Rock, Pop, Blues, Funk und Soul Lenny Kravitz schnürt All-in-One-Paket
07.09.2018, 08:59 Uhr
Musikalisch und lyrisch wertvoll - so präsentiert er sich auf "Raise Vibration": Lenny Kravitz.
(Foto: Mathieu Bitton)
Irgendwo zwischen den Glanztaten von Grandmaster Flash, Prince und Tom Petty, da ist es angesiedelt: Mit seinem neuen Studioalbum "Raise Vibration" setzt Lenny Kravitz ein dickes Crossover-Ausrufezeichen.
Für sein elftes Studioalbum "Raise Vibration" ging Lenny Kravitz tief in sich. Sogar bis in den Schlaf verfolgten den millionenschweren Rasta-Rocker mögliche Songinhalte und dazugehörige Harmoniebögen. "Wenn mir Songs im Traum erscheinen, hinterfrage ich sie nicht. So ist einer nach dem anderen entstanden", gab Lenny Kravitz vor Kurzem zu Protokoll.
"Raise Vibration": eine musikalische Nacht- und Nebelaktion? Nun, mag sein, dass ihm viele vermeintlich bereits fertige Songideen keinen sonderlich großen Struktur-Spielraum ließen. Ein Lenny Kravitz lässt sich von unerwarteten Vorgaben - und kommen sie auch aus dem eigenen Schlafzimmer - aber nur pointiert in eine Richtung lenken.
Beeindruckendes unter der Oberfläche
In puncto Vielfalt und Experimentierfreudigkeit beeindruckt der mittlerweile auch auf der Kinoleinwand Fuß fassende ("Precious", "Der Butler", "Die Tribute von Panem"), zwischen Paris und den Bahamas pendelnde Sänger, Gitarrist und Schauspieler vor allem unter der Oberfläche.
Der druckvolle Crunch-Rock der Anfangstage ("Mama Said", "Are You Gonna Go My Way") schält sich nur noch in akzentuierten Phasen durch die Boxen. Lenny Kravitz ist nach knapp dreißig Jahren auf der Überholspur längst im All-in-One-Olymp angekommen. Und dort geben im Spätsommer 2018 vor allem Elemente aus den Bereichen Blues, Soul und Funk den Ton an.
Fernab von Rock- und Pop-Mainstream
Mit einer zwirbelnden Mixtur aus funkigen Starsky-And-Hutch-meets-Grandmaster-Flash-Vibes ("Who Really Are The Monsters"), stampfendem Protest-Pop ("We Can Get It All Together") und aufwühlendem Piano-Drama ("Here To Love") positioniert sich Lenny Kravitz fernab des gängigen Rock- und Pop-Mainstreams.
Eingängige Format-Harmonien sucht man hier vergebens. Der Mann, der den Tod seiner Mutter einst in den Armen von Johnny Cash und June Carter betrauerte ("Johnny Cash"), fällt nur selten mit der Tür ins Charts-Haus - am ehesten noch mit dem polternden Album-Opener "We Can Get It All Together" und dem rauen Ohrwurm-Schunkler "Gold Dust".
Die Kraft des Widerstands
Der Großteil des Albums kommt bestens ohne protzenden Produktionsbombast und anbiederndem Singalong-Tralala aus. "Raise Vibration" beeindruckt vielmehr mit einem dicken roten No-Boundaries-Faden, der den aufwühlenden Inhalten als perfektes Fundament dient. Egal, ob sich Lenny Kravitz mit der Verarbeitung persönlicher Tragödien, der Suche nach der aufrichtigen Liebe oder der Kraft des Widerstands beschäftigt: Jedes Thema wird von einer musikalischen Säule getragen, die alles ist, nur nicht brüchig.
Lenny Kravitz lässt dieser Tage musikalische Schwingungen entstehen, die Veränderungen befeuern sollen. Dabei gewährt er dem Hörer ganz bewusst den Freiraum, den es braucht, um ohne das Gefühl eines piekenden Zeigefingers im Rücken, Dinge und Sichtweise zu hinterfragen. Intelligent, transparent, fordernd und nachhaltig - oder in verkürzter Form: musikalisch und lyrisch wertvoll. Das ist "Raise Vibration". Und dafür kann man durchaus beide Daumen nach oben recken.
Das Album "Raise Vibration" von Lenny Kravitz ist ab sofort erhältlich.
Quelle: ntv.de