Panorama

Antonow-Absturz bei Moskau Einsatzkräfte bergen den Flugschreiber

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Das Unglück beginnt ohne Vorwarnung: Kurz nach dem Start schert der Regionaljet der russischen Saratow Airlines aus dem Steigflug aus und stürzt zu Boden. An der tief verschneiten Absturzstelle können Helfer wichtige Hinweise zur Unfallursache sichern.

Einen Tag nach dem Absturz eines russischen Passagierflugzeugs mit 71 Menschen an Bord haben Einsatzkräfte bei Moskau die Flugschreiber der Maschine gefunden. Einer der beiden "Black Boxes" habe zwar leichte Schäden, teilte der Zivilschutz des Moskauer Umlands mit. Die Ermittler könnten die Daten aber auswerten, hieß es der Agentur Interfax zufolge.

Der zweistrahlige Regionalflieger vom Typ Antonow An-148 der russischen Fluggesellschaft Saratow Airlines war am Sonntag wenige Minuten nach dem Start vom Moskauer Flughafen Domodedowo von den Radarschirmen verschwunden. Keiner der Insassen überlebte den Absturz. An Bord von Flug 6W-703 sollen sich 65 Passagiere und sechs Besatzungsmitglieder befunden haben. Die Absturzstelle liegt nahe der Ortschaft Argunowo im Bezirk Ramenskoje südöstlich von Moskau - rund 40 Kilometer vom Großflughafen Domodedowo entfernt.

Drei Kinder unter den Opfern

Unter den Opfern waren laut der Passagierliste auch ein Schweizer, ein Aserbaidschaner sowie drei Kinder. Der Schweizer war auf dem Weg nach Orsk, um an der Einweihung einer neuen Anlage der örtlichen Raffinerie teilzunehmen, wie die Nachrichtenagentur Interfax berichtete. Die meisten anderen Passagiere stammten aus dem Bezirk Orenburg, in dem die rund 230.000 Einwohner zählende Stadt Orsk liegt.

Zum Zeitpunkt des Absturzes herrschten in der Region winterliche Witterungsbedingungen mit schlechter Sicht und starken Schneefällen. Einen Notruf setzten die Piloten offenbar nicht ab. Der Funkverkehr sei kurz nach dem Start unvermittelt abgebrochen, teilte die Flugsicherung mit. Nähere Informationen zur Unfallursache lagen zunächst nicht vor. Bislang ist nur klar, dass das Flugzeug nach dem Start aus ungeklärter Ursache unvermittelt an Höhe verlor und schließlich am Boden aufschlug.

Tief verschneite Unfallstelle: Der Hubschrauber des russischen Zivilschutzes steckt bis zum Bauch im Schnee.

Tief verschneite Unfallstelle: Der Hubschrauber des russischen Zivilschutzes steckt bis zum Bauch im Schnee.

(Foto: REUTERS)

Beim Aufprall auf den Boden ging das Flugzeug in Flammen auf, wie Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen. Das russische Ermittlungskomitee nannte auf Grundlage erster Erkenntnisse menschliches Versagen, schlechtes Wetter, einen technischen Defekt oder eine Missachtung der Sicherheitsbestimmungen als mögliche Unglücksursachen. Ein Terroranschlag wird offenbar ausgeschlossen. Erste Berichte über einen möglichen Zusammenstoß mit einem Hubschrauber bestätigten sich nicht.

900 Helfer im Einsatz

Flug 6W-703 war unterwegs in die Stadt Orsk nahe der Grenze zu Kasachstan. Der Zielflughafen Orsk liegt von Moskau rund 1400 Kilometer entfernt. Bereits am Sonntag waren die Behörden zunächst davon ausgegangen, einen der beiden Flugschreiber gefunden zu haben. Dies stellte sich jedoch als Irrtum heraus. Starke Schneefälle in der Region behindern die Bergungsarbeiten. Über dem Trümmerfeld an der Absturzstelle liegt mittlerweile eine etwa einen Meter hohe Schneedecke.

Rund 900 Einsatzkräfte waren zu Wochenbeginn an der Unglücksstelle damit beschäftigt, die Wrackteile nach Hinweisen zur Absturzursache zu durchsuchen und die sterblichen Überreste der Passagiere zu bergen. Der Einsatzort ist bislang nur zu Fuß, per Hubschrauber oder per Schneemobil erreichbar. Teilweise mussten sich die Unfallermittler durch hüfthohen Schnee kämpfen. Die Trümmerteile sind im Umkreis von etwa 30 Hektar verteilt. Der Aufprall am Boden muss gewaltig gewesen sein: Die bislang gefundenen rund 400 Leichenteile lagen auf einer Fläche von etwa 12 Hektar.

Passagierjet aus der Ukraine

Die Bergungsarbeiten sollen dennoch in den kommenden sieben Tagen weitgehend abgeschlossen sein, wie Katastrophenschutzminister Wladimir Putschkow erklärte. Für die betroffene Fluglinie hat der katastrophale Absturz schon jetzt Folgen: Die Airline gab zu Wochenbeginn bekannt, die Maschinen des Typs An-148 vorerst nicht mehr einzusetzen. Zuletzt betrieb Saratow Airlines vier dieser robusten Schulterdecker.

Bei der An-148 des ukrainischen Herstellers Antonow handelt es sich um ein zweimotoriges Kurzstreckenflugzeug mit einer Kapazität von bis zu 85 Passagieren. Seit seiner Inbetriebnahme im Jahr 2004 wurden mindestens fünf bedenkliche Vorfälle mit dem Fahrwerk, dem Stromsystem und dem Leitsystem bekannt.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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