Alte Konflikte, neue Geheimnisse Vier Familien, drei Tage, ein Sturm, der alles verändert


Die Gruppe trifft sich, um zu entspannen. Doch es kommt anders.
"Das Wochenende" auf einem Luxus-Campingplatz in Cornwall verspricht malerische Natur, Meer - und jede Menge Spaß. Fünf Studienfreunde treffen sich mitsamt ihren Familien dort. Doch als ein Sturm aufzieht und ein Kind verschwindet, bricht sich der Wahnsinn aus Lügen und Intrigen Bahn.
Annie, Kira, Dominic, Jim und Max kennen sich seit ihrer Studienzeit. In den Orientierungswochen haben sie sich allesamt zur Mitarbeit beim Studentensender gemeldet. Gut zwei Jahrzehnte später ist Kira Ärztin, seit einem Jahr mit Fred zusammen und junge Mutter, ihr Kind Ash ist ein echter Wonneproppen. Jim ist mit Suzie glücklich verheiratet, beide sind Eltern von drei Kindern im Teenie-Alter. Doch während Suzie eine erfolgreiche Unternehmerin ist, trixt sich Jim durch den Alltag, ist ein "Beastie-Boys"-T-Shirt-tragender Überlebenskünstler mit dem Traum eines eigenen Food-Trucks.
Dom ist ein Fernsehstar, Juror in der Realityshow "Starsearch": Sein Urteil ist gefürchtet, seine Worte sind hart, gehen auch mal unter die Gürtellinie. Er ist geschieden, hat drei Kinder, wobei das jüngste, die sechs Jahre alte Phoebe von seiner neuen Frau Tanya stammt. Und Annie und Max? Die sind ein glückliches Ehepaar, über Jahre als Architekten in London erfolgreich. So richtig glücklich sind sie aber erst, seitdem ihr zwölf Jahre alter Adoptivsohn Kip in ihr Leben getreten ist und sie nach Cornwall gezogen sind, wo sie einem "Glampingplatz", einen Luxus-Campingplatz, aus dem Boden gestampft haben.
Nun haben sie ihre ehemaligen Studienfreunde zur Einweihung des Platzes eingeladen: ein verlängertes Wochenende inmitten der Naturidylle Cornwalls, direkt an der Atlantikküste, mit ihnen zu verbringen. Lagerfeuer, Alkohol für die Erwachsenen, Marshmellows für die Kinder, frische Luft und den Stress des Alltags einmal hinter sich lassen. So lautet der Plan.
Beim Eintreffen der verschiedenen Familien ist die Wiedersehensfreude groß. Es wird sich umarmt, geherzt, gebutzt, gescherzt. Das Leben kann so schön sein. Nur Doms Älteste, Scarlett, 16 Jahre, Smombie, ist sauer, denn sie verpasst die Geburtstagsparty ihrer großen Liebe. Und auch Kip hält sich merklich zurück. Die Erwachsenen kümmert das nicht, sie lassen es sich gut gehen, bei Bier, Wein und Sekt. Der "Glampingplatz" kann sich zudem sehen lassen, wie alle nicht müde werden, lobend zu erwähnen. Annie und Max haben alles allein gestemmt – nur mit der Hilfe eines einheimischen, handwerklich begabten, jungen Mannes namens Josh. Er ist auch mit von der Partie. In Scarletts Augen ist das zumindest eine kleine Genugtuung.
Der erste Party-Crasher
Die Lagerfeuerflammen züngeln, werfen Schatten und die Kids rösten ihre Marshmellows. Doch dann kippt die Stimmung. Phoebe hat Kip einen Marshmellow geklaut, streckt ihm zudem noch die Zunge heraus und behauptet, sie sei es nicht gewesen. Kip tickt aus, stürzt sich auf sie – mit drei dramatischen Folgen: Phoebe hat eine stark blutende Fleischwunde über einem Auge und Dom Kip am Schlawittchen. Er reißt den Jungen von seiner Tochter weg, hält ihn in der Luft. Kip nässt sich aus Angst ein. Max und Annie gehen dazwischen, aber die Partystimmung ist erst einmal dahin. Und das schon nach nur wenigen Stunden am ersten Abend.
Am nächsten Morgen brechen Tanya und Scarlett zu einer Shoppingtour in die nächstgelegene größere Stadt auf. Auch die anderen Frauen ziehen sich zurück, wollen ein Tiramisu backen und dabei quatschen, über die Vergangenheit, ihre Kinder und die Männer. Die bleiben auf dem Platz zurück, genießen in Liegestühlen ein paar Bier und lassen die Kinder auf eine Expeditionstour gehen. Kips ominöser "Schaukelbaum" ist das Ziel. Die Ansage der Väter: Die ältesten Kinder sollen ein Auge auf die jüngeren haben.
Ein Sturm bricht los
Die Kids sind weg, Jim holt einen Joint heraus, Dom lehnt ab. Er will vielmehr wissen, was aus seinen 50.000 Pfund geworden sind, die er Jim vor rund einem Jahr geliehen hat, als Startkapital für einen Food-Truck. Der kontert kaltschnäuzig, ob Tanya denn wisse, dass Dom noch ein Kind aus einem One-Night-Stand habe. Ein Streit entbrennt, am Horizont zieht aber ein noch größeres Unwetter herauf. Von den Kindern noch keine Spur.
Als der Sturm losbricht und der Himmel seine Schleusen öffnet, kehrt die Schar Kinder zurück. Aber Kip und Phoebe fehlen. Dom schwant Böses, Kip ist schließlich nicht zu trauen. Wer weiß, welches psychische Leiden der Rotzlöffel aus seinen Jahren vor Annie und Max mit sich herumträgt? Aber dann taucht auch Kip am Horizont auf. Er hält Phoebes Teddy im Arm, das T-Shirt des Jungen ist blutverschmiert. Es sei Phoebes Blut, flüstert er, dann macht er dicht und sagt kein Wort mehr. Dom vergisst sich.
Ein Wochenende, das alles verändert
Dom und Jim machen sich auf die Suche nach Phoebe. Geraten aber wieder aneinander. Es fließt Blut, Knochen brechen. Phoebe bleibt verschwunden. Gleichzeitig ist auch Scarlett wie vom Erdboden verschluckt, und das eine oder andere düstere Geheimnis der einstigen Studienfreunde bahnt sich den Weg ans Tageslicht. Abgründe tun sich auf. Nichts ist, wie es scheint. Sodom und Gomorrha. Absolute Weltuntergangsstimmung - an einem der schönsten Fleckchen Englands.
Hannah Richell hat sich für ihren Thriller "Das Wochenende", erschienen bei Rowohlt und Argon, diese ansonsten aus der Serie "Poldark" oder den Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen bekannte Region ausgesucht. Das verfehlt seine Wirkung nicht: Bereits zu Beginn des Buches will man als Leser direkt mit den Protagonisten tauschen. Die wilde Schönheit der Natur, direkt an der schroffen Atlantikküste gelegen, ein Ort voller zum Teil jahrhundertealter Geheimnisse und Mythen. Herrlich! Dazu der Luxus eines "Glampingplatzes", quasi ein Fünf-Sterne-Hotel in mehrere Zelte gepackt. Wer da nicht zum Outdoor-Nerd wird und das kühle Bier am knisternden Lagerfeuer schon an den Lippen spüren kann, ist innerlich tot.
Apropos: Kein guter Thriller ohne mindestens einen Toten. Den gibt es auch bei Richells fantastischem Werk. Die Erzählweise ist aber nicht gerade heraus, sondern eher von hinten durch den Rücken in die Brust. Ein Twist, der außerordentlich gut funktioniert und durch den man als Leser mehrfach auf die falsche Fährte gelockt wird. Der Plot selbst ähnelt dem Sturm, der sich vom Meer in Richtung Küste und "Glampingplatz" bewegt: Man sieht ihn kommen und denkt, vielleicht dreht er noch ab. Man sieht die sich auftürmenden und immer schwärzer werdenden Wolken und denkt, wird schon irgendwie werden. Und dann entlädt sich der ganze Prassel in einer wahren Sturzflut und schickt alles Bisherige zum Teufel. Fünf Freunde samt Familien, drei Tage und einen Sturm – mehr braucht es nicht, um einen Thriller zu einer Naturgewalt zu machen!
Quelle: ntv.de