Technik

Erfolgloser Kassettenersatz Minidisc als Nischenprodukt

Analoge Kassetten sollte sie ins Technikmuseum verbannen und selbst zum universellen digitalen Audio-Medium werden. Die Rede ist von der Minidisc (MD). Doch dann kam alles ganz anders. MP3-Player eroberten den Markt, und die MD verschwand trotz tadellosen Klangs fast in der Versenkung. Vor der Bedeutungslosigkeit bewahren sie bis jetzt vor allem ihre Aufnahmequalitäten.

1992 erblickte die MD das Licht der Welt. Im Mittelpunkt der von Sony entwickelten Technologie steht die Komprimierung von Musik. "Auf eine gewöhnliche MD passen nur ein Fünftel der Daten einer normalen CD", erklärt Ulrich Wienforth, Redakteur bei der in Euskirchen erscheinenden Zeitschrift "Stereo". Trotzdem speichert der Mini-Silberling 74 oder 80 Minuten Musik. Diese neue Kompression taufte Sony Adaptive Transform Acoustic Coding (ATRAC).

Damals sei das System revolutionär gewesen, erzählt Wienforth. Titel einzeln löschen, umsortieren oder neu einfügen? Alles kein Problem. Und wie bei der CD war der direkte Zugriff auf Musikstücke möglich. Außerdem hatten die Geräte einen Digitaleingang für verlustfreie digitale Aufnahmen. "Sony wollte mit der MD die Kassette ablösen", sagt Unternehmens-Sprecher Markus Nierhaus. Allerdings habe sie in Deutschland nicht den erhofften Erfolg gehabt. Anders sieht es in Japan aus, wo die MD immer noch ein Thema ist. Seinen Zenith erreichte das Medium in Deutschland Ende der neunziger Jahre. "Damals hatte jeder namhafte Hersteller mindestens ein Gerät im Programm."

Das hat sich geändert: Sony bietet auf dem deutschen Markt nur noch einen tragbaren MD-Rekorder und drei HiFi-Decks an. Sharp hat die Produktion für Deutschland eingestellt. Ihre Nische hat sich die MD aber beim Erstellen hochwertiger Aufnahmen erkämpft. Fast jeder MD-Rekorder erfügt über einen Mikro-Eingang samt Vorverstärker. "Tragbare MD-Rekorder sind ideal für Reportagen oder Musikmitschnitte", schrieb die Stiftung Warentest bereits im Jahr 2000.

Sony entwickelte die MD immer weiter. Damit Musik schneller auf die Scheibe überspielt werden kann, führte Sony 2001 die Funktion Net-MD ein. Per USB schaufelte der Rechner fortan Musik auf den MD-Rekorder - allerdings ließen sich keine Aufnahmen von MD auf den Rechner ziehen. "Wir haben das korrigiert", sagt Nierhaus. Angesichts des unaufhaltsamen Siegeszuges des MP3-Formats erfand Sony die MD im Jahr 2004 quasi neu. Mit der Einführung der so genannten Hi-MD-Technologie gab es nicht nur ein neues Leermedium mit einem Gigabyte Speicherkapazität, sondern auch eine Fülle neuer Funktionen. "Hi-MD-Geräte können via USB 2.0 wie eine externe Festplatte am Rechner genutzt werden", erklärt Nierhaus. Außerdem sind unkomprimierte Aufnahmen für höchste Ansprüche möglich.

Ganz genau hinsehen müssen MD-Nutzer allerdings beim eingestellten ATRAC-Codec. Im Laufe der Jahre hat Sony vier verschiedene Versionen entwickelt. CD-Qualität erreicht Experten zufolge neben PCM und dem Ur-ATRAC mit 292 Kilobit nur noch ATRAC3plus.

Quelle: ntv.de

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