Der "Tatort" im Schnellcheck Ja, ist denn heut' schon wieder Weihnachten?
31.12.2021, 15:16 Uhr
Kim Tramell (Ursina Lardi) steht im Mittelpunkt der Ermittlungen der Kommissare Thorsten Lannert (l., Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare).
(Foto: SWR/Benoît Linder)
Elchgeweihe, Karaoke, Flirts und festliche Gefühle - dazu ein Toter. Am ersten Tag des neuen Jahres dreht man in Stuttgart die Zeit zurück und stellt auf "Weihnachtsfeier". "Videobeweis" heißt der neue Fall von Lannert und Bootz. Den Neujahrskater wird man mit dieser latent angestrengten Sozialanalyse eher nicht kurieren.
Was passiert?
Der Konzern tanzt: In den geräumigen Hallen eines Versicherungsunternehmens findet die alljährliche Weihnachtsfeier statt. Es wird getanzt, gesungen, geflirtet. Und gestorben. Am nächsten Morgen liegt einer der Angestellten im Foyer, von einer Balustrade herabgestürzt und zu Tode zerschmettert. Doch wie ist Idris Demir (Ulas Kilic) ums Leben gekommen? Und vor allem: Wer hat ihn auf dem Gewissen?

Kim Tramell (Ursina Lardi) bezichtigt ihren Chef Oliver Jansen (Oliver Wnuk) der Vergewaltigung.
(Foto: SWR/Benoît Linder)
Die Stuttgarter Kommissare Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) landen schnell bei zwei Verdächtigen: Da ist Kim Tramell (Ursina Lardi), eine alleinerziehende Mutter, die in der Firma auf dem Weg nach oben ist, selbstbewusst, attraktiv, erfolgreich. Und da ist Oliver Jansen (Oliver Wnuk), der Chef des Ladens, auf den ersten Blick ein Charmebolzen, auf den zweiten ein rücksichtsloser Manipulator. Was die beiden verdächtig macht? Demir und Tramell waren direkte Konkurrenten im Kampf um eine Beförderung. Und der Inhalt eines Videos, das schließlich auftaucht und zeigt, dass Jansen sich an diesem Abend zu später Stunde allem Anschein nach erpressbar gemacht hat.
Worum geht es wirklich?
Autor und Regisseur Rudi Gaul und Autorin Katharina Adler versuchen sich an der Kombination zweier Inhaltsstränge: Zum einen das Großthema Missbrauch mit der Frage, wann eine Vergewaltigung vorliegt, was männliche Dominanz bedeutet, wie es um das Kräfteverhältnis zwischen Mann und Frau bestellt ist. Zum anderen - wir sind hier schließlich beim "Tatort" - die Frage nach dem "Wer war es, und warum eigentlich?". Wie so oft kommen sich beide Anliegen zu oft in die Quere.
Wegzapp-Moment?
Das klassische Problem der letzten "Tatort"-Dekaden: die notdürftig angeflanschten Subplots, die dem Geschehen vermeintliche Inhaltsfülle verpassen sollen. Lannerts Rücken, Bootz' emotionale Schieflage mit der Tochter, der fragwürdige Umgang mit der Praktikantin - da quietscht es im dramaturgischen Getriebe.
Wow-Faktor?
Man hat an Fall-Entschlüsselungen in über fünf Dekaden "Tatort" ja schon so einiges gesehen. Meisterhafte Denkspiele, geniale Analysen und oft genug jener findige Kommissar namens Zufall, aber wie Sebastian Bootz hier schließlich die Nuss knackt - und vor allem, welches Detail dabei die entscheidende Rolle spielt - das ist schon, nun ja, einzigartig.
Wie war's?
4 von 10 Punkten - ein unausgegorener Annäherungsversuch an das Thema "Was genau ist eine Vergewaltigung?", Logiklöcher inklusive.
Achtung: Die Folge "Videobeweis" des Stuttgarter "Tatort" wird am Samstag, den 1. Januar 2022, ausgestrahlt. Am Sonntag, den 2. Januar, geht es mit den Kollegen aus Dortmund weiter.
Quelle: ntv.de