Panorama

Spektakulärer Raubkunst-Fund in München Alliierte konfiszierten Gurlitt-Werke

Nach Kriegsende beschlagnahmen und verwahren die Alliierten offenbar mehr als hundert der in München gefundenen Raubkunstwerke. Erst 1950 werden sie dem Kunsthändler Gurlitt wieder übergeben - er fordert seine "Privatsammlung" erfolgreich zurück. Aufschluss geben Protokolle einer Befragung des Mannes zu seiner Rolle im Dritten Reich.

Einige der in München aufgetauchten Kunstwerke wurden einem Bericht zufolge offenbar nach Kriegsende von den Alliierten beschlagnahmt und von diesen von 1945 bis 1950 verwahrt. Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, gehe dies aus Protokollen hervor, die die Alliierten von Befragungen des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt zu dessen Rolle im Dritten Reich anfertigten.

Eine an diese Protokolle angehängte Liste gibt demnach Auskunft über Gurlitts mehr als hundert Einzelwerke umfassende Privatsammlung, die zu diesem Zeitpunkt in einer Wiesbadener US-Sammelstelle eingelagert war. Darauf eingetragen seien offenbar auch einige der in Augsburg präsentierten Werke, darunter das bislang unbekannte Selbstbildnis von Otto Dix und das Gemälde "Zwei Reiter am Strand" von Max Liebermann sowie die Gouache von Marc Chagall.

Laut dem Zeitungsbericht forderte Hildebrand Gurlitt die Werke mit Erfolg von den Alliierten zurück. Bis auf zwei Bilder sei ihm seine angebliche Privatsammlung 1950 zurückgegeben worden.

Das Dix-Selbstporträt gehört zu den 1401 Bildern, die in der Münchner Wohnung des Kunsthändler-Sohns Cornelius Gurlitt entdeckt wurden, gegen den wegen des Verdachts der Unterschlagung und Steuerhinterziehung ermittelt wird. Unter den Kunstwerken befinden sich laut der Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann auch bislang unbekannte Meisterwerke von Picasso, Dürer, Renoir und Toulouse-Lautrec. Ein Großteil davon scheint Nazi-Raubkunst zu sein, darunter Werke des Expressionismus, Dadaismus, Surrealismus oder Kubismus - Kunstströmungen, die von Adolf Hitler als "entartet" stigmatisiert wurden.

Zentralrat der Juden verlangt schnelle Aufklärung

Der sensationelle Kunstfund bleibt unterdessen voller Rätsel. Wem die mehr als 1400 Bilder ursprünglich gehörten, wie sie in den Besitz des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt kamen, wo sich dessen 79-jähriger Sohn Cornelius heute aufhält - all das ist bislang ungeklärt. Der Zentralrat der Juden fordert jetzt zügige Aufklärung.

"Spekulationen helfen hier nicht weiter. Wichtig sind jetzt Transparenz und ein zügiges Verfahren", sagte Zentralrats-Präsident Dieter Graumann der "Passauer Neuen Presse". "Schließlich geht es hier um Erben einstmals beraubter jüdischer Sammler, die nun späte Gerechtigkeit erfahren könnten, indem das Hab und Gut ihrer Familie wieder in ihren, den rechtmäßigen, Besitz kommt."

Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz hatte dagegen erklärt: "Die Ermittlungen haben Vorrang, ich kann nicht darüber spekulieren, wer Eigentümer von irgendwelchen Sachen sein kann." Wer glaube, Anspruch auf ein Werk zu haben, könne sich gerne melden. Und Cornelius Gurlitts Verbleib sei unklar: "Ich weiß nicht, wo er sich aufhält, weil uns diese Frage gar nicht beschäftigt", sagte Nemetz.

Quelle: ntv.de, fma/AFP/dpa

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