"Erzähle auch von Hämorrhoiden" Robbie Williams wird zum Affen
01.01.2025, 15:21 Uhr Artikel anhören
Ja, das ist Robbie - Szene aus "Better Man".
(Foto: IMAGO/ZUMA Press)
Mit "Better Man" kommt ein Biopic über Robbie Williams in die Kinos. Darin wird der britische Popstar doch tatsächlich von einem Schimpansen dargestellt - ein höchst sehenswerter und emotionaler Film, auch für Nicht-Fans.
Robbie Williams war schon immer für eine Überraschung gut. Mit seinem neuen Biopic bleibt er seiner Linie treu, denn der Brite hat nicht einfach bloß einen Film über sein Leben gemacht. "Better Man - Die Robbie Williams Story" heißt der Streifen, der am 2. Januar in die deutschen Kinos kommt - und Williams wird darin von einem Affen gespielt.
"Ich bin exzentrisch, und Regisseur Michael Gracey ist es auch", erklärt Williams. "Wir wollten auf keinen Fall etwas machen, das einfach ist. Biopics gibt es so viele. Wir brauchten einen kreativen Aufhänger, der die Leute zum Reden bringt - und der Affe bringt die Leute zum Reden!"
Doch der Reihe nach. Michael Gracey, der seine Karriere als Visual-Effects-Spezialist begann, sorgte 2017 mit seinem Regiedebüt "The Greatest Showman" für Aufsehen. Noch während er an dem Film arbeitete, lernte er Williams auf einer Party seines Anwalts kennen, und die beiden wurden Freunde. "Wann immer ich ihn in Los Angeles besuchte, quatschten wir einfach", so Gracey. "Ich liebte Robs Geschichten und vor allem, wie er sie erzählte. Und wenn man als Filmemacher Leute trifft, die man super findet, drückt man irgendwann den Aufnahmebutton am Telefon."
"Bin der, der wie ein Affe tanzt"
Eines Tages entstand die Idee, aus Williams' Leben einen Film zu machen. Und weil Williams in seinen Erzählungen immer wieder Sätze wie "Ich bin der, der wie ein Affe tanzt" sagte, schlug Gracey vor, ihn als Schimpansen darzustellen. Williams war sofort Feuer und Flamme - aber das sahen nicht alle so. "Es war sehr schwer, Leute davon zu überzeugen, den Film zu finanzieren und ihn an ein Studio zu verkaufen. Aber das ist es, was die Magie des Films ausmacht", so Gracey weiter. "Oft haben wir mehr Empathie für Tiere als für Menschen. Das ist traurig, aber wahr. Wenn wir ein Tier leiden sehen, leiden wir mit. In 'Better Man' gibt es Szenen, die sehr schwer anzusehen sind, aber der Zuschauer entwickelt diese Verbindung mit diesem kleinen Affen und seiner Reise."
Erzählt wird Williams' Lebensgeschichte in "Better Man" aus seiner Perspektive. Dabei sind einige der Voice Overs tatsächlich die Originalaufnahmen, die Gracey in Williams' Haus mitschnitt.
Der Film beginnt in Williams' Kindheit im britischen Stoke-on-Trent: Williams ist noch klein, als sein Vater, selbst Entertainer, die Familie für das Showbiz verlässt. In Williams hinterlässt das ein großes Loch. Als er mit 15 für die Boyband Take That gecastet wird, scheint sein größter Traum in Erfüllung zu gehen, doch Williams ist von Selbstzweifeln geplagt. Er tanzt immer wieder aus der Reihe und muss die Band verlassen, wird drogensüchtig und zerstört die Beziehung zu seiner Lebensgefährtin Nicole Appleton.
Gary Barlow rief an
Als Solokünstler wird er zeitgleich zu einem der größten Popstars. Vor seinen legendären Konzerten in Knebworth - mit 375.000 Besuchern das bis dato größte Ereignis in der britischen Popgeschichte - muss er sich schließlich seinen Dämonen stellen.
Das ist alles nicht neu, Williams' Geschichte ist allgemein bekannt. Allerdings wird sie in "Better Man" in 134 Minuten mit einer so entwaffnenden Ehrlichkeit erzählt, dass es einem oft die Tränen in die Augen treibt. Der Film hat, wie Williams es formuliert, keine Filter. "Diese Grenzen, was man erzählt und was man lieber für sich behält, sehe ich nicht. Ich erzähle den Leuten auch von meinen Hämorrhoiden", sagt er.
Und trotzdem: Die Vorstellung, dass sein Vater, Ex-Take-That-Kollege Gary Barlow oder Nicole Appleton diese schonungslosen Bilder sehen, muss für Williams angsteinflößend sein. "Nicky ist ein Engel und mir war wichtig, dass sie uns die Erlaubnis gab, unsere Geschichte zu erzählen. Gary Barlow rief mich, nachdem er das Script gelesen hatte, an und meinte: 'Rob, ich komme schlimmer rüber als Darth Vader im ersten Star Wars Film.' Ich will Gary nicht traurig machen, aber ich muss meine Geschichte erzählen. Und wir waren eben damals beide nicht besonders nett zueinander", so Williams.
"Eine menschliche Geschichte"
"Und mein Vater… das ist wirklich hart", ergänzt er. "Er ist ein sehr charismatischer und liebenswerter Mensch. Um die Geschichte des Films zu erzählen, mussten wir diese eindimensionale Version von ihm zeigen. War alles genauso wie im Film? Nein. Fühlte es sich so an? Ja. Ist das Trauma und der Schmerz meiner Kindheit authentisch? Ja. Will ich, dass mein Vater den Film sieht? Nein."
"Better Man" ist aber keineswegs nur ein Trauerspiel. So dramatisch der Film in manchen Momenten ist, so unterhaltsam und lustig ist er in anderen. Großartig sind die Szenen, in denen Take That zu Beginn ihrer Karriere in Lack und Leder die Schwulenclubs zum Ausrasten bringen. Oder die auf der Londoner Regent Street gefilmte Tanzszene mit 500 Komparsen.
Am Ende ist "Better Man" deshalb auch für Menschen, die keine erklärten Robbie-Williams-Fans sind, höchst sehenswert. In Williams Worten: "Egal, ob man berühmt ist oder nicht - das hier ist eine menschliche Geschichte: Die Leute finden sich darin wieder, weil sie den Schmerz kennen."
Sieben Jahre Produktion
Dass der Protagonist des Films ein computergenerierter Affe ist, hat man dabei nach wenigen Minuten vergessen. Das liegt natürlich auch daran, dass er so brillant umgesetzt ist. Er hat nicht nur Williams Augen, sondern auch seine Tattoos. Außerdem studierte Schauspieler Jonno Davis, der Williams in dem Film darstellt, seine Bewegungen und Moves eins zu eins ein. Mithilfe eines Motion-Capture-Anzugs wurde aus Davies dann ein Affe.
Verantwortlich dafür war Weta FX - jenes Unternehmen für visuelle Effekte, das mit "Der Herr der Ringe" bekannt wurde und sich dank Peter Jacksons "King Kong" und "Planet der Affen" mit Affen bereits bestens auskennt. Nicht umsonst ist "Better Man" für die visuellen Effekte gerade auf der Shortlist für den Oscar gelandet.
Von der ersten Idee bis zum Kinostart von "Better Man" sind übrigens sieben Jahre vergangen. Williams, der auch als Executive Producer fungiert, hat den Film unlängst sogar als wichtigstes Projekt seiner Karriere bezeichnet. Nicht zuletzt auch, weil er ihm vielleicht doch noch den Durchbruch in Amerika ermöglichen könnte, der ihm bisher verwehrt blieb.
"Es ist super aufregend, aber auch etwas beängstigend", sagt er. "Denn es besteht die Chance, dass ich eine Omnipräsenz erleben könnte, die mich mental schon einmal krank gemacht hat. Oder: Die eine mental kranke Person noch kränker machte. Der Kummer, dass ich aus meiner unglaublich erfolgreichen Solokarriere damals nichts ziehen konnte außer Traurigkeit, war tiefgreifend. Aber inzwischen bin ich glücklich und geerdet. Ich habe eine Frau und Kinder. Und ich bin hoffnungsvoll, dass ich etwas auf diesem Level noch einmal erleben werde - aber dieses Mal als jemand, der sich besser kennt und an sich gearbeitet hat."
"Better Man" läuft ab dem 2. Januar in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de