Panorama

"Ansicht absolut unbegründet" Russland kontert Impfstoff-Kritik

Der Impfstoff ist zugelassen, aber noch gar nicht umfassend erforscht.

Der Impfstoff ist zugelassen, aber noch gar nicht umfassend erforscht.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Russland lässt als erstes Land einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu - obwohl das Präparat bislang nicht ausreichend erforscht und getestet ist. Die Reaktionen darauf sind daher zurückhaltend bis skeptisch. Die russischen Verantwortlichen können das nicht nachvollziehen.

Russland hat Vorbehalte aus dem Ausland gegen seinen Corona-Impfstoff "Sputnik V" - den ersten zugelassenen weltweit - zurückgewiesen. "Ausländische Kollegen versuchen offenbar, irgendeine Meinung zu äußern, die nach unserer Ansicht absolut unbegründet ist", sagte Gesundheitsminister Michail Muraschko der Agentur Interfax zufolge.

Russland hatte das Vakzin am Dienstag zur breiten Verwendung in der Bevölkerung zugelassen. Dieser Schritt erfolgte vor dem Vorliegen der Ergebnisse sogenannter Phase-III-Studien - ein Vorgehen, das dem international üblichen Ablauf widerspricht. Weder die Wirksamkeit noch die Nebenwirkungen lassen sich derzeit fundiert beurteilen.

Der Impfstoff wurde vom staatlichen Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt. Dessen Direktor Alexander Ginzburg sagte, zunächst sollten russische Wissenschaftler den Impfstoff bewerten. Erst dann würden die Daten veröffentlicht. Die Forschungsergebnisse könnten Ginzburg zufolge in einer russischen Fachzeitschrift, aber auch im Ausland publiziert werden.

Nach Muraschkos Angaben wird die erste Charge des neuen Impfstoffes innerhalb der nächsten zwei Wochen erwartet. "Heute läuft eine Qualitätskontrolle." Die Produktion in Russland sei in erster Linie zur Impfung der eigenen Bevölkerung ausgerichtet. Russland werde aber dem Ausland anbieten, selbst den russischen Impfstoff zu produzieren. Russland will parallel zur dritten Testphase bereits medizinisches Personal und Lehrer impfen lassen. "Die Impfung wird freiwillig sein", sagte Muraschko. Empfohlen werde sie für Menschen mit Vorerkrankungen.

"Kann gefährlich sein"

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sieht die Zulassung skeptisch: "Es geht nicht darum, irgendwie Erster zu sein, sondern es geht darum, einen wirksamen, erprobten und damit auch sicheren Impfstoff zu haben", sagte er. Nach allem, was bisher bekannt geworden sei, sei der russische Impfstoff nicht hinreichend erprobt. "Das kann dann schon auch gefährlich sein, zu früh zu beginnen."

Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO reagierte zurückhaltend: Man begrüße alle Fortschritte bei der Forschung und Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen, teilte das WHO-Regionalbüro Europa auf Anfrage mit. Zugleich wies das Büro darauf hin, dass die beschleunigte Impfstoffforschung in jedem Entwicklungsschritt gemäß bewährter Prozesse vonstattengehen sollte.

Quelle: ntv.de, ara/dpa

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