Französin reicht Klage ein DSK droht neues Ungemach
05.07.2011, 19:37 Uhr
Tristane Banon hat Klage gegen Strauss-Kahn eingereicht.
(Foto: Reuters)
Der Vergewaltigungsvorwurf eines afroamerikanischen Zimmermädchens in New York bröckelt, doch in Frankreich kocht eine alte Geschichte wieder hoch: Eine französische Journalistin zeigt den früheren IWF-Chef Strauss-Kahn wegen versuchter Vergewaltigung vor acht Jahren an. Die Affäre könnte auch Auswirkungen auf Präsidentschaftskandidat Hollande haben. Er räumt ein, von einem "Zwischenfall" gewusst zu haben.
Die französische Journalistin Tristane Banon hat wie ankündigt Anzeige gegen den früheren IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn erstattet. Die Anzeige sei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Paris zugestellt worden, sagte Banons Anwalt, David Koubbi, dem Fernsehsender i-Télé. Er habe nicht die Absicht, daraus ein politisches Verfahren zu machen. Die Staatsanwaltschaft muss nun entscheiden, ob sie Ermittlungen einleitet.

Bald ein wirklich freier Mann? Zumindest die Anklage in den USA gegen Strauss-Kahn steht vor dem Aus.
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Die Journalistin beschuldigt Strauss-Kahn, sie im Februar 2003 sexuell genötigt zu haben. Der frühere französische Finanzminister sei bei einem Interview wie ein "brünftiger Schimpanse" über sie hergefallen, habe ihren BH aufgemacht und versucht, ihr die Jeans auszuziehen. Er habe ihre Brüste "begrapscht" und seine Hände in ihrem Slip gehabt, bevor sie sich habe befreien und aus der Wohnung laufen können, in der das Interview geführt wurde, hatte die 32-Jährige dem Nachrichtenmagazin "L'Express" gesagt.
Strauss-Kahn ließ daraufhin über seine Anwälte verlauten, dass er Banons Pläne zur Kenntnis genommen habe. Die Vorwürfe seien indes "erfunden", und er habe seine Anwälte damit beauftragt, Banon wegen Verleumdung zu verklagen.
Kenntnis eines "Zwischenfalls"

Hollande: "Ihre Mutter hatte einen Zwischenfall erwähnt, aber mehr weiß ich davon nicht."
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Die Vorwürfe gewinnen aber weiter an Brisanz, weil der derzeitige Favorit der französischen Sozialisten für die Präsidentschaftswahl nach den Worten Banons von ihren Anschuldigungen wusste. François Hollande, der langjährige Parteivorsitzende, "kannte die Geschichte", sagte Banon dem Nachrichtenmagazin "L'Express". Hollande, der nach Strauss-Kahns Festnahme im Mai zum aussichtsreichsten Anwärter für die Kandidatur der Sozialisten bei der Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr aufstieg, habe sie nach dem Vorfall sogar einmal angerufen und ihr gesagt, dass er sich sorge, sagte die Journalistin.
Hollande wies die Vorwürfe der 32-Jährigen zurück. Banons Mutter, die sozialistische Abgeordnete Anne Mansouret, habe ihm damals von einem "Zwischenfall" erzählt, der sich ereignet haben soll, räumte Hollande aber ein. "Aber mehr weiß ich nicht davon", sagte der frühere Oppositionsführer. "Acht Jahre später wird eine Anzeige erstattet in Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Vorfall, den ich nicht in allen Einzelheiten kannte." Er habe auf gar keinen Fall einen Rat gegeben, ob die junge Frau Klage einreichen solle oder nicht, betonte er.
Hollandes früherer Kabinettschef und heutiger Wahlkampfleiter bestätigte seinerseits, dass Hollande damals mit Banon telefoniert habe. "Er hat das auf sehr respektvolle Weise getan. Er hat ihr nichts aufgedrängt, sondern ihr zugehört und ihr Mut zugesprochen", sagte er der Zeitung "Le Parisien".
Anwalt aus New York hilft

Banon verzichtete 2003 auf Anraten ihrer Mutter, einer Parteifreundin von DSK, auf eine Anzeige.
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Banons Mutter sagte dem Radiosender RTL, Strauss-Kahn solle Weitsicht beweisen und "sich in Behandlung begeben". Sie finde sein Verhalten "sehr beunruhigend". Mansouret gab zu, das "traumatische" Erlebnis ihrer Tochter seinerzeit möglicherweise unterschätzt zu haben. Die junge Journalistin hatte "DSK" damals nach eigenen Worten nicht angezeigt, weil sie nicht als Frau dastehen wollte, "die ein Problem mit einem Politiker hat". Ihre Mutter hatte sie zu dieser Haltung überredet. Banon war damals mit Strauss-Kahns Tochter Camille befreundet, sie ist zudem das Patenkind von dessen zweiter Ehefrau.
Unterstützung bekommt Banon vom Anwalt des New Yorker Zimmermädchens. Kenneth Thompson, der Anwalt der 32-jährigen Hotelangestellten, antwortete auf eine Anfrage per E-Mail: "Ja, ich unterstütze Tristane Banon".
Anklage in New York auf tönernen Füßen
In New York wird die Anklage gegen Strauss-Kahn möglicherweise fallengelassen. Unter Berufung auf ein hochrangiges Mitglied der Staatsanwaltschaft berichtete die "New York Post", die Anschuldigungen würden beim nächsten Gerichtstermin des ehemaligen IWF-Chefs in zwei Wochen oder sogar schon früher zurückgezogen.
"Ihr Glaubwürdigkeit ist dermaßen erschüttert, dass wir den Fall nicht mit ihr durchstehen können", wird der Ermittler mit Blick auf das New Yorker Zimmermädchen zitiert, auf deren Aussage sich die Anklage stützt. "Man kann überhaupt nichts mehr glauben, was aus ihrem Mund kommt, was eine Schande ist, weil wir wohl so nie erfahren werden, was wirklich in dem Hotelzimmer geschehen ist", zitiert das Blatt die anonyme Quelle.
Glaubwürdigkeit erschüttert
Das aus Guinea stammende Zimmermädchen hatte Strauss-Kahn der versuchten Vergewaltigung beschuldigt. Der 62-Jährige war daraufhin am 14. Mai festgenommen worden und kurz darauf als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgetreten. In der Folgezeit stellte sich allerdings heraus, dass die Frau gegenüber Behörden und Ermittlern mehrfach gelogen hatte. Auch in ihrer Darstellung des angeblichen Tathergangs und ihres Verhaltens danach gab es Widersprüche. Aufgrund dessen lockerte ein Richter kürzlich die Bedingungen, die Strauss-Kahn für eine Freilassung auf Kaution auferlegt worden waren.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP