Der "Tatort" im Schnellcheck Anwalts Liebling
21.09.2024, 15:33 Uhr Artikel anhören
Im Fall "Ad acta" wälzen Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) natürlich die Akten.
(Foto: SWR / Christian Koch)
In einem Wald wird der Mitarbeiter einer Kanzlei erschossen aufgefunden. Tobler und Berg bekommen es mit einem vertrackten Fall zu tun, dessen Ursprung womöglich Jahre zurückliegt. "Tatort - Ad acta" überzeugt als solides Stück um Moral und Gerechtigkeit.
Was passiert?
Dass der ganz in Schwarz gekleidete Motorradfahrer nichts Gutes im Schilde führt, wird schnell klar. Und tatsächlich: Kurz darauf liegt Tobias Benzinger (Jan Liem) mit einem Loch in der Stirn am Boden und starrt in den wolkigen Himmel über Freiburg. Für Franziska Tobler (Eva Löbau) und Friedemann Berg (Hans-Jochen Wagner) wird die Spurensuche zunächst schwierig. Der Tatort liegt in einem beliebten Naherholungsgebiet, "halb Freiburg" hat hier seine Fußabdrücke und Reifenspuren hinterlassen.
Aber es gibt ja noch die Verwandtschaft des Toten, bei der sich womöglich einiges an Motiven finden lassen könnte. Rainer Benzinger (August Zirner), der Stiefvater des Toten, hat eine gutgehende Kanzlei, seine Klientel jedoch, das ergibt die Recherche alter Akten, ist mit besonders ausgeprägter Zwielichtigkeit gesegnet. Zudem gewinnt Benzinger auffällig oft aussichtslos erscheinende Fälle. Doch wo ist dieser eine Fall, bei dem die Fäden zusammenlaufen? Die Lage wird dramatisch, als es einen zweiten Mordanschlag gibt.

Bei den Ermittlungen gerät auch Anwalt Rainer Benzinger (August Zirner) in den Fokus.
(Foto: SWR / Christian Koch)
Worum geht es wirklich?
Unterwegs in der Welt der Juristerei werden hier die großen Fragen gestellt: Was ist Gerechtigkeit und wie wird sie praktiziert? Wie stark ist das Fundament der Moral, auf dem wir alle meinen zu stehen? Eine schöne Metapher, wie Berg auf seinem ererbten Hof versucht, die richtige Zementmischung für ein Stück Asphalt zu finden, nur um immer wieder entnervt feststellen zu müssen, wie schnell das Ganze brüchig wird.
Wegzapp-Moment?
Nicht vorhanden. Das Tempo im Team Schwarzwald ist zuweilen etwas gemächlich, dafür hat sich das Binnenverhältnis zwischen Tobler und Berg interessant entwickelt, balanciert auf dem Grat zwischen latentem Misstrauen und der fast beruhigenden Erkenntnis, dass die beiden sich am Ende doch ziemlich ähnlich sind. Selbstreferenzielle Catchphrases wie "Wir kommen einfach immer zu spät" werden vielleicht mit etwas großer Kelle ausgeteilt, fügen sich am Ende jedoch ins gut austarierte Script von Autor Bernd Lange, der 2017 bereits für die Freiburger Premiere "Goldbach" verantwortlich zeichnete.
Wow-Faktor?
Siehe Wegzapp-Moment - der Groove im Süden ist weniger "wow", mehr "wollen wir doch mal sehen." Hierbei versteht es Lange zusammen mit Regisseur Rudi Gaul sehr gut, die verschiedenen Ebenen gut miteinander zu verknüpfen - Bergs private Unwägbarkeiten, die Beziehung von Tobler zu ihrem Vater, dem pensionierten Kommissar (Michael Hanemann), das Familienleben der Benzingers. Und just, als man denkt, dass das Ding jetzt nach Hause geschaukelt wird, gibt es eine überraschende Wende, die dann vielleicht doch für ein ziemliches "Wow!" sorgt.
Wie war's?
7,5 von 10 Punkten - überaus solide Schwarzwälder Krimikost ohne viel Kokolores.
Quelle: ntv.de