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"Boom! Boom!"-Doku auf Apple TV+ Alex Gibney rückt Boris Becker zurück ins Licht

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Ein bewegtes Leben.

Ein bewegtes Leben.

(Foto: Andy Hyatt / Getty Images)

Bei der Berlinale feiert "Boom! Boom! The World vs. Boris Becker" Premiere. Nun startet die zweiteilige Doku von Alex Gibney über den Aufstieg und den Fall von Boris Becker auf Apple TV+. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge lässt Becker selbst die Zeit Revue passieren.

Kaum ein Promi-Schicksal hat die Deutschen in den vergangenen Jahren so interessiert und bewegt wie das von Tennis-Legende Boris Becker. Was in den 1980er-Jahren in Leimen begann und sich zu einer beispiellosen Karriere entwickelte, fand in einem britischen Gefängnis sein vorzeitiges Ende. Das Ende von Boris Becker ist das natürlich noch lange nicht, schon aber das eines unbefleckten Sportstars. Unrühmliche Affären, uneheliche Kinder und andere Eskapaden hatten ihm die Menschen davor immer gern verziehen, aber beim Geld hören der Spaß und die Freundschaft bekanntlich auf.

Einen etwas anderen, gändigeren und empathischeren Blick als mancher Artikel der vergangenen vier Jahre wirft Filmemacher Alex Gibney auf das Phänomen Boris Becker. Im Rahmen der Berlinale feierte "Boom! Boom! The World vs. Boris Becker" Premiere, zumindest der erste von zwei Teilen wurde dort der Öffentlichkeit präsentiert. Nun läuft die insgesamt dreistündige Doku in zwei Teilen auf Apple TV+.

Sichtlich angeschlagener Protagonist

Boris Becker gut gelaunt bei einer Pressekonferenz auf der Berlinale.

Boris Becker gut gelaunt bei einer Pressekonferenz auf der Berlinale.

(Foto: IMAGO/snapshot)

Der US-Amerikaner Gibney zeigt den einstigen Tennisstar offen und verletzlich wie nie, aber auch von seiner humorvollen und charmanten Seite. Und er zeigt, was der Prozess und der Medienrummel drumherum aus Becker gemacht haben, traf er ihn doch zu zwei Interviews. Eins fand 2019 statt, ein weiteres kurz vor seiner Verurteilung im April 2022, nach der es für Becker - zumindest kurzzeitig - in den Knast ging. Man kann ihm ansehen, wie es ihm in dieser Zeit ergangen ist.

Seinerzeit ist Becker am Boden und fragt sich "Was habe ich getan, um das zu verdienen?". Diese Frage ist natürlich hinreichend beantwortet. Aber es ist eben das, was einem in Momenten des Selbstzweifels und des Selbstmitleids als Erstes in den Sinn kommt. Fakt ist: Der heute 55-Jährige hat in seinem Insolvenzverfahren diverse Millionen unterschlagen. Zweieinhalb Jahre sollte er dafür absitzen. Mitte Dezember kam er nach nur 231 Tage jedoch überraschend frei und musste seine Wahlheimat Großbritannien verlassen, lebt seither wieder in Deutschland. Etwas, das Becker zur Drehzeit des Interviews nicht ahnen konnte, und so kommen ihm immer wieder die Tränen angesichts dessen, was ihm womöglich bevorsteht.

Von McEnroe über Tiriac bis Barbara Becker

Es ist der Tiefpunkt seiner Karriere, die der erfahrene und Oscar-prämierte Dokumentarfilmer und Tennisfan Gibney erzählt. Und um die Fallhöhe zu verdeutlichen, startet er seine Geschichte ganz vorn - beim Aufstieg des ehrgeizigen Teenagers aus Leimen zum Popstar der internationalen Tenniswelt. Zahlreiche namhafte und natürlich ebenfalls in die Jahre gekommene Weggefährten beziehungsweise Konkurrenten wie John McEnroe, Michael Stich, Stefan Edberg und Björn Borg kommen zu Wort. Sie sprechen über ihren Respekt gegenüber der Karriere, das Können und den Ehrgeiz des Deutschen, frotzeln aber auch über diese und jene Eigenheit. Während Borg Parallelen zu seinem eigenen Leben zieht, erinnert sich McEnroe an die Hustattacken, die Becker vortäuschte, um seinen Gegner aus dem Konzept zu bringen.

Regisseur Alex Gibney.

Regisseur Alex Gibney.

(Foto: Andrew Brucker)

Natürlich darf ein weiterer Mann nicht fehlen, wenn es um Boris Beckers Karriere geht: sein damaliger Trainer und Mentor Ion Tiriac, heute bereits stolze 83 Jahre alt. Anfänglich kümmerte er sich noch um die Finanzen seines Schützlings, Beckers Aufgabe war das Trainieren und Gewinnen. Mit fatalen Folgen, denn so hat Becker irgendwann völlig den Bezug zum Geld verloren. In Kombination mit dem Zocker-Gen, das ihn ausmacht und an die Spitze der Weltrangliste katapultierte, brachte ihn das nun zu Fall.

Alex Gibney hat aber nicht nur diverse Interviews geführt, sondern auch jede Menge Footage über Boris Becker zusammengetragen. Seien es seine wichtigsten Matches, denen er eine Menge Platz einräumt, oder auch alte Interviews mit einem spitzbübischen und schlackigen jungen Rotschopf. In denen sagt er immer wieder Dinge, die im Nachhinein gedeutet bereits ein Hinweis darauf sind, dass hier etwas schiefzulaufen droht.

Benebelt auf dem Tenniscourt

Erstmals spricht Becker in "Boom! Boom!" übrigens auch über die Schlaftablettensucht, mit der er sich während seiner Karriere eine ganze Weile herumplagte. "1987 konnte ich mit dem Druck, ständig abliefern und siegen zu müssen, nicht mehr umgehen." So reiste er laut eigener Aussage von Turnier zu Turnier, litt ständig unter Jetlag und konnte nicht mehr abschalten, geschweige denn schlafen. "Nach zwei langen Jahren war ich erschöpft." Von einem Arzt bekam er schließlich Schlaftabletten. Wie süchtig die machten, will er nicht geahnt haben. Erst ein verlorenes Match 1990, das er "völlig benebelt bestritt", habe zum Umdenken geführt. So warf der die Tablette anschließend aus dem Fenster, erzählt er, wenngleich sich seine Ex-Frau Barbara anders erinnert.

Auch sie lässt Gibney zu Wort kommen: "Für mich waren Drogen immer der Teufel. Ich habe auch nie verstanden, warum Boris die Pillen nahm" und ergänzt: "Ich wusste nur, dass er das eigentlich nicht wollte. Also spülte ich sie die Toilette hinunter." Jahre später als von Boris Becker behauptet. Nun fragt sie in die Kamera: "Erzählt er die Geschichte anders?"

An der einen oder anderen Stelle trägt Tennis- und Becker-Fan Gibney auch musikalisch vielleicht ein bisschen zu dick auf und stilisiert den Leimener zum reinen Helden. Ein glatt polierter Imagefilm ist die Doku dennoch nicht, denn Gibney verschweigt nicht die negativen Seiten Beckers, beschönigt nichts.

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"Boom! Boom! The World vs. Boris Becker" ist das Porträt eines der spannendsten Sportler des vergangenen Jahrhunderts, das auch kritische Fragen stellt, einige von Becker selbst beantworten lässt und ihn so in ein sympathisches Licht rückt.

"Boom! Boom! The World vs. Boris Becker" läuft ab dem 7. April auf Apple TV+.

Quelle: ntv.de

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