendste Job für einen Schutzengel, und so schielt Gabriel immer wieder neidisch auf Kollegen mit größeren Flügeln und noch größeren Aufgaben.
Arj kann Jeff derweil durch gute Arbeit zunächst davon überzeugen, ihn als persönlichen Assistenten einzustellen. Doch er ist gleich wieder gefeuert, als er mit seiner neuen Firmenkreditkarte ein Abendessen für sich und seinen Crush Elena (Keke Palmer) bezahlt. Als dann auch noch sein Auto und damit seine Schlafstätte wegen nicht bezahlter Strafzettel abgeschleppt wird, ist Arj endgültig ganz unten angekommen.
Gabriel aber sieht darin seine Chance für einen Aufstieg in der Engelhierachie gekommen. Er glaubt, in Arj eine "verlorene Seele" zu erkennen, die es zu retten gilt. Also überschreitet er, entgegen der Ansage seiner Chefin Martha (Sandra Oh), sämtliche Kompetenzen und unterbreitet Arj ein unmoralisches Angebot: Er kann sein Leben mit dem von Jeff tauschen - zumindest für eine Weile. Was als Lektion für Arj gedacht ist, wird ebenso eine für Jeff wie für den daraufhin von Martha suspendierten und fortan flügellosen Gabriel.
Buddy-Komödie mit sanfter Sozialkritik
Während Arj in seiner neuen Rolle als reicher Sack zunächst voll aufgeht, will Jeff seinem Leben als Minijobber so schnell wie möglich entkommen. Vor allem, als er checkt, wie er dort gelandet ist und dass die Villa, in der es sich Arj gutgehen lässt, eigentlich ihm gehört. Der recht naive und etwas töpelhafte Gabriel muss sich derweil als Tellerwäscher durchschlagen und entdeckt neben menschlichen Abgründen auch weltliche Gelüste wie jene nach Fast Food, Alkohol und Zigaretten. All das lenkt ihn von seiner eigentlichen Aufgabe ab: Die Dinge rund um Arj und Jeff wieder in Ordnung und beide zurück in ihre Leben zu bringen.

Stecken gemeinsam in der Klemmen: Gabriel (Reeves), Jeff (Rogan) und Arj (Ansari, v.l.).
(Foto: Leonine Studios)
Dass der Kapitalismus oft die Menschlichkeit kostet, ist keine neue Erkenntnis und bereits Prämisse zahlreicher anderer Filme gewesen. In "Good Fortune" bedarf es eines - etwas zu unbedarften - Engels, um Brücken zwischen Arm und Reich zu bauen und eine Versöhnlichkeit zu schaffen, die man in der Realität eher selten findet. Die Erkenntnis, dass Reichtum allein auch nicht glücklich macht, ist sicher nicht neu und damit an dieser Stelle wohl auch kein Spoiler. Aber Geld macht schon vieles im Leben leichter - vor allem das Leben selbst, und daran ändert auch ein Gabriel nichts.
Eine wirkliche Lösung für den Klassenkampf bietet der Film "Good Fortune" dementsprechend also nicht, aber das ist ja auch gar nicht seine Aufgabe. Stattdessen gibt es beste Unterhaltung mit anrührenden Figuren, pointierten Gags und einigen sehr emotionalen Momenten, was den Film zur Buddy-Komödie mit vorhersehbarer Sozialkritik macht. Ein männerlastiges Feel-Good-Movie, das einen zwar nicht schlauer, aber dafür ein bisschen beseelter nach 98 Minuten wieder in die bittere Wirklichkeit entlässt.
"Good Fortune" läuft ab sofort in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de