Laura Tonke in "Polizeiruf 110" Monströs gut
27.12.2020, 22:01 Uhr
Brilliert in einer monströsen Rolle: Laura Tonke.
(Foto: MDR / filmpool fiction / Stefan Erhard)
Es dauert ein paar Einstellungen, bis man sie überhaupt erkennt, dann aber kann man kaum die Augen von Laura Tonke lassen. Unglaublich, wie intensiv, wie einnehmend und abstoßend zugleich sie den Part der psychopathischen Annegret im jüngsten "Polizeiruf" ausfüllt. Eine Lobpreisung.
Es ist noch gar nicht gar nicht so lange her, da erschien mit "Wir müssen hier raus" eine großangelegte Songsammlung mit Coverversionen von Rio-Reiser- und Ton-Steine-Scherben-Originalen. Darunter mit "Ich bin müde" auch eine Neubearbeitung von Fettes Brot, die zwar schon einige Jahre auf dem Buckel hat, dabei jedoch nichts, aber auch wirklich gar nichts von ihrer Magie verloren hat.
Das ist auch ein Verdienst des dazugehörigen Videoclips, in dem sich Oliver Korritke und Laura Tonke als streitendes Paar in ihrer Wohnung ein unglaubliches Duell liefern. Raufen und rangeln, brüllen und boxen, schubsen und schreien, so intensiv und gefühlsecht, dass man einerseits den Blick abwenden möchte, weil das alles viel zu real ist, gleichzeitig aber auch so packend und fesselnd, dass man einfach hingucken muss.
Intensive Magie
Laura Tonke nun im "Polizeiruf 110" aus Magdeburg, in ihrer Rolle als Annegret Wegner, verströmt eine ähnlich intensive Magie, mit dem Unterschied, dass alles, was man im Videoclip an Empathie für sie hegte, hier in Richtung Faszination und Ekel kippt. In Klamotten, die immer nach Jogginganzug aussehen, obwohl sie es wohl nicht einmal sind, mit herausgewachsener Blondierung in den strohigen Haaren, die wie selbstgeschnitten aussehen, mit nur wenigen Sätzen ausgestattet, ihren Blick zwischen Abschätzen und Ausloten, das gemahnt nicht von ungefähr an Charlize Theron in ihrer Rolle als Serienmörderin Aileen Wuornos im Film "Monster".
Auch Laura Tonke verpasst ihrem Part etwas gleichsam Monströses, eine Bedrohung, die zwischen den Gesten, zwischen den Zeilen liegt - und das nicht nur aufgrund der Tatsache, dass Autor Jan Braren ihr ein paar großartige "Damit hatte man jetzt nicht unbedingt gerechnet"-Momente ins Drehbuch geschrieben hat.
Beste Schauspielerin 2016
Schon mit 17 Jahren gab die gebürtige Berlinerin im Flüchtlingsdrama "Ostkreuz" (1991) ihr Debüt, der Auftakt zu einem prallen Portfolio, in dem TV-Formate wie "Tatort", "Polizeiruf 110" und "Der Bergdoktor" ebenso ihren Platz finden wie zeitgeschichtlicher Stoff. In Christopher Roths Film "Baader" (2003) spielte sie die RAF-Terroristin Gudrun Ensslin und wurde für den Deutschen Filmpreis nominiert. Sie war in Tom Tykwers "Winterschläfer" (1997) ebenso dabei wie in diversen Theaterproduktionen zusammen mit der Gob Squad.
So hätte es weitergehen können, aber anno 2015 drehte sich dann noch einmal der Wind. "Hedi Schneider steckt fest" hieß der Film, darin Laura Tonke als eben jene Heidi Schneider, deren Leben aus der Balance gerät, die noch einmal alles in ihrem Leben auf den Prüfstand stellt. Der Lohn für Laura Tonkes großartige Leistung: der Preis der deutschen Filmkritik als beste Schauspielerin 2016.
Nun also, nach der deutsch-dänischen ZDFneo-Serie "Sløborn" im vergangenen Sommer, mal wieder eine Sonntagabend-Primetime-Rolle - und auch die schultert Laura Tonke preisverdächtig. Subtil und angsteinflößend, in der einen Sekunde mitleiderregend, in der nächsten ultrabrutal, ganz einfach: monströs gut. Mehr davon!
Quelle: ntv.de