"Avatar" wird zur QualVielen Dank, Herr Cameron, jetzt reicht es
Von Volker Probst
Von "Terminator" über "Aliens" bis "Titanic" - James Camerons Verdienste um das Blockbuster-Kino sind zweifelsohne immens. Doch die "Avatar"-Reihe entgleitet ihm. Bei "Avatar 3: Fire And Ash" reißt einem echt der Geduldsfaden.
Wer Erfolg hat, hat immer recht, heißt es. Und wenn dem so ist, dann kann James Cameron über Kritik an seinen "Avatar"-Ambitionen natürlich allenfalls müde lächeln. Schließlich hält sich nicht nur der Originalfilm "Avatar - Aufbruch nach Pandora" aus dem Jahr 2009 weiter wacker auf Platz eins der nach Einspielergebnis erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Auch der zweite Teil "The Way Of Water", der vor drei Jahren und damit erst 13 Jahre nach dem Auftakt der Saga ins Kino kam, belegt den stolzen dritten Platz in der Liste.
Wenn es nach Cameron geht, dann dürften sich die Top Ten in absehbarer Zukunft zudem mit noch weiteren "Avatar"-Sequels füllen. So kommt jetzt - nach nur noch dreijähriger Wartezeit - mit "Avatar 3: Fire And Ash" der dritte Ableger der Fantasy-Reihe in die Kinos. Die Teile 4 und 5 sind bereits für 2029 beziehungsweise 2031 avisiert. Und auch über weitere Fortsetzungen wurde längst laut nachgedacht. "Who wants to live forever?", sang Freddie Mercury einst dem "Highlander" auf den Leib. Würde er selbst noch leben, könnte er das Lied heute für "Avatar" trällern.
Wir geben es zu: Wir haben bereits genölt, als 2022 "The Way Of Water" erschien und uns gefragt, ob "Avatar" zu James Camerons Titanic wird. Und das, obwohl der Film damals noch einiges in die Waagschale werfen konnte: die phänomenale neue Unterwasserwelt von Pandora, die noch mal ein ganzes Stück krasseren CGI-Animationen als im Original oder aber eine damals 73-jährige Sigourney Weaver, die wie von Zauberhand plötzlich als Na'vi-Teenager über die Leinwand huschte.
Ewiges Katz-und-Maus-Spiel
Großes und bei aller technischen Perfektion leider kaum zu kaschierendes Manko war allerdings die Handlung von "The Way Of Water". Oder vielmehr ihre Abwesenheit. Der zweite Teil der Saga hatte als Story nicht viel mehr zu bieten als einen Abklatsch der Geschichte, die bereits im Ursprungsstreifen erzählt worden war, da noch durchaus brillant. Der alte Wein in neuen Schläuchen, der einem in "The Way Of Water" serviert wurde, hatte dann jedoch Potenzial zum Schlummertrunk. Aber wenigstens hielten einen die grandiosen Schauwerte des Films einigermaßen wach und bei Laune.
Sie ahnen es: Bei "Avatar 3: Fire And Ash" ist es leider auch damit vorbei. Einziger Trost: Wer im Kino mal für ein paar Minuten einnickt, muss sich nicht grämen. In die Handlung kann man eigentlich im Halbstundentakt immer wieder von vorne einsteigen, ohne großartig etwas verpasst zu haben. In Dauerschleife wiederholt sich in dem Film das Katz-und-Maus-Spiel seiner Antagonisten. Wohl dem, dem da nicht der Geduldsfaden reißt.
Die Katze: natürlich abermals ein Wiedergänger von Colonel Miles Quaritch (Stephen Lang) mit Unterstützung seiner Militär-Armada und des in der Vulkanlandschaft von Pandora beheimateten "Asche-Volks" der Na'vi. Die Maus: nach wie vor Jake Sully (Sam Worthington) mit seiner Partnerin Neytiri (Zoe Saldana), seinen Kindern, darunter die adoptierte Kiri (Weaver), und den Na'vi, die ihn unterstützen.
197 Minuten Materialschlacht
Konnte "The Way Of Water" mit dem Abtauchen in neue Welten wenigstens noch ein Stück weit mit der schwächelnden Handlung versöhnen, hat "Fire And Ash" dem Vorgänger nur noch wenig Unbekanntes hinzuzufügen. Neu sind etwa ein paar spektakuläre Himmelsgefährte und eben besagtes "Asche-Volk" rund um seine kriegerische Anführerin Varang (Oona Chaplin) - mystisch und toll anzusehen, aber nicht genug, um zu verhindern, dass der XXL-Film irgendwann zur Qual wird.
197 Minuten dauert die dröhnende Materialschlacht, die Cameron auf der Leinwand entfesselt. Knappe dreieinhalb Stunden also, in denen der Kultregisseur in Bild und Ton auf die Zuschauer ebenso einhämmert wie der Colonel mit seinem stählernen Maschinen-Tross auf die mit Pfeil und Bogen kämpfenden Na'vi. Doch was sich hinter der Opulenz verbirgt, ist redundant und vorhersehbar - sogar schon über die Ereignisse in "Fire And Ash" hinaus. Der Zwiespalt, der in dem bei den Na'vi lebenden Menschensohn Miles "Spider" Socorro (Jack Champion) angelegt ist, lässt schließlich bereits mit einem dicken Ausrufezeichen erahnen, wie es mit ihm weitergeht. Und damit in "Avatar" 4, 5, 6 … 100.
Die fantastische, bezaubernde und spirituelle Welt von Pandora böte zweifelsfrei genug Möglichkeiten für wirklich fesselnde Erzählungen. Es ist schade, wie wenig Cameron, der diese Welt ja erschaffen hat, im "Avatar"-Franchise bisher daraus macht. Man möchte ihm zurufen: Vielen Dank, Herr Cameron, jetzt reicht es! Nicht unbedingt mit "Avatar" an sich. Aber mit der Einfallslosigkeit, mit der da auf Handlungsebene zu Werke gegangen wird.
"Avatar 3: Fire And Ash" läuft ab sofort in den deutschen KInos