Ideen für Fukushima Japan sucht in Tschernobyl
20.04.2011, 16:48 UhrDie Atomkatastrophe von Tschernobyl ist 25 Jahre her und noch längst nicht ausgestanden. Nun schickt Japan einen Vize-Minister in die Ukraine, um Ansätze für den Kampf gegen radioaktive Strahlung in Fukushima zu studieren. Dort gibt es neue Probleme. Ständig sickert verseuchtes Wassers nach. Trotz der Strahlengefahr kehren zudem immer wieder Menschen in die Evakuierungszone zurück.
Japan schickt ein ranghohes Regierungsmitglied für Entseuchungsstudien nach Tschernobyl. Der Vize-Minister für Landwirtschaft und Fischerei, Takashi Shinohara, werde von Donnerstag an die Ukraine bereisen, teilte die Regierung in Tokio mit. Im Land der Reaktorkatastrophe von 1986 solle Shinohara Informationen sammeln, die bei der Dekontaminierung verstrahlter Böden rund um die Atomruine von Fukushima helfen könnten. Dort kamen die Reparaturtrupps nur mühsam voran. Verstrahltes Wasser machte ihnen Probleme.
Wie die Nachrichtenagentur Jiji Press berichtete, soll der Vize-Minister unter anderem ein Rapsfeld und eine Biosprit-Fabrik in der Sperrzone von Tschernobyl besuchen. Ein Vierteljahrhundert nach der Explosion des Unglücksreaktors ist die Gegend noch immer verstrahlt. Das Feld und die Fabrik werden Jiji zufolge von einer gemeinnützigen japanischen Organisation und ihren Partnern, darunter einer ukrainischen Universität, betrieben. Shinohara werde auch an einer internationalen Wissenschaftlerkonferenz zu der Katastrophe von Tschernobyl in der Hauptstadt Kiew teilnehmen.
Japan will Heimkehrer stoppen
In Japan will die Regierung die Menschen inzwischen gesetzlich daran hindern, die strahlenbelastete Sperrzone von Fukushima zu betreten. Man erwäge, ein rechtlich bindendes Zutrittsverbot zu erlassen, gab Regierungssprecher Yukio Edano bekannt. Der Staat hat zwar ein Gebiet im Umkreis von 20 Kilometern um das havarierte Atomkraftwerk gesperrt. Dennoch kehren immer wieder Menschen trotz der akuten Gefahr radioaktiver Strahlen in ihre früheren Wohngebiete zurück, um Habseligkeiten herauszuholen.
Kontaminiertes Wasser sickert nach

Am Rande der Evakuierungszone waschen japanische Soldaten ein Panzerfahrzeug, um es zu dekontaminieren.
(Foto: AP)
Unterdessen bremsen die riesigen Mengen radioaktiv verseuchten Wassers die Reparaturtrupps in der Atomruine. Sie sollen das Wasser aus dem Turbinengebäude des Reaktors 2 und angeschlossenen Tunnelschächten abpumpen. Dies wird noch bis in den Mai hinein andauern. Doch steigt der Wasserstand in einem anderen Tunnelschacht bei Reaktor 3, wie die Atomaufsichtsbehörde mitteilte. Zwar hoffe man, das kontaminierte Wasser auch dort abzupumpen. Doch eine dafür vorgesehene Auffanganlage, wo unter normalen Betriebsbedingungen Dampf aus dem Reaktor in Wasser umgewandelt wird, sei bereits voll.
Dennoch scheine kontaminiertes Wasser nachzulaufen. "Wir kennen die Ursache nicht", räumte ein Sprecher der Atomaufsichtsbehörde ein. In einem mit dem Reaktor 3 verbundenen Tunnelschacht war der Wasserstand vom Vortag um drei Zentimeter gestiegen, wie die Nachrichtenagentur Kyodo berichtete.
Zuversicht bei der IAEA
Nach Einschätzung der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wird das AKW kaum noch Radioaktivität freisetzen. Wenn alles nach Plan laufe, werde die Menge der Radioaktivität von Tag zu Tag abnehmen, sagte der IAEA-Sicherheitsexperte Denis Flory in Wien. "Die Gesamtmenge wird sich kaum vom heutigen Wert unterscheiden", sagte er. In Fukushima sei kurz nach dem Erdbeben viel Radioaktivität freigekommen. Nun werde die Strahlung noch auf niedrigem Level freigesetzt. Dies werde aber auch zurückgehen, sagte Flory.
Der Fukushima-Betreiber Tepco hatte am Wochenende einen Fahrplan vorgelegt, wonach die Reaktoren in bis zu neun Monaten stabilisiert sein sollen. Die IAEA werde Japan mit internationalen Experten beim Erreichen der Fahrplan-Ziele und einer Verbesserung der Situation unterstützen, sagte Flory.
Staatliche Kontrolle für Tepco
Die japanische Regierung plant einem Pressebericht zufolge, unter staatliche Kontrolle zu stellen. Die Regierung wolle mehrere Billionen Yen in öffentlichen Fonds zur Seite legen, aus denen die Firma Tepco im Zweifel einer Pleite die Entschädigungszahlungen für die Opfer der Atom-Katastrophe begleichen könne, wie die Zeitung "Yomiuri Shimbun" berichtete. Es wird erwartet, dass auf Tepco Schadenersatzforderungen in Höhe von zehn Billionen Yen (rund 84 Milliarden Euro) zukommen.
Quelle: ntv.de, dpa