Heiße Spur auf hoher See Norwegischer Frachter sucht MH370
20.03.2014, 18:29 Uhr
Spezialfrachter im Such- und Bergungseinsatz: Die australische Schifffahrtsaufsicht beordert die "St. Petersburg" ins Suchgebiet.
(Foto: AP)
Ein Schiff aus dem fernen Europa könnte Ermittlern die entscheidende Bestätigung liefern: Tief im Süden des Indischen Ozeans erreicht ein norwegischer Spezialfrachter als erster das Suchgebiet. Liegen hier die Reste der vermissten Boeing?

Im Rampenlicht der Weltöffentlichkeit: Sturla Henriksen vom Norwegischen Reedereiverband erläutert in Oslo die Rolle der "Hoegh St. Petersburg" an der Suche nach der verschollenen Boeing.
(Foto: AP)
Es ist die bislang wichtigste Spur: Fast zwei Wochen nach dem letzten Start von Flug MH370 der Malaysian Airlines suchen nun eilig hinzugezogene Hilfskräfte gut 2500 Kilometer vor der australischen Westküste nach Trümmern der vermissten Boeing 777-200.
Erstes und bislang einziges Schiff vor Ort ist ein norwegischer Frachter. Die "Høegh St. Petersburg" sei im fraglichen Seegebiet angekommen, in dem Bruchstücke der seit fast zwei Wochen vermissten Passagiermaschine treiben könnten, hieß es bei einer Pressekonferenz der Reederei Høegh und des norwegischen Reedereiverbands.
Zuvor hatten Spezialisten bei der Auswertung von Satellitenbildern in jener Region zwei größere Objekte erkannt, die im Suchgebiet der sogenannten Südroute des verschollenen Flugzeugs an der Wasseroberfläche treiben. Mit Hilfe des norwegischen Frachters wollen die Behörden nun klären, ob es sich dabei tatsächlich um Trümmer des Flugs MH370 handelt - oder nicht vielleicht doch nur um Müll oder anderes Treibgut.
"Das Schiff bewegt sich momentan langsam, weil es dort mitten in der Nacht ist", erklärte ein Reedereisprecher. Die Besatzung handle auf Anleitung der australischen Rettungsbehörden Australian Maritime Safety Authority (AMSA). Die intensive Suche solle bei Tagesanbruch beginnen. "Im Moment findet eine begrenzte Suche statt", hieß es. Einem Bericht der Zeitung "Aftenposten" zufolge hat der Frachter eine Besatzung von 19 Mann.
Aufklärungsflugzeuge konnten vor Ort zunächst nur rund zwei Stunden suchen, ehe sie umkehren mussten, um mit dem Treibstoff den Ausgangsstützpunkt bei Perth wieder erreichen zu können. Das Suchgebiet liegt im Bereich der Flugroute, die die Maschine genommen haben könnte, sagte Amsa-Nothilfeeinsatzleiter John Young. Er schätzte, das Meer in der Gegend sei mehr als 1000 Meter tief.
Bedingt zur Bergung geeignet
Als Spezialschiff ist die "St. Petersburg" vorrangig auf den effizienten Transport von Fahrzeugen ausgelegt. Dadurch ist der Frachter nur bedingt für eine Suche nach auf dem Wasser oder nah unter der Wasseroberfläche treibenden Objekten geeignet. Abgesehen von der üblichen Ausstattung mit Radaranlagen und weiterer ziviler Sensortechnik auf der Brücke bietet die "St. Petersburg" der Besatzung nur eine eingeschränkte Sicht auf die Umgebung. Insbesondere die Begutachtung von Objekten im Nahbereich dürfte von diesem Schiff mit seiner steil aufragenden Bordwand aus deutlich schwerer fallen als etwa von einem speziellen Bergungsschiff.
In den Aufnahmen aus dem All hatten Experten zwei bis zu 24 Meter lange Objekte erkannt, die aufgrund ihrer Abmessungen und ihrer Lage durchaus Wrackteile von Flug MH370 sein könnten. Das fragliche Seegebiet liegt weit abseits der stärker frequentierten Schifffahrtsrouten.

Keine Rettungsinseln, keine Notsignale: Liegen Blackbox und ELT in tausend Meter Tiefe?
(Foto: REUTERS)
Die Maschine mit 239 Menschen an Bord war am 8. März auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking vom Radar verschwunden. Inzwischen sind Ermittler überzeugt, dass sie womöglich bewusst gelenkt vom Kurs abwich und anschließend in vollkommener Funkstille noch stundenlang weiterflog.
Nicht das erste "Wrackteil"
Bei der großangelegten Suchaktion nach dem bislang spurlos verschwunden Flugzeug waren bereits mehrfach vermeintliche Wrackteile entdeckt worden. Die Meldungen stellten sich bisher immer als Fehlalarm heraus. Bemerkenswert an den jüngsten Berichten war deshalb, dass Australiens Regierungschef Tony Abbott persönlich die Nachricht im Parlament in Canberra mitteilte. "Neue und glaubhafte Informationen sind ans Licht gekommen", sagte Abbott. Der malaysische Verkehrsminister Hishammuddin Hussein nannte es die "bislang wichtigste Spur".
Für die Angehörigen, die sich seit dem Verschwinden der Maschine an jeden kleinen Hoffnungsschimmer klammerten, sank mit den Berichten über mögliche Wrackteile die Aussicht auf einen glimpflichen Ausgang. Manche wollten den Glauben nicht aufgeben, dass die Maschine doch irgendwo notgelandet sein könnte. Andere sagten Reportern, die Ungewissheit sei schwerer zu ertragen als eine traurige Wahrheit.
Aufnahmen einige Tage alt
Abbott betonte, dass die Stücke im Meer noch nicht als Wrackteile identifiziert worden seien. Es könnte sich auch um anderes Treibgut handeln. Mit einer angenommen Größe von 24 Metern ist das eine Objekt aber deutlich länger als etwa ein Standard-Seecontainer, zwischen etwa 6 (rund 20 Fuß) und 16 Meter (rund 40 Fuß) lang ist.
Die Suche wird von der australischen Seesicherheitsbehörde Amsa koordiniert, einem der erfahrendsten Such- und Rettungsinstitute der Welt. Nach ihren Angaben wurden die Treibgutbilder vor einigen Tagen von einem kommerziellen Satelliten aufgenommen. Der Satellit sei nun programmiert, um in der Region Bilder der Objekte mit höherer Auflösung zu schießen, sagte ein Sprecher des australischen Militärs.
"Es sah so aus, als schaukelten sie auf dem Wasser auf und ab", sagte Amsa-Einsatzleit Young. Auf den Aufnahmen, die im Fernsehen gezeigt wurden, waren zwei undeutliche Flecken zu erkennen. Die Behörden in Australien haben die Besatzung kommerzieller Schiffe in dem Gebiet dazu aufgerufen, Ausschau nach möglichen Wrackteilen zu halten. Sie beorderten zudem das Marine-Versorgungsschiff "HMAS Success" in die Region. Es dürfte aber einige Tage brauchen. "Es ist gut ausgerüstet, Objekte zu bergen", sagte Young.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa