Dänische Abgründe An diesem Thriller scheiden sich die Geister


Der Mörder im Thriller "Niemand hört dich" hat es auf kleine Mädchen abgesehen.
(Foto: picture alliance/dpa)
Eine Mädchenleiche taucht im Grenzland zwischen Dänemark und Deutschland auf. Die Polizei tappt zunächst im Dunkeln. Dann gibt es Hinweise auf einen Snuff-Film im Darknet. Ermittler Mads Lindström verbeißt sich in den Fall, der ihn zu zerreißen droht. Die "Grenzland"-Trilogie hat begonnen.
Wenn es um das Wohlbefinden von Kindern geht, hört der Spaß auf. Da gibt es eine Grenze. Das gilt auch für Bücher oder Hörbücher. Daher eine Warnung vorab: Der Auftakt der "Grenzland"-Trilogie der dänischen Bestsellerautorin Karen Inge Nielsen wird polarisieren. Für Schwachbesaitete ist "Niemand hört dich" nicht geeignet. Das hat Gründe.
Zuallererst einmal sorgt ein pädophiler Mörder für Aufsehen in der dänisch-deutschen Grenzregion. Seine Opfer sind Mädchen, unter oder um zehn Jahre alt. Die Ermittlungen leitet der dänische Kommissar Mads Lindström. Ihm zur Seite steht der deutsche Kollege Thomas Beckmann. Aber der agiert im ersten "Grenzland"-Band eher im Hintergrund. Stattdessen nimmt Werner Still vom Kieler Institut für Rechtsmedizin den Sidekick-Part von Lindström ein.
In Lindströms Haut will man nicht stecken
Lindström selbst wiederum hat so seine Ecken und Kanten. Sein Vater war ein bekannter und angesehener Ermittler in Dänemark. Aber hat sich erhängt. Zumindest deutet vieles darauf hin, Mads zweifelt daran. Aber wie sein Vater stürzt auch er sich in die Arbeit, will jeden Fall lösen. Privatleben? Fehlanzeige. Wenn er es mal nach Hause schafft, sinniert er über die Vergangenheit, bekommt Anrufe von seiner Schwester, die meist im Streit enden, ob der offen oder zwischen den Zeilen geäußerten gegenseitigen Vorwürfe. Irgendetwas muss vorgefallen sein, irgendetwas rund um die Eltern der beiden. Aber was? Das bleibt zunächst im Dunkeln. *:
Düster ist vielleicht das beste Wort, das den Plot von "Niemand hört dich" am besten beschreibt: Eine Mädchenleiche taucht vor der Küste auf. Grausam misshandelt, gequält. Kurz darauf entdeckt eine Spezialeinheit der Polizei einen Snuff-Film im Darknet, der detailliert den Mord an dem Mädchen zeigt. Der Mörder selbst nutzt die Figur des Charon, einen Fährmann aus der griechischen Mythologie, der die Toten über den Fluss Styx bringt. Wer sich hinter der Maskerade verbirgt, wird nicht bekannt.
"Ein schreckliches Vergnügen"
Dann verschwindet ein weiteres Mädchen. Und Mads weiß, dass sie nicht viel Zeit haben werden, das Kind noch lebend zu retten und ihm ein grausames Schicksal zu ersparen. Ein Bild und eine Narbe könnten die geheimnisvollen Schlüssel zur Lösung des Falls sein. Aber sie bedeuten auch, dass sich ein Abgrund menschlicher Abscheulichkeiten auftun wird.
Und genau da liegt die Crux des bei Piper und Hörbuch Hamburg erschienen Werks: Nielsen schildert sehr detailliert das Vorgehen des Mörders. Ebenso ausschweifend fallen die Obduktionen aus. Ob man das als Hörer so genau wissen will? Klar ist, dass Nielsen über das nötige Fachwissen verfügt, denn sie arbeitet als Bioanalytikerin und führt regelmäßig Obduktionen durch. Sie kennt die Vorgänge, die Arbeit. Aber auch da gilt: Weniger ist mehr. Es dürfte sicherlich den ein oder anderen Hörer geben, der den Ausknopf bedient und sich fragt: "Muss das sein?"
Die Hörbuchstimme wiederum zieht in den Plot hinein. Gelesen wird "Niemand hört dich" von Mark Bremer, der vor allem aus dem Fernsehen und als Hörbuchsprecher bekannt ist und dessen Stimme Sympathien für so manche Figur verstärken kann. Sie sorgt aber auch für so manchen Gänsehautmoment: "Das Buch zu lesen, war ein schreckliches Vergnügen", sagt Bremer. Der zweite Band "Niemand sieht dich" erscheint am 2. Mai.
Quelle: ntv.de