Panorama

Bestellboom bei Krisen-Ausrüstern Deutsche decken sich für Notfall ein

Reißenden Absatz findet auch Dosenbrot - das hält sich schon mal 50 Jahre.

Reißenden Absatz findet auch Dosenbrot - das hält sich schon mal 50 Jahre.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Wohin aufs Klo - und wie komme ich im Ernstfall an Trinkwasser und Lebensmittel? Der neue Zivilschutzplan von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere löst bei vielen Bürgern einen Kaufrausch aus. Gut ist das vor allem für die Notfall-Ausrüster.

Der Krisen-Plan der Bundesregierung mag von manchen Kritikern als Panikmache verspottet werden, aber viele Bürger in Deutschland hat er offensichtlich ins Grübeln gebracht. Seit einigen Tagen verzeichnen Notfall-Ausrüster einen regelrechten Bestell-Boom. Zwar empfiehlt das Konzept lediglich, einen Vorrat an Lebensmitteln und Wasser für einige Tage anzulegen - doch mancher möchte lieber gleich für längere Zeit vorsorgen. Trockennahrung, Tabletten zur Wasserreinigung, Einma-Toiletten, Kurbelradios, Sturmlaternen und Gaskocher finden derzeit verstärkten Absatz - ob vom Versandriesen oder kleinen Spezial-Anbieter.

"Seit Sonntagabend drehen die Leute am Rad", berichtet beispielsweise Benjamin Bleich vom Anbieter SeguRisk aus Hilden in Nordrhein-Westfalen. "Wir arbeiten mehr oder weniger rund um die Uhr." Schon oft hat sich der Unternehmer, der den Versand seit zehn Jahren betreibt, als eine Art Weltverschwörer belächelt gefühlt, weil sein Sortiment auf Krisenfälle abhebt. "Man muss das aber wie eine Versicherung sehen", sagt Bleich. Die schließe man ja auch nur für den Fall der Fälle ab - und wenn man sie nicht braucht: umso besser. Bisher zählten Anbieter wie SeguRisk vor allem Menschen zu ihren Kunden, die sich regelmäßig mit Vorbereitungen auf den möglichen Katastrophenfall auseinandersetzen - sogenannte Prepper.

Der Krisen-Plan der Regierung ruft auch andere Teile der Bevölkerung auf den Plan. Stephan Brienen, Inhaber des Online-Händlers Prepper-Shop, hat solche Effekte mehrfach beobachtet: Bei Medienberichten über längere Stromausfälle oder eine Wasserknappheit in bestimmten Regionen machten sich die Leute eben Gedanken: Was ist, wenn so etwas auch hier in Deutschland passiert? Das kennt auch Horst Magiera von der Dauerbrot GmbH im schleswig-holsteinischen Traventhal. Das Geschäft mit Dosenbrot explodiere regelrecht seit einigen Tagen, sagt Firmeninhaber Horst Magiera. Mit einem Dauer-Schub rechnet er allerdings nicht. "Das ist ein vorübergehender Hype, der sich in 14 Tagen wieder gelegt hat", glaubt er.

Der Notfall kann teuer werden

Die Energie für den Betrieb dieses Radios wird über eingebaute Solarzellen und/oder mit Hilfe einer Kurbel erzeugt.

Die Energie für den Betrieb dieses Radios wird über eingebaute Solarzellen und/oder mit Hilfe einer Kurbel erzeugt.

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Ganz billig ist die Notfall-Versorgung indes nicht. Ein Zehn-Tages-Paket, mit dem sich die Kunden für etwaige Ausfälle der Wasser-, Strom- oder Gasversorgung rüsten können, ist beim Prepper-Shop für 249 Euro zu haben. Wer sich für 90 Tage mit Fertignahrung eindecken will, muss beispielsweise beim Anbieter Conserva.de zwischen etwa 800 und 1500 Euro hinblättern - je nach persönlichen Ansprüchen an die tägliche Zahl der Mahlzeiten und Geschmack. Die Palette reicht von Hühnchen süß-sauer über Rührei mit Kochschinken und Bratkartoffeln bis zu Kirschkuchen aus der Dose.

Im deutschen Lebensmittel-Handel sieht man derweil keinen Ansturm auf Mineralwasser, Konserven oder Trockennahrung. "Es gibt nullkommagarkeine Veränderungen", so ein Sprecher der Rewe-Gruppe. Das gelte für Rewe, aber auch die konzerneigene Discounterkette Penny sowie für die toom-Baumärkte. Auch bei Aldi Süd gab es "keine vermehrte Nachfrage nach bestimmten Vorräten" - genauso wenig wie bei Aldi Nord.

Bürger sollten sich besser schützen

Spürbar würde ein Nachfrageschub auch erst, wenn es zu regelrechten Hamsterkäufen käme, also deutlich mehr Menschen über einen längeren Zeitraum "in nicht haushaltsüblichen Mengen" einkauften, erklärt Christian Böttcher vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Grundsätzlich gebe es Notfallpläne für bestimmte Risiken wie Stromausfälle durch Cyberattacken. So sind große Zentrallager mit Notstromaggregaten ausgerüstet. "Auf den Ausnahmefall kann man sich eben nur in gewissen Grenzen vorbereiten", sagt Böttcher.

Nachholbedarf gibt es aber noch beim strategischen Krisenmanagement. Die Bürger könnten sich wesentlich besser schützen, mahnt Uwe Knebelsberger, Geschäftsführer des Münchner Beratungsunternehmens Corporate Trust. "Allerdings bin ich skeptisch, dass aus dem neuen Konzept der Bundesregierung die Bürger mehr Eigeninitiative entwickeln werden", sagt er. "Schließlich wissen wir auch, dass wir einer Zunahme von Haus- und Wohnungseinbrüchen gegenüber stehen - und wie viele Prozent der Bevölkerung haben ihren Schutz tatsächlich verbessert?"

Quelle: ntv.de, Von Christine Schultze und Erich Reimann, dpa

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