Der "Polizeiruf" im Schnellcheck In Rostock wird verdrängt
16.12.2023, 15:14 Uhr Artikel anhören
(Noch) kein eingespieltes Team: Böwe (Lina Beckmann, l.) und König (Anneke Kim Sarnau).
(Foto: NDR / Christine Schroeder)
Ein verschwundenes Mädchen, ein Missbrauchsfall in einer vermeintlich heilen Familie und das große Schweigen der Angehörigen: Der neue "Polizeiruf" mit Bukow-Nachfolgerin Böwe ist schwere Kost. Ob sich das Einschalten lohnt, lesen Sie hier.
Was passiert?
Am Tatort eines ermordeten Arztes finden die Rostocker Ermittler irritierende DNA-Spuren: Sie gehören zu einer jungen Frau, die seit mehr als 15 Jahren vermisst wird und zwischenzeitlich bereits für tot erklärt worden ist. Das plötzliche Wiederauftauchen Jessica Sonntags - auch wenn es sich vorerst nur um zwei Haare handelt - wirft die Eltern der Verschwundenen völlig aus der Bahn: Während Mutter Evelyn (Judith Engel) nie an den Tod ihrer Tochter geglaubt hatte, fürchtet Vater Robert (Holger Daemgen) um die psychischen Folgen einer weiteren falschen Spur.
Mühsam rekonstruieren die Rostocker Kommissarinnen Böwe (Lina Beckmann) und König (Anneke Kim Sarnau) die Familiengeschichte der Sonntags. Und stoßen schließlich auf ein dunkles Geheimnis, das nur einen Schluss zulässt: Es wird nicht bei einem Toten bleiben.
Worum geht es wirklich?
Um Kindesmissbrauch. Und den Teufelskreis, der nicht nur durch die Tat selbst, sondern auch durch einen falschen Umgang der Angehörigen damit entstehen kann. Der Titel "Nur Gespenster" deutet es bereits an, Evelyn-Darstellerin Judith Engel bringt es auf den Punkt: "Das Hauptthema ist Verdrängung. Das ist ja ein Mechanismus, der nicht nur bei gravierenden Verbrechen wie Missbrauch auftritt, sondern im Grunde immer, wenn Menschen auf etwas treffen, was sie lieber nicht wissen wollen. Was wir nicht schön finden und womit wir nicht umgehen können, wollen wir nicht sehen. Weil wir dann in unsere Verantwortung kämen. Und es ist schwer, für so etwas Verantwortung zu übernehmen. Viele schaffen das nicht."
Wegzapp-Moment?
Das Thema ist wichtig, aber schon von Haus aus so unbequem, dass der filmische Umgang damit zum echten Drahtseilakt wird. Leider wird es in diesem Fall so sperrig und verkopft erzählt, dass es jede Menge Argumente gibt, um zur Fernbedienung zu greifen.
Wow-Faktor?
Den sucht man in diesem "Polizeiruf" vergebens.
Wie ist es?
5 von 10 Punkten. Die Geschichte rund um die verschwundene Jessica und den Missbrauchsfall in ihrer Familie soll wachrütteln, bewirkt aber leider eher das Gegenteil. Nach den vielversprechenden ersten Fällen von Bukow-Nachfolgerin Böwe ist "Nur Gespenster" ein echtes Lowlight der Rostocker "Polizeiruf"-Geschichte.
Quelle: ntv.de