Komödie von Sönke Wortmann Über die Kunst des "Contra"-Gebens
27.10.2021, 15:19 Uhr
Professor Pohl (Christoph Maria Herbst) und Naima (Nilam Farooq) müssen zusammenarbeiten, ob sie wollen oder nicht.
(Foto: Constantin Film Verleih GmbH)
In "Contra" nimmt ein Rhetorik-Professor notgedrungen eine junge Jurastudentin unter seine Fittiche. Sönke Wortmanns Komödie plädiert für eine bessere Debattenkultur und kommt trotz Corona bedingter Verspätung zur richtigen Zeit.
Selten hatte man das Gefühl, dass die Gesellschaft gespaltener war als jetzt. Kaum noch finden echte Diskussionen statt, die Fronten sind bei vielen Themen auf allen Seiten verhärtet. Schuld daran sind auch oder vor allem die sozialen Medien, aus denen sich "Contra"-Hauptdarsteller Christoph Maria Herbst seit jeher heraushält. Wie auch die von ihm gespielte Figur Richard Pohl, der sie die "asozialen Medien" nennt. Das neueste Werk von Sönke Wortmann soll nun eine Lanze brechen für einen gepflegteren Umgang miteinander und eine vernünftige Debattenkultur.
Schon mit "Der Vorname" nahm sich Wortmann eines französischen Films an und konnte mit dessen Remake, in dem ebenfalls Christoph Maria Herbst die Hauptrolle spielte, 2018 Erfolge feiern. Wie in "Der Vorname" geht es auch in "Contra" um die Macht der Sprache, und erneut liegt dem Ganzen ein Original aus Frankreich zugrunde. "Die brillante Mademoiselle Neïla" von Yvan Attal erschien 2017, darin mimte Daniel Auteulie den zynischen Professor, den nun Herbst verkörpert. Während Wortmann die Bilder des Originals quasi kopierte, passte er das Ganze gemeinsam mit Drehbuchautor Doron Wisotzky nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich an hiesige Verhältnis an.
Alltagsrassismus trifft Migrationshintergrund
Professor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) unterrichtet Rhetorik im Studiengang Jura an der Frankfurter Uni. Er ist einer der besten seines Fachs, aber wohl nicht unbedingt einer der sympathischsten. Seine zynische Lebenseinstellung und die rhetorischen Mittel, die er beherrscht, sind eine explosive Mischung. So explosiv, dass sie ihn beinahe den Job kostet. Auch Jurastudentin Naima (Nilam Farooq) kommt in den zweifelhaften Genuss von Pohls präziser wie spitzer Zunge, als er ihr rassistische und sexistische Gemeinheiten um die Ohren haut und sie vor den anderen Studenten bloßstellt.
Doch ist es ausgerechnet Naima, mit der Pohl zusammenarbeiten muss, um deswegen seine Professur nicht zu verlieren. Er soll sie auf Geheiß seines Chefs (Ernst Stötzner) für einen Debattierwettbewerb fit machen, was natürlich auch Naima nicht gefällt. Zudem hat sie noch das eine oder andere Problem auf der Uhr, plagt sie doch die Angst, ihre Familie könne abgeschoben werden, wenn sie selbst nicht genug Geld verdient.
Gute Schauspieler und pointierte Dialoge
Es gibt sicherlich immer wieder Remakes gerade französischer Filme, die die Welt nicht gebraucht hätte und an deren Ende man sich wünscht, seine Zeit lieber in das Original investiert zuhaben. Bei "Contra" aber geht die Idee auf und ist aufgrund der kulturellen Unterschiede zwischen Frankreich und Deutschland womöglich sogar eine Notwendigkeit. Christoph Maria Herbst spielt den eigentlich von Grund auf unsympathisch agierenden Professor mit so viel Charme und Verschmitztheit, dass man ihm spätestens am Ende des Films jegliche rassistische und sexistische Entgleisung vom Anfang verziehen hat. Schon hier unterscheidet sich "Contra" von "Die brillante Mademoiselle Neïla" - kommt Auteulies Figur aus der Rolle des Rassisten bis zum Schluss doch nicht hinaus.
Auch Nilam Farooq überzeugt als Naima, die in Sorge um die Lage der Familie schon am frühen Morgen Zeitungen austrägt und nach der Uni mit ihren Freunden auf dem Spielplatz abhängt. Klingt nach Klischee, wirkt aber nicht so. Und dass beide Figuren gut funktionieren, liegt natürlich auch an den scharfzüngigen Dialogen, die bei den dargestellten Debatten selbst ihre volle Qualität entfalten. Aber auch die Vieraugen-Gespräche zwischen Pohl und Naima sind enorm unterhaltsam, weil sich beide Protagonisten ordentlich einen einschenken und keiner sich geschlagen geben will - egal, wie beleidigend es auch wird. "Contra" bietet damit 104 amüsante Minuten, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuhören. Das macht den Film perfekt fürs Kino, in dem man - anders als auf dem heimischen Sofa - nicht mal eben schnell zum Smartphone greifen kann, um sich in den "asozialen Medien" zu verlieren.
"Contra" läuft ab dem 28. Oktober im Kino.
Quelle: ntv.de