Bieter-Krimi bei Christie's Picasso erzielt Rekordpreis
05.05.2010, 13:20 UhrManche Leute können sich eine Summe von 106.482.500 Dollar noch nicht einmal vorstellen. Andere zahlen so viel für das Picasso-Bild "Nackte, Grüne Blätter und Büste".
Würde Pablo Picasso das Geld persönlich bekommen, hätte er wohl den besten Stundenlohn der Geschichte. Mehr als 106 Millionen Dollar (80 Millionen Euro) hat sein Bild "Nackte, Grüne Blätter und Büste" beim Auktionshaus Christie's in New York gebracht. Noch nie wurde ein Kunstwerk für so viel Geld versteigert. Gemalt hat es Picasso 1932 an einem einzigen Tag. Selbst wenn er 24 Stunden und ohne Unterbrechung gemalt hätte, wäre das ein Durchschnittslohn von gut 1232 Dollar - je Sekunde. Doch das Geld bekommen die Erben eines kalifornischen Sammlerpaares - und dank der Courtage zum nicht geringen Teil Christie's selbst.

Picasso malte nur 24 Stunden an die "Nackte, Grüne Blätter und Büste".
(Foto: picture alliance / dpa)
Ein hoher Preis wurde für den Picasso erwartet. Schon vor Aufruf des ersten Gebots atmete Auktionator Christopher Burge zum Gelächter der Bieter noch einmal tief durch und streckte sich. Dann ging es Schlag auf Schlag: Die Millionen wurden so schnell durch den Raum geworfen, dass die Anzeigetafel nicht mitkam. Praktisch im Sekundentakt kam immer wieder eine Million Dollar dazu. Als Burge 88 Millionen aufrief, waren von den acht Bietern nur noch zwei übrig. Nach neun Minuten stand der Preis bei 93 Millionen und der Auktionator wollte schon zuschlagen, als ein Bieter noch einmal die Hand heben ließ: 94 Millionen. Ein weiteres Gebot kam, 95 Millionen, Endpreis. Mit dem an Christies fälligen Aufgeld sind es 106.482.500 Dollar oder mehr als 80 Millionen Euro.
Nazis fanden die "Nackte" nicht
"Heute wurde auf dem Kunstmarkt Geschichte geschrieben", hieß es vom Auktionshaus. Wer sie schrieb, ist unbekannt, weil der Käufer per Telefon mitbot und anonym blieb. Das Bild, das ihm so viel Wert war, zeigt eine liegende Frau in einem Atelier vor einem blauen Vorhang. Prominent im Hintergrund sind eine Büste und ein Zweig mit grünen Blättern zu sehen, im Vordergrund eine Obstschale. Picasso hatte das Bild zum Ende seines "annus mirabilis" gemalt, seines "Wunderjahres" rund um seinen 50. Geburtstag, das zu den produktivsten seines 91-jährigen Lebens zählt.
Picasso hatte das Bild selbst in seiner Wohnung hängen. Während des Zweiten Weltkrieges verstaute sein Kunsthändler Paul Rosenberg es an einem von drei Lagerplätzen, an denen er Picassos Bilder aufbewahrte. Zwei wurden nach Christie's-Angaben von den Nazis entdeckt und ausgeplündert, die "Nackte" jedoch nicht. 1951 verkaufte Rosenberg das Bild an Frances und Sidney F. Brody. Seitdem hing es bei dem kalifornischen Immobilienmogul und wurde vor fast einem halben Jahrhundert, 1961 in Los Angeles, das letzte Mal gezeigt. 1983 starb Sidney, im November vergangenen Jahres auch Frances Brody, 93 Jahre alt.
Qualität der Werke höher denn je
Insgesamt hat die Versteigerung der Sammlung des Ehepaars knapp 224,2 Millionen Dollar eingebracht, 27 Objekte standen zum Verkauf. Darunter befanden sich Ölgemälde von Matisse, Braque und Renoir, Bronzen von Giacometti, Moore und Marini, Mobiles von Calder und Picasso-Zeichnungen. Das Ehepaar hatte die Werke dieser Künstler schon jeweils sehr früh erworben, wodurch sie jetzt neue Ware für den Markt waren.
"Wir sehen die Tendenz bestätigt, dass die Qualität eines Werkes über alle Kategorien hinweg hohe Preise garantiert. Und in den letzten fünf bis zehn Jahren ist die Qualität der Werke nicht so hoch gewesen wie jetzt", sagte Marc Porter, Präsident von Christie's Amerika vor der Auktion. Damit haben sich zumindest am ersten Abend der traditionellen New Yorker Frühjahrsauktionen die hohen Erwartungen der Auktionshäuser erfüllt.
Quelle: ntv.de, Kira Semmler, dpa