Panorama

Ministerin erwartet mehr vom Papst Lob für bayerische Bischöfe

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger erwartet nach dem Hirtenbrief des Papstes zu Missbrauchsfällen in Irland von Benedikt XVI. nun auch konkrete Äußerungen auch zu den Vorfällen in deutschen katholischen Einrichtungen. Das Vorgehen der bayerischen Bischöfe stellt die FDP-Politikerin als beispielhaft und ermutigend dar.

Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger erwartet mehr vom Papst.

Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger erwartet mehr vom Papst.

(Foto: picture alliance / dpa)

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hält das Vorgehen der bayerischen Bischöfe zur Aufklärung von Missbrauchsfällen für beispielhaft. "Der Beschluss der bayerischen Bischofskonferenz eröffnet allen deutschen Diözesen einen neuen Weg", sagte sie der "Berliner Zeitung". Es sei bemerkenswert, dass in Bayern seit voriger Woche jeder Verdachtsfall von den staatlichen Ermittlungsbehörden geprüft werde. "Der Vorstoß aus Bayern und die Debatte in der Kirche selbst sind ein ermutigendes Zeichen, gerade auch für die Opfer", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Die katholischen bayerischen Bischöfe wollen nach einem einstimmigen Beschluss künftig bei der Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs eng mit der Justiz kooperieren und alle Verdachtsfälle der Staatsanwaltschaft melden. Sie empfahlen zudem, dass eine solche Meldepflicht in die Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz aufgenommen wird.

Erwartungen an den Papst

Die Bundesjustizministerin erwartet nun weitere Schritte von Papst und katholischer Kirche im Skandal um den jahrelangen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen an kirchlichen Einrichtungen. In der "Frankfurter Rundschau" forderte sie die Kirche auf, dabei künftig enger mit der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten. Sie äußerte die Erwartung, dass Papst Benedikt XVI. nach seinem jüngsten Hirtenbrief sich bald direkt auch zu den Fällen in Deutschland äußert.

Die neue Praxis der bayerischen Bischöfe zeige, "dass in der katholischen Kirche eine Debatte über den Umgang mit Missbrauchs-Fällen in Gang gekommen ist, auch wenn der Vorstoß der bayerischen Bischöfe noch nicht von allen anderen Diözesen geteilt wird". Als vorbildlich bezeichnete Leutheusser-Schnarrenberger die Entscheidung der Evangelischen Kirche, Täter künftig "weder in der Gemeindearbeit noch in der Seelsorge noch in der Arbeit mit Jugendlichen" einzusetzen.

Grüne wollen unabhängige Kommission

Grünen-Parteichefin Claudia Roth forderte in der "Rheinischen Post" eine unabhängige Untersuchungskommission, die "die Missbrauchsfälle flächendeckend in allen katholischen, staatlichen und privaten Institutionen lückenlos aufklärt". Vom Hirtenbrief des Papstes zeigte sie sich enttäuscht: "Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Papst mit keinem einzigen Wort auf die zahlreichen Missbrauchsfälle in Einrichtungen der Katholischen Kirche in Deutschland eingegangen ist." Damit enttäusche er "alle Erwartungen, die es bei den Opfern in Deutschland an ihn gab".

Hasenhüttl: Papst verantwortlich für Vertuschung

Theologie-Professor Hasenhüttl macht den Papst für die systematische Vertuschung sexuellen Missbrauchs verantwortlich.

Theologie-Professor Hasenhüttl macht den Papst für die systematische Vertuschung sexuellen Missbrauchs verantwortlich.

(Foto: dpa)

Der vom Priesteramt suspendierte Saarbrücker Theologie-Professor Gotthold Hasenhüttl hat den Papst für die systematische Vertuschung sexuellen Missbrauchs verantwortlich gemacht. Als Präfekt der Glaubenskongregation habe Joseph Ratzinger - der heutige Papst Benedikt XVI. - allen Bischöfen unter Androhung kirchenrechtlicher Strafen untersagt, Missbrauchsfälle an die Öffentlichkeit zu tragen. Wegen dieses Schreibens vom 18. Mai 2001 sei er der Hauptverantwortliche für die Vertuschung, sagte Hasenhüttl der "Saarbrücker Zeitung".

Der Theologe kritisierte zugleich den Hirtenbrief von Benedikt XVI. zu sexuellem Missbrauch in der irischen Kirche. Der Hirtenbrief sei enttäuschend, weil er auf die entscheidenden Probleme überhaupt nicht eingehe, meinte Hasenhüttl. Benedikt wolle die Taten "relativieren", indem er schreibe, dass die Missbrauchsfälle kein rein kirchliches Problem seien. Aber wenn die Kirche sich als Hüterin der Moral ausgebe, könne sie nicht so argumentieren. "Wenn in Familien Missbrauch geschieht, ist das keine Rechtfertigung, dass es ihn auch in der Kirche gibt", sagte Hasenhüttl.

Hasenhüttl war 2003 in einem innerkirchlichen Streit vom Priesteramt suspendiert worden. Anfang 2006 entzog ihm die Kirche auch ihre Lehrerlaubnis.

Quelle: ntv.de, dpa

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