"Keine ausreichende Evidenz" Ärztevertreter kritisieren Spahns "Booster für alle"
30.10.2021, 07:38 Uhr
Spahn hatte sich am Donnerstag erneut impfen lassen.
(Foto: picture alliance/dpa/Bundesgesundheitsministerium)
Grundsätzlich sei eine Auffrischungsimpfung für jeden möglich - mit diesen Worten hatte Gesundheitsminister Spahn für altersunabhängige Booster-Impfungen geworben. Ärztevertreter sind verärgert: Dafür gebe bisher keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz. Spahn wecke falsche Erwartungen.
Ärztevertreter üben Kritik an der Aussage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu einer Corona-Auffrischungsimpfung für alle. Spahn hatte die Risikogruppen genannt, für die eine solche Nachimpfung (Booster) besonders empfohlen ist, und hatte dann darauf hingewiesen, dass das grundsätzlich auch für jeden möglich ist. "Wir sind verärgert, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Erwartungen schürt, Booster-Impfungen seien für alle möglich", sagte das Vorstandsmitglied des Hausärzteverbands, Armin Beck, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
"Die Hausärzte folgen der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), und diese empfiehlt aktuell Drittimpfungen nur für über 70-Jährige und wenige andere Gruppen." Durch Spahns Äußerungen werde nun aber der Aufklärungs- und Diskussionsbedarf in den Praxen größer. Wenn die STIKO ihre Empfehlung ausweite, würden die Hausärzte auch diese Personengruppen impfen, kündigte er an. Allerdings sind manche Arztpraxen bereits aus den Impfungen ausgestiegen und bieten diese nicht mehr an.
Ärztepräsident Klaus Reinhardt sagte dem RND: "Für die Notwendigkeit von Auffrisch-Impfungen für Menschen jeglichen Alters gibt es bisher keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz. Bei älteren Menschen könne die Booster-Impfung hingegen das Infektionsrisiko erheblich reduzieren, da im höheren Alter die Immunantwort häufig schwächer ausfalle und es daher zu Impfdurchbrüchen kommen könne. "Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission ja auch eine Covid-19-Auffrischimpfung für alle Menschen ab 70 Jahren", sagte der Präsident der Bundesärztekammer.
Reinhardt warf der Politik eine mangelnde Aufklärungs- und Informationspolitik vor. "Es wäre jetzt eigentlich Aufgabe der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung über die Booster-Impfung für ältere Menschen zu informieren und auch mit den Falschinformationen in den sozialen Netzwerken aufzuräumen", sagte er. "Diese Fake News sind doch maßgeblich dafür verantwortlich, dass wir heute eine Pandemie der Ungeimpften haben."
Quelle: ntv.de, hek/dpa/AFP